Maschinen für konsumnahe Industrie
Der Maschinenbaukonzern IWKA entwickelt sich vom produktorientierten zum dienstleistungsorientierten Technologielieferanten.
Preiskampf zeichnet die Automatisierungsfront aus: „Der nackte Roboter hat sich weiter in Richtung Commodity entwickelt“, analysiert Hans Fahr, Vorstandsvorsitzender der IWKA Aktiengesellschaft, Karlsruhe. Als schlichter Gebrauchsartikel aber werde er austauschbar: Die Preise verfallen.
Was tun? Mehr Nutzen für die Kunden schaffen und sich zudem mit Dienstleistung als Partner anbieten. Das ist die Philosophie des Maschinenbaukonzerns IWKA, die im Mai auf der Bilanzpressekonferenz vorgestellt wurde. Es sind erprobte Strategien, die auch Kuka verfolgt, in der Gruppe für das Geschäft mit Robotern zuständig. Worin dieser Mehrwert bestehen kann und wie er zu einer wichtigen Komponente für beliebige Automatisierungskonzepte wird, das demonstrierte der Fabrikausrüster während der Factory Automation in Hannover.
Wie wichtig es IWKA damit ist, belegt Fahr mit folgenden Zahlen: Vom Budget für Forschung und Entwicklung (60,5 Mio. Euro im Geschäftsjahr 2000) entfielen 43 % auf die Anlagentechnik und davon wiederum gingen 72 % in die Entwicklung der Kuka-Roboter: „Dies unterstreicht die überragende Bedeutung, die wir der Querschnittstechnologie Robotik für die Entwicklung unserer Geschäftsbereiche beimessen.“
Für seine neue Roboterreihe hat Kuka – nach Fanuc und ABB die Nummer drei weltweit – drei Typen für den mittleren Traglastbereich entwickelt, die dank längerer Serviceintervalle und drastisch reduzierter Bauteilmenge einen verringerten Wartungsaufwand versprechen. In durchgängigen Automatisierungskonzepten lassen sie sich zusammen mit Spritzgieß-, Druckgieß- und Werkzeugmaschinen einsetzen. Ein Palettier-Roboter für Lasten bis 180 kg hat dank dem Verbundwerkstoff CFK einen leichten Arm, ist schnell, aber dennoch von hoher Steifigkeit.
Mit einem Sechsachser in der Tragfähigkeitsklasse von 500 kg erschließt Kuka dem Knickarmroboter sogar neue Anwendungsfelder. Denn dieser Schwerlastroboter kann im Automobilrohbau komplette Bodengruppen und Seitenwände handhaben. In der Getränke-, Baustoff und Metall verarbeitenden Industrie kann er – über einen Palettiermodus – sogar Lift- und Fördersysteme ersetzt. Auf einer Lineareinheit lässt er sich bis zu 10 m verfahren, was Vorteile für den Montagebetrieb bringt.
Kuka verkauft nach wie vor die meisten Roboter an Kunden in der Automobilindustrie. Entsprechende Aufträge kamen beispielsweise für die neue Mercedes E-Klasse und die 7-er Baureihe von BMW. Im vergangenen Jahr bestückte die Firma den Karosseriebau für den Audi A2 komplett mit Robotern. Auch in der Fertigung des Audi A4 und des Renault Laguna kommen sie zum Einsatz. Seit kurzem ist Kuka mit dem neuen Lieferprogramm zudem als Lieferant bei General Motors und Ford in den USA zugelassen.
Neben der Marktführerschaft bei Industrierobotern für die europäische Automobilindustrie möchte Fahr aber auch andere Branchen besetzen: „Die Anzahl der Anwendungsfälle in der für uns wichtigen Verpackungsmaschinenindustrie steigt“, so die Analyse des Vorstands, „Applikationen in der Chemie, in der Kunststofftechnik und in der boomenden Logistik gewinnen an Bedeutung.“
Immerhin ist die Verpackungstechnik jetzt der zweitgrößte Geschäftsbereich der IWKA, nach der Übernahme von Jagenberg-Verpackungstechnik. Das Marketingkonzept sieht vor, die gesamte Prozesskette beim Kunden mit eigenen Maschinen und Anlagen abzudecken: Also komplette Verpackungslinien aus einer Hand. Ein neues Wissensmanagementsystem stellt den Mitarbeitern alle nötigen Informationen zur Verfügung, damit die Gesellschaften dieses Geschäftsbereichs als Systempartner agieren können.
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Doch die mit Abstand wichtigsten Kunde bleiben für IWKA die Automobilindustrie und deren Zulieferer. Allein auf diese entfielen 55 % aller Auftragseingänge. Der gesamte Umsatz der IWKA-Gruppe im Geschäftsjahr 2000 betrug 2,2 Mrd. Euro mit einem Auslandsanteil von 67 %. Besonders stark war der Zuwachs in Nordamerika, wo die Gruppe nun 26 % ihrer Umsätze tätigt allein in den USA arbeitet heute jeder fünfte IWKA-Mitarbeiter.
„Wir sind Full Service Supplier bei Ford und konnten deshalb gegen den Trend in den USA einen Auftrag holen“, umreißt Fahr die Situation bei den dortigen Autobauern. Denn die zeigen sich in der Krise verhalten und schieben alles erst mal auf, was Kosten verursacht, damit die Zahlen der Quartalsberichte stimmen. Anders die Europäer, die dann stark in den Modellwechsel gehen. Davon profitierte die Anlagentechnik, der größte Geschäftsbereich von IWKA, mit kräftigem Wachstum
Auch der Geschäftsbereich Produktionstechnik hängt am Automobil. Er liefert Maschinen zur Produktion von Komponenten des Antriebsstrangs. Hier baute die Boehringer-Gruppe ihre Position bei Maschinen zur Bearbeitung von Kurbelwellen aus, während die schleppende US-Konjunktur bei den Ex-Cell-O-Bearbeitungsmaschinen Bremsspuren hinterließ. Einen technischen Höhepunkt gab es aber: Ein verkettetes Fertigungssystem von 53 Bearbeitungszentren, ausgestattet mit Linearantrieben es dient bei BMW zur flexiblen Fertigung von Komponenten für großvolumige Motoren.
Die Integration von Linearmotoren ist ein Ansatz, von dem sich IWKA künftig noch mehr erhofft. Doch nicht nur das. Zusammen mit Daimler Chrysler, Volkswagen, Thyssen Krupp Automotive und BASF Coatings forscht die Gruppe an fortgeschrittenen Produktionssystemen: Auf dem Programm stehen Maschinen und Anlagen zur Karosseriefertigung in der Automobilindustrie.
„Maschinenbau ist der Umgang mit einer Vielzahl sich fortwährend erneuernder technischer Disziplinen“, erläuter IWKA-Vorstand Fahr. „Außerdem sind wir nicht Zulieferer von Komponenten, sondern Ausrüster für Produktionsmaschinen und -anlagen.“ Das Geschäft folge den Innovationszyklen der Kunden. „Wenn sich Markt und Produkt unserer Kunden verändern, entsteht neuer Bedarf für neue Produktionsanlagen“, sagt Fahr. Das Erfolgsrezept lautet also: Unterschiedliche Zyklen der Märkte gleichen sich aus. BERND EUSEMANN/KÄM