Neue Idee fürs alte Velo
Herkömmliche Fahrradrahmen, aus Rohren produziert, gelten als teuer, weil lohnintensiv in der Herstellung. Eine Rahmenkonstruktion mit zwei Formteilen aus Stahlblech böte ein hohes Automatisierungs-Potential und ließe die Kosten sinken.
Wenn Willy Klingen mit seinem Fahrrad durch Meppen fährt, erregt er Aufsehen – nicht nur, weil das gute Stück leuchtend rot lackiert ist. Vor allem die eigentümliche Form des Rahmens versetzt die Betrachter regelmäßig in Staunen. Denn anders als bei herkömmlichen „Drahteseln“ besteht das Herzstück von Klingens Zweirad aus einer Blechkonstruktion statt aus einem Rohrrahmen.
Schon lange waren dem Ingenieur die hohen Anschaffungskosten ein Dorn im Auge, die potentielle Radler vom Kauf abschrecken könnten. Durch eine genaue Analyse der einzelnen Fahrradkomponenten und deren Herstellungsweise ermittelte Klingen den größten Kostenfaktor, den Fahrradrahmen. In herkömmlicher Art wird der im allgemeinen aus Metallrohren unterschiedlicher Abmessungen und verschiedenster Formen gefertigt, die durch Muffen miteinander verbunden sind. Diese Herstellung macht in der Regel manuelle und damit lohnintensive Löt-, Schweiß- und Gewindeschneid-Arbeiten erforderlich. Klin-gen meint, daß mit einem Rahmen, der im Vergleich zur herkömmlichen Rohrbauweise in Konstruktion und Design auf die automatische Fertigung ausgerichtet ist, die Kosten spürbar gesenkt werden können.
Mit dem handwerklich gefertigten Prototyp belegt der Ingenieur, daß dies machbar ist: Zwei spiegelbildlich aus 1,6 mm dickem Stahlblech gefertigte Halbschalen, die längs der Symmetrie-Ebene miteinander verbunden sind, bilden den Rahmen, der gleichzeitig Bowdenzüge und elektrische Leitungen aufnimmt und schützt. Das Tretlager, die Lenkerführung sowie die Sattelhalterung bestehen aus herkömmlichen Büchsen, die in die Halbschalen integriert sind. Für die hohe Stabilität der Konstruktion sorgen Versteifungssicken sowie die Randbördelung der miteinander verschweißten Halbschalen. Zum Transport des Rades, z.B. über Treppen, ist unterhalb des Sattels in den Rahmen ein ausklappbarer Handgriff integriert, der durch seine Lage zum Schwerpunkt des rund 6,5 kg wiegenden Rades ein bequemes Tragen ermöglicht.
Für Klingen steht es außer Frage, daß bei einer Großserienfertigung des neuen Rahmenkonzepts eine spürbare Kostensenkung zu erzielen wäre, wenn die beiden Formteile – analog zur Pkw-Karosserieproduktion – massenweise aus Stahlblech in Pressen gefertigt und anschließend von Fertigungsrobotern zusammengefügt und verschweißt würden. Derzeit existiert das neue Fahrrad lediglich als Prototyp. Möglicherweise ist aber schon bald ein Fahrrad mit dem ungewöhnlichen -Kastenrahmen aus Meppen kein Grund mehr für ungläubiges Staunen, sondern ein Zeichen für kostenbewußte Fertigung.
Das Tretlager ist in den Stahlblech- Formteilrahmen integriert. Das Velo mit Formteilrahmen wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich. Es ist nicht schwer, wiegt insgesamt lediglich 6,5 kg.