Medien 11.06.1999, 17:21 Uhr

Großer Winkel zum kleinen Preis

Super-Weitwinkelobjektive sind nicht nur für Fotografen, sondern auch für Konstrukteure eine Herausforderung. Japanischen Entwicklern gelang es jetzt, im Auftrag der Traditionsmarke Voigtländer ein 4,5/15 mm-Objektiv zum Mini-Preis bauen.

Superweitwinkel-Objektive bringen weiträumige Landschaften, schmale Gassen oder elegantes Interieur oft erst richtig im Foto zur Geltung. Beim Kleinbilformat liegt bei rund 15 mm Brennweite und 110° Bildwinkel die Grenze dessen, was ohne Verzeichnung gerader Linien machbar ist. Die aufwendige optische Konstruktion ist den Profis lieb und teuer. Die Preise für solche Super-Weitwinkel beginnen je nach Marke bei knapp 5000 DM und können bis zu 8500 DM für ein Zeiss Distagon 3,5/15 mm zur Contax gehen.
So erntete Voigtländer-Geschäftsführer Jürgen Sprung bei Fachleuten auf der Photokina 1998 höchst skeptische Blicke, als er solch ein Objektiv zum Kampfpreis ankündigte. Jetzt ist ein Set bestehend aus der 24 mm x 36 mm Kamera Bessa-L und dem SuperWide-Heliar 4,5/ 15 mm zum Preis von 1299 DM exklusiv in den Fachgeschäften der Ringfoto-Gruppe zu kaufen.
Das mattsilberne, hochwertig verarbeitete Objektiv ist eine echte Sensation. Die achtlinsige Optik mißt nur 50 mm Durchmesser und 32,5 mm Länge bei einem Gewicht von 100 g. Dabei erreicht sie in ihrer optischen Leistung durch den Einsatz eines asphärischen Linsenelementes das Niveau der um ein Mehrfaches teureren und schweren Konkurrenz. Das Fachblatt Fotomagazin urteilte nach einem Test, durchgeführt an der TU München: „Super – eines des besten Extremweitwinkel des Marktes, nur zwei Zehntelnoten schlechter als das Zeiss Distagon 3,5/15 mm.“ Praktische Erfahrungen des Autors dieser Zeilen bestätigen diese Einschätzung.
Das Heliar 4,5/15 mm wird über das uralte M39-Gewinde mit dem zugehörigen Bessa-L-Gehäuse verbunden. Diese nur manuell zu bedienende Kamera funktioniert bis auf den TTL-Nachführbelichtungsmesser mit LED-Lichtwaage rein mechanisch und ist auch ansonsten nur spartanisch ausgestattet. Sie basiert auf dem Grundgehäuse einer Spiegelreflexkamera mit Zeiten von 1/2000 bis 1 s und „B“, nur fehlt das gesamte Suchersystem und damit auch die Entfernungsmessung. Der passende Sucher zum Objektiv wird in den Zubehörschuh der Kamera gesteckt. So sind grundsätzlich auch andere M39-Objektive mit eigenem Sucher verwendbar, z. B. alte Leica-Schraub-Objektive oder das Voigtländer Skopar 4/25 mm. Die fehlende Entfernungsmessung ist bei einem kurzbrennweitigen Objektiv wie dem 15 mm-Heliar mit einer Schärfentiefe von knapp 1 m bis unendlich schon bei der größten Blendenöffnung von f/4,5 nicht der Rede wert.
Das M39-Gewinde macht das Heliar 4,5/15 mm ganz besonders für Leica-M-Fotografen interessant. Mit einem M39-Adapter, wie er von Voigtländer oder Leica zu haben ist, läßt sich das Superwinkel problemlos an jeder Leica-M nutzen. Solche 110°-Perspektiven gab es aus Wetzlar nur kurzzeitig in den 70er Jahren, als man einen Restposten von 400 Zeiss Hologon-Objektiven 8/16 mm adaptiert hatte. Diese Liebhaberstücke werden heute locker über 10 000 DM gehandelt, wenn denn alle Jubeljahre mal eines auf dem Sammlermarkt auftaucht. Was sind da schon 300 DM für einen ungeduldigen Leica-Fotografen, die er für das Bessa-L-Gehäuse mitbezahlen muß? Erst wenn die Nachfrage nach dem Set nicht mehr größer ist als die Stückzahlen, die Voigtländer liefern kann, wird es das Heliar für 999 DM auch solo geben.
HORST GOTTFRIED
Das neue Glanzstück von Voigtländer ist vorerst nur zusammen mit dem Kameragehäuse Bessa-L zu bekommen. Als Superweitwinkelobjektiv paßt das Heliar 4,5/15 mm aber auch hervorragend zur Leica.

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