Maschine detektiert kritische Zustände vor einem Ausfall
VDI nachrichten, Düsseldorf, 29. 8. 08, ciu – Intelligente Überwachung und vorausschauende Instandhaltung fluidtechnischer Systeme wird immer einfacher. In Standardmaschinen integrierte Sensoren liefern die nötigen Informationen.
Eine Stunde Stillstand eines Kohlebaggers kostet rund 2500 €. Wird der Ausfall z. B. durch einen Pumpenschaden wegen Verunreinigung der Hydraulik verursacht, entstehen Folgekosten von etwa 200 000 €. Die Ausgaben für ein System zur Zustandsüberwachung (Condition Monitoring), das rechtzeitig auf notwendige Instandhaltungsarbeiten hinweist, liegen aktuell bei etwa 10 000 €. Mit dieser Rechnung machte Jan Bredau von Festo, Esslingen, kürzlich auf dem 6. Internationalen Fluidtechnischen Kolloquium in Dresden die Rentabilität solcher Überwachungssysteme deutlich.
Condition Monitoring – kurz CM – gehörte zu den Schwerpunktthemen der Veranstaltung. Es sei dringend notwendig, die Black Box in den hydraulischen und pneumatischen Systemen von Maschinen und Anlagen zu erhellen, brachte ein Teilnehmer das Anliegen der Anwender auf den Punkt.
Das Zusammenspiel von Mechanik, Elektronik und Software eröffnet dabei völlig neue Möglichkeiten. Entwicklungen in der Sensorik, bei Bustechnologien sowie Simulierungsmodellen treiben das Condition Monitoring auf der technologischen Seite voran. Gleiches bewirken Marktanforderungen nach höherer Verfügbarkeit, Sicherheit und niedrigerem Energieverbrauch.
Zunehmend sei die Tendenz spürbar, dass Einkaufsabteilungen auch die Instandhaltung einer Anlage im Blick haben, wenn es um Investitionen geht. Kunden sind bereit, etwa 5 % des Wertes einer Maschine für ein CM-System auszugeben, erklärte Bredau von Festo. Er verwies darauf, dass zu CM in der Fluidtechnik zahlreiche Forschungsprojekte in Deutschland laufen. Zustandsorientierte Instandhaltungskonzepte für Verpackungsmaschinen, Werkzeugmaschinen und hochproduktive Fertigungsanlagen gehörten dazu, ebenso Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle für den Werkzeugbau, Diagnosemöglichkeiten in pneumatischen Anlagen sowie CM-Systeme für Hydraulik- und Getriebeöle. Schwerpunkt müsse immer sein, die Anlage als Gesamtsystem zu betrachten. So komme es für Komponentenhersteller nun darauf an, nicht einfach Teile, sondern Funktionalität zu verkaufen.
Auf die Bedeutung von CM-Applikationen für die Hydraulik wies Frank Bauer von Hydac International, Sulzbach, hin. Etwa 80 % aller Hydraulikausfälle seien auf Ölverschmutzungen zurückzuführen. Diagnosesysteme, welche Daten online erfassen und interpretieren, schaffen hier Abhilfe. Dabei reiche die Palette von einfachen Betriebsstundenzählern bis hin zu multifunktionalen Sensoren, die zugleich so robust aufgebaut sind, dass sie direkt in Maschinen arbeiten können. Technologiedienstleister seien gefordert für das Vereinheitlichen von Informationen auf der Feldebene und dem Engineering der erforderlichen Geräte. Erste CM-Lösungen für Komponenten und System gäbe es in der Praxis bereits, doch bis zur Kombination von Prozess- und Fluiddaten sei noch ein langer Weg zurückzulegen, so die Einschätzung von Bauer.
Gewonnene Daten richtig zu interpretieren, darauf fokussiert sich z. B. eine automatisierte Ölstandsanalyse mit intuitiver Mensch-Maschine-Schnittstelle. Laut Christian Riedel vom Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen der RWTH Aachen zieht dieses CM-System für Hydraulik- und Getriebeöle neben verschiedenen physikalischen Ölparametern auch die Partikelbelastung für die Zustandsbewertung von Fluid und Anlage heran. Eine automatisierte Kombination und Interpretation der Sensordaten leitet dann Zustandstypen und Vorhersagen ab. Die Ergebnisse werden übersichtlich in drei verschiedenen Komplexitätsebenen dargestellt.
Auch servopneumatische Antriebe profitieren von den Möglichkeiten der Onlineüberwachung. Laut Frank Schnur von der Norgren aus Fellbach bestehe ein Vorteil darin, dass die in Zylindern und Ventilen bereits integrierte Sensorik für das Monitoring genutzt werden kann.
Wie sich damit die Lebensdauer von Komponenten ausreizen lässt, wird an einem Beispiel aus der Automobilindustrie deutlich. In einem online-überwachten Zyklus führten Zylinder in servopneumatischen Schweißzangenantrieben 16 Mio. Vollhübe aus, bevor ein Wechsel notwendig wurde. In einem nicht überwachten Prozess wurden pneumatisch arbeitende Zylinder präventiv bereits nach 3 Mio. Hüben ausgetauscht. INA REICHEL
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