Ausgetwittert 20.11.2024, 08:07 Uhr

Nur weg von Musk und X – doch wohin soll ich wechseln?

Seit Elon Musk Twitter übernommen und daraus X gemacht hat, verlassen immer mehr Nutzerinnen und Nutzer die Plattform. Welche Alternativen gibt es?

X ehemals Twitter

Seit Twitter zu X wurde, hat die Plattform enorm an Reichweite und Relevanz verloren. Doch welche Alternativen gibt es?

Foto: PantherMedia / ImagesRouges (YAYMicro)

Die Unzufriedenheit mit der Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) wächst. Prominente, Unternehmen und Organisationen kehren dem Netzwerk den Rücken. Auch Fußballvereine wie der SV Werder Bremen und der FC St. Pauli haben ihre Konten gelöscht. Doch welche Alternativen gibt es? Und wohin zieht es die enttäuschten Nutzerinnen und Nutzer?

Stephen King und andere Prominente sagen X ade

Stephen King, der Meister des Horrorromans, zieht einen Schlussstrich: „Ich verlasse Twitter. Ich habe versucht zu bleiben, aber die Atmosphäre ist einfach zu giftig geworden.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich der Autor von seinen sieben Millionen Followern. Er ist nicht der Einzige. Auch Schauspielerin Jamie Lee Curtis, Musiker Moby und Hollywood-Star Jim Carrey haben X den Rücken gekehrt.

Jamie Lee Curtis postete auf Instagram einen Screenshot ihrer Kontolöschung bei X und schrieb dazu: „Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann. Mut, Dinge zu ändern, die ich kann. Und die Weisheit, den Unterschied zu erkennen.“

Der britische Guardian ging noch einen Schritt weiter: Die Zeitung verabschiedete sich vollständig von der Plattform und veröffentlicht keine Inhalte mehr dort. Solche prominenten Abgänge setzen deutliche Zeichen. Simon Hurtz vom Social Media Watchblog erklärt: „Je größer der Account, desto wichtiger das Signal. Solche Entscheidungen lösen mediale Debatten aus und haben Vorbildcharakter.“

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X verliert in Deutschland an Relevanz und Reichweite

Auch in Deutschland kehren immer mehr Organisationen X den Rücken. Der FC St. Pauli, mit rund 250.000 Followern seit 2013 aktiv, verließ die Plattform. Der Verein kritisiert die Entwicklung unter Elon Musk scharf: „Rassismus und Verschwörungslegenden verbreiten sich ungehindert oder werden sogar kuratiert. Beleidigungen und Drohungen werden kaum sanktioniert und als vermeintliche Meinungsfreiheit verkauft.“

Ähnlich äußerte sich der SV Werder Bremen, der ebenfalls sein Profil löschte. Die Supermarktkette Aldi Nord zog sich zurück, nachdem X nichts gegen rassistische Kommentare in Bezug auf eines ihrer Prospekt-Models unternommen hatte.

Auch NGOs und Medienschaffende meiden die Plattform zunehmend. Social-Media-Berater Martin Fuchs beobachtet: „Seit der Übernahme durch Musk hat X in Deutschland an Relevanz, Reichweite und relevanten Stimmen verloren.“ Trotzdem bleibt die Plattform laut Fuchs ein wichtiger Ort für Echtzeit-Diskussionen. Parteien wie die SPD und Politiker wie Robert Habeck nutzen X weiterhin für die politische Kommunikation.

Threads, Mastodon oder Bluesky: Wohin wechseln?

Viele fragen sich, welche Plattformen die enttäuschten Nutzerinnen und Nutzer aufnehmen können. Besonders drei Alternativen stechen hervor:

1. Threads: Die Reichweitenstarke

Die von Meta betriebene Plattform Threads bietet eine einfache Integration mit Instagram. Stephen King hat sich für diese Alternative entschieden. Threads verzeichnet bereits rund 300 Millionen Nutzer*innen. Mark Zuckerberg, CEO von Meta, möchte das Netzwerk weiter ausbauen und plant die Einführung von Themen-Feeds, um spezifischere Diskussionen zu ermöglichen. Die Verbindung zu Instagram macht Threads für viele attraktiv, die ohnehin im Meta-Ökosystem aktiv sind.

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2. Mastodon: Die Datenschutzfreundliche

Mastodon punktet mit seinem quelloffenen, dezentralen Ansatz. Anders als X oder Threads gehört Mastodon keiner zentralen Organisation. Stattdessen basiert es auf unabhängigen Servern, die sich zu einem Netzwerk verbinden. Diese Unabhängigkeit macht Mastodon besonders für Nutzer*innen interessant, die Wert auf Datenschutz und Kontrolle über ihre Daten legen.

3. Bluesky: Der aufstrebende Newcomer

Bluesky wurde ursprünglich von Twitter-Gründer Jack Dorsey als experimentelle Plattform ins Leben gerufen. Mittlerweile hat sie sich eigenständig entwickelt und zählt rund 20 Millionen Nutzer*innen. Im September waren es noch 10 Millionen, was auf ein rasantes Wachstum hinweist. Besonders in den USA ist Bluesky beliebt und wurde zeitweise zur meistgeladenen App im Apple App Store. Auch in Deutschland ist die Plattform im Aufwind: Sie belegt Platz zwei im Bereich soziale Netzwerke, hinter Threads, aber vor Plattformen wie WhatsApp oder Facebook.

Social-Media-Experte Martin Fehrensen erkennt in Bluesky großes Potenzial: „Die aktuelle Dynamik ist nicht mit der Situation vor einem Jahr vergleichbar. Während Bluesky damals wie eine große WhatsApp-Gruppe wirkte, könnte es sich jetzt tatsächlich zu einer neuen digitalen Heimat entwickeln.“

Das veränderte Internet: Text weicht Videos

Die Probleme von X sind nicht nur auf Elon Musks Führungsstil zurückzuführen. Das Internet selbst verändert sich. „Das Netz hat sich weitergedreht, Video hat Text abgelöst“, erklärt Simon Hurtz. Plattformen wie TikTok und Instagram setzen verstärkt auf visuelle Inhalte, während klassische Kurznachrichtendienste wie X an Bedeutung verlieren.

Gleichzeitig verteilen sich Communitys auf immer mehr Netzwerke. Hurtz betont: „Es ist zu früh, um zu sagen, für welche Themen welches Netzwerk die beste Anlaufstelle ist.“ So etabliert sich Bluesky zunehmend als Plattform für politische Diskussionen, während Threads vor allem auf Reichweite setzt. Mastodon wiederum spricht eine technikaffine Zielgruppe an, die Wert auf Datenschutz legt.

Der „X-odus“ zeigt, dass kein Netzwerk unantastbar ist. Nutzer*innen, die X verlassen möchten, haben Alternativen. Threads bietet Reichweite und eine einfache Integration mit Instagram, Mastodon steht für Datenschutz und Unabhängigkeit, und Bluesky wächst mit seiner zivilisierten Diskussionskultur schnell. Welche Plattform die beste Wahl ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen ab. Klar ist: Die Dominanz eines einzigen Netzwerks gehört der Vergangenheit an. (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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