Logistik 13.06.2003, 18:25 Uhr

Logistik soll das drängende Parkraumproblem lösen

In den Ballungszentren der Industriestaaten herrscht akuter Parkraummangel. Ein Problem, das sich konventionell kaum lösen lässt. Ein Dortmunder Unternehmen betrachtet deshalb diese Aufgabenstellung von der logistischen Seite aus und entwickelte mit Car-Safe ein Parksystem auf der Basis der Lagertechnik.

Das Szenario ist bekannt. Durch die Straßen der Städte schleichen Autos, deren Fahrer nach einer Abstellmöglichkeit für ihr Fahrzeug suchen. Mit konventionellen Parkhäusern ist die Unterbringung der Kfz-Massen kaum lösbar, denn in den Innenstädten fehlt es an den nötigen Freiflächen. Jetzt entwickelte in Dortmund die mit Logistik und Lagerhaltung vertraute Westfalia-Parking-Systems ein automatisches Pkw-Abstellsystem, das relativ wenig Platz beansprucht, denn es funktioniert wie ein Kompaktlager. Es gibt weder Abfahrt- noch Auffahrtrampen: In einer Übergabe-Garage wird das Fahrzeug auf eine Parkpalette abgestellt, den Rest besorgen das Lagerverwaltungssystem und die Fördertechnik.
Tatsächlich wird es vor allem in den Städten für Kraftfahrzeuge und nicht zuletzt für Parkhäuser immer enger. Sogar schon geplante Bauprojekte scheiterten an den behördlichen Auflagen, bei einem Wohn- , Büro-, oder Geschäftskomplex entsprechende Stellplätze bereitzustellen. „Es kommt vor, dass Bauvorhaben in zentraler Lage aufgrund mangelnden Parkraums nicht realisiert werden können,“ weiß Wolf-Dieter Fink, Geschäftsführer des Unternehmens Westfalia-Parking-Systems. Eine Lösung für diese verkehrstechnische Raumnot seien die automatische Parksysteme, wie sie das Dortmunder Unternehmen jetzt anbiete. Dieses betrachtet das Problem von der logistischen Seite. „Im Prinzip sind automatische Parkhäuser nichts anderes als Kompaktlager, wie wir sie aus den Logistik-Centern kennen,“ erklärt Fink. Ein solches System benötige gegenüber herkömmlichen Parksystemen bis zu 35?% weniger Fläche und bis zu 60?% weniger Volumen. Der Raumgewinn resultiert daraus, dass automatische Parkhäuser ohne An- und Abfahrtsrampen, Fahrwege sowie einzuhaltende Mindestabstände für den Ein- und Ausstieg auskommen.
Instruktionen für das Einparken erhält der Fahrer über einen Display im Eingangsbereich der Übergabe-Garage. Alles weitere übernimmt dann die Fördertechnik. Die Anlage selbst wird gar nicht mehr betreten. Fink sieht darin auch einen Sicherheitsaspekt für den Fahrer, denn durch eine helle und freundliche Gestaltung des Übergabe-Terminals ließen sich die aktive, wie auch die passive Sicherheit erhöhen.
„Streng genommen handelt es sich nicht um ein Parkhaus, sondern um ein logistisches System, und das muss genau geplant werden,“ erläutert Christian Hülle, Vertriebsleiter bei Westfalia- Parking-Systems. Allerdings seien, so Hülle, die Anforderungen, die an ein solches System gestellt werden, nicht identisch mit denen, die in Logistik-Centern anzutreffen sind. „Das automatische Parkhaus muss immer von der Stückzahl 1 ausgehen, denn jedes Fahrzeug gibt es im System nur einmal,“ betont der Vertriebsleiter. Es gibt in einem Parksystem keine redundante Lagerware, auf die man – dank geschickter Verteilung – bei einem teilweisen Ausfall des Systems zurückgreifen kann. Zudem erforderte der Umgang mit der Stückzahl 1 von der Fördertechnik eine höhere Geschwindigkeit, da auf Grund von Sortiervorgängen längere Wege zurückgelegt werden müssen.
Da es keine „redundante Ware“ gibt, muss die Verfügbarkeit des Systems stets gewährleistet sein. „Nichts wäre wohl schlimmer, als dass die Leute nicht mehr an ihre Fahrzeuge kommen“, beschreibt der Vertriebsleiter die Folgen eines möglichen Ausfalls. Westfalia Parking Systems garantiere den Betreibern eine Verfügbarkeit von mindestens 98?%. „Mit einigem Mehraufwand lassen sich auch 99?% erreichen,“ versichert Hülle. Doch dem stünde ein Aufwand von 8?% bis 10?% Mehrkosten gegenüber. Erreichen lässt sich eine 99%ige Verfügbarkeit durch eine redundante Auslegung wie Standby-Antrieb oder durch Sensoren. Über Modem können sich die Westfalia-Ingenieure in das jeweilige Lagerverwaltungssystem einloggen und mit Hilfe der Online-Verbindung lassen sich 60?% bis 80?% aller Fehlermeldungen beheben.
Ein weiteres Problem ist der psychologische Aspekt. „Die Leute sehen dem automatischen Parken noch skeptisch entgegen,“ weiß der Vertriebsleiter. Darum betreibt Westfalia Parking Systems, um die Leute zu „therapieren“, eine Referenzanlage an einem Bürokomplex in Dortmund. Potentielle Kunden können sich vor Ort die Anlage im Alltagsbetrieb anschauen. Bis zu 150 Fahrzeuge finden dort im automatischen „Autolager“ Platz. Selbst in Stoßzeiten, zum Beispiel bei Büroschluss, liegt die Wartezeit für die Auslagerung eines Fahrzeuges bei etwa zwei bis drei Minuten. „Die Fördertechnik muss so ausgelegt werden, dass niemand länger als fünf Minuten auf sein Auto warten muss,“ betont Hülle. Erreicht werden diese Zeiten unter anderem auch durch die Möglichkeit, das Fahrzeug schon vom Arbeitsplatz via Telefon oder Internet anzufordern. Auch nach einem Einkaufsbummel ließe sich der Wagen per Handy schon auf dem Weg zum Parkhaus anfordern.
Das Haupteinsatzgebiet für diese logistische Parklösung sieht Hülle aber vor allem in Büro- und Gewerbegebieten: „In diesem Bereich zählt jeder Quadratmeter, es darf kein Platz verschenkt werden.“ Die Kosten für ein solches Parksystem werden mit rund 10?000?( bis 18?000?( pro Stellplatz veranschlagt. Damit liegt die Investition wesentlich höher als bei konventionellen Parkhäusern. Ein finanzieller Aufwand, den Bauherrn nur bereit sind zu tragen, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt, um genügend Stellplätze für Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Der Vertriebsleiter weiß: „Dort wo genügend Platz vorhanden ist, denkt niemand über ein Parksystem nach.“
ANDREAS HÜLSMANN

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