Flugverkehr 14.01.2021, 09:25 Uhr

Klimaneutral fliegen: Forscher kommen zu überraschender Erkenntnis

Der Flugverkehr muss klimafreundlicher werden. Aber wie? ETH-Wissenschaftler haben verschiedene Möglichkeiten untersucht und gelangen zu einem aufschlussreichen Ergebnis.

Flugzeug hebt ab

ETH-Forscher haben die Methoden für klimaneutrales Fliegen untersucht.

Foto: panthermedia.net/ssuaphoto

Klimaneutral ist das Buzzword der letzten und auch kommenden Jahre. Aus Klimaschutzgründen und politischen Entscheidungen ist es notwendig, dass weltweit der CO2 Ausstoß gesenkt wird. Das gilt auch für den Flugverkehr. Technisch machbar ist vieles, doch wie sieht es in der Praxis aus. Welche Möglichkeiten gibt es und vor allem, welche führt zum Erfolg? Mit dieser Fragestellung haben sich ETH-Forscher befasst und sind zu einer erstaunlichen Erkenntnis gelangt.

ETH-​Professor Marco Mazzotti hat ein Forscherteam zusammengestellt und gemeinsam jene Möglichkeiten, deren Umsetzung kurz-​ und mittelfristig am einfachsten erscheint, miteinander verglichen und sie unter anderem nach ihrer Wirtschaftlichkeit bewertet. Das Fazit: Am günstigsten ist es, für Flugzeuge auch in Zukunft fossile Treibstoffe zu verwenden – mit einer Bedingung.

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Das ausgestoßene CO2 sollte dabei in Abscheidungsanlagen der Atmosphäre entnommen und dauerhaft im Untergrund gespeichert werden. Der englische Begriff dazu lautet „carbon capture and storage“, kurz CCS.

„Die entsprechende Technologie ist schon bereit. Und in der Nordsee und anderswo sind seit Jahren unterirdische Lagerstätten in Betrieb“, sagt Viola Becattini, Erstautorin der Studie.

„Der Ansatz kann zu einer kostengünstigen Lösung für eine klimaneutrale Luftfahrt werden, wenn zum Beispiel eine CO2-​Lenkungsabgabe oder ein Handel mit Emissionszertifikaten auf fossilen Flugzeugtreibstoffen eingeführt wird, oder wenn Regierungen finanzielle Anreize für den Einsatz von CCS und das Erreichen von Klimazielen schaffen würden“, sagt Mazzotti.

Wie lässt sich CO2 absondern?

Um CO2 abzusondern, gibt es zwei Optionen.

  1. direkt aus der Luft
  2. indirekt an einem Ort, an dem organisches Material verbrannt wird

Bei Möglichkeit 2 kann es sich zum Beispiel um eine Kehrrichtverbrennungsanlage handeln.

„Der Kohlenstoff des in einer Kehrrichtverbrennungsanlage verbrannten Mülls stammt grob gesagt zur Hälfte aus fossilen Quellen, wie zum Beispiel Plastik, der aus Erdöl produziert worden ist. Bei der anderen Hälfte handelt es sich um organisches Material wie Holz oder daraus produzierte Stoffe wie Papier und Karton“, erklärt Mazzotti.

Für den Anteil des Kohlenstoffs aus fossilem Ursprung ist die Absonderung und Lagerung aus Klimaschutzperspektive ein Nullsummenspiel, denn Kohlenstoff aus dem Untergrund wird dorthin zurücktransportiert, wo er herkommt. Daher gilt für den Anteil aus organischen Quellen, dass Pflanzen diesen Kohlenstoff ursprünglich aus der Luft als CO2 aufgenommen haben. Scheidet man diesen Kohlenstoff ab und lagert ihn, so hat man indirekt CO2 aus der Luft entfernt. Das Prinzip „Carbon capture and storage“ eignet sich in erster Linie, um Kohlenstoff aus fossilen Flugtreibstoffen wieder in den Untergrund zu befördern. Das Fazit der Forscher: Der Flugverkehr kann so effektiv klimaneutral werden.

Synthetische Herstellung von Flugtreibstoff energieintensiv

Darüber hinaus untersuchten die ETH-Forscher die synthetische Herstellung von Flugtreibstoff aus CO2, das direkt oder indirekt aus der Luft abgeschieden wird. Bei diesem Verfahren spricht man von „carbon capture and utilisation“, kurz CCU. Die chemische Synthese von Treibstoff aus CO2 ist energieintensiv und daher teurer. Dieser Ansatz wäre also auch weniger wirtschaftlich. Ungeachtet, ob CO2 direkt oder indirekt abgeschieden wird, ist CCU rund dreimal teurer als CCS.

ETH-​Professor Mazzotti macht zudem noch auf einen Missstand aufmerksam. Je nach Energiequelle ist diese Methode sogar kontraproduktiv. Wenn für die Produktion des Treibstoffs Elektrizität aus fossilen Kraftwerken verwendet wird, wirkt es sich negativ auf den Klimaschutz aus.

„Bereits mit dem heutigen Strommix der Schweiz oder mit jenem Frankreichs, der einen hohen Kernkraftanteil aufweist, ist das energieintensive CCU klimaschädlicher als der Status quo mit fossilen Flugtreibstoffen – mit dem derzeit im EU-​Durchschnitt verwendeten Strommix mit höherem Fossilanteil erst recht“, erklärt er. CCU sei nur dann interessant, wenn ausschließlich Strom aus klimaneutralen Quellen verwendet würde. Prinzipiell kann die synthetische Herstellung aber für Länder, in denen sehr viel erneuerbarer Strom produziert wird und keine geeigneten CO2-​Speicherstätten vorliegen, sinnvoll sein.

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Klimaneutraler Flugverkehr: Weitere ernstzunehmende Forschungen

Die Wissenschaftler betonen, dass es weitere Forschungen für einen klimaneutralen Flugverkehr gibt. Flugzeuge, die entweder mit Strom oder mit Wasserstoff betrieben werden, zählen zum Beispiel zu den Forschungsprojekten. Diese Anstrengungen seien ernstzunehmen, sagt Mazzotti. Dennoch sieht er auch die Nachteile dieser Ansätze. Elektrisch betriebene Flugzeuge dürften wegen des hohen Gewichts von Batterien für Langstrecken eher ungeeignet sein. Wenn Wasserstoff als Treibstoff genutzt werden soll, müssen Flugzeuge und Infrastruktur von Grund auf neu entwickelt und errichtet werden. Viele Fragen sind hier noch offen. Aus diesem Grund haben die ETH-Forscher diese Methoden nicht in die Analyse mit einbezogen. Auch für CCS brauche es eine Infrastruktur, betonen die Forschenden.

Dieser Treibstoff soll das Fliegen revolutionieren

Forschende der Universität Oxford haben kürzlich einen Möglichkeit entdeckt, das Fliegen klimaneutral zu machen: Aus CO2 und Zitronensäure wird Treibstoff. CO2 wird dabei aus der Luft in Düsentreibstoff umgewandelt. Und so geht’s: Am Boden wird CO2 aus der Luft abgeschieden und in Treibstoff umgesetzt. Beim Reisen geben die Flugzeuge es wieder ab – ohne die Menge an CO2 in der Atmosphäre zu erhöhen. Mehr zu dieser Methode lesen Sie hier.

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Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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