Aufklärer überm Acker
Multispektrale Fernerkundung stellt präzise Informationen für die Landwirtschaft bereit. So analysieren Minihubschrauber und Satelliten Böden und Vegetation in Feld, Wald und Flur. Die ermittelten Daten ermöglichen eine schonendere Nutzung der Flächen. VDI nachrichten, Berlin, 22. 1. 10, ber
Drohnen werden meist von Militär und Geheimdiensten eingesetzt. Nun aber wollen Forscher der Berliner Humboldt-Uni die Fernerkundungstechnik für eine exakt dosierte Nährstoffversorgung von Ackerflächen nutzbar machen. Landwirte könnten damit den Einsatz von Düngemitteln umweltschonend planen. Das Vorhaben fördert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mit knapp 450 000 €.
Als „Aufklärer“ dient ein Quadrokopter, ein mit vier Rotoren ausgerüstetes, unbemanntes Fluggerät, das in 70 m Flughöhe Fotos von Boden und Pflanzen im sichtbaren sowie im nahen Infrarot-bereich macht. Das auf einem käuflichen Bausatz basierende Fluggerät haben Wissenschaftler am Institut für Informatik der HU Berlin mit einer autonomen Steuerung ausgerüstet, berichtet Verena Hafner. Die Professorin leitet die Forschergruppe für Kognitive Robotik und ist für die Navigation der Drohnen zuständig. „An Bord befinden sich zwei Kameras, die nach unten blicken“, erklärt Hafner. Eine, die etwa im Nahinfrarot den Chlorophyllgehalt der Pflanzen ermittelt. Mit den Daten lassen sich Aussagen über den Reife- und Gesundheitszustand der Ackerfrucht machen. Die andere Kamera verfügt über eine spezielle Optik für Rundumsicht und dient der autonomen Steuerung und Höhenkontrolle.
Während des Fluges orientiert sich die Drohne anhand von Schnappschüssen mithilfe des sogenannten optischen Flusses. Das Verfahren nutzt den Effekt, dass sich nahe Landmarken, etwa Bäume am Feldrand, schneller im Bildfeld der Kamera bewegen als weiter entfernte Objekte. „Daraus berechnet das bis zu 80 km/h schnelle Fluggerät seine Eigenbewegung“, erläutert Hafner. Es kann so auch selbsttätig starten und landen.
Im Frühjahr wollen die Forscher die Technik in Brandenburg und Thüringen über landwirtschaftlich genutzten Flächen erproben. Die Aufnahmen werden von einem auf Bildauswertung spezialisierten Dienstleister interpretiert.
„Ziel ist, dass der Landwirt spätestens am nächsten Morgen die für die Düngemaßnahmen nötigen Informationen mit seinen PC abrufen kann“, sagt Ruprecht Herbst, Professor am Institut für Pflanzenbauwissenschaften der HU Berlin. Die Technik liefere präzise Aussagen und sei flexibel einsetzbar. Das mache sie für Land- und Forstwirtschaft lukrativ.
Welche Pflanzen verkraften den Klimawandel am besten, wie wirken sich Bodenqualität, Wassermangel und Hitzestress auf die Ernteerträge aus und wie können Pflanzenschutzmaßnahmen gezielter ergriffen werden? Diese Fragen will das Geoforschungszentrum (GFZ) Potsdam von höherer Warte aus klären: EnMaP (Environmental Mapping and Analysis Program), so die Bezeichnung des scharfsichtigen Satellitenauges, soll ab 2013 Land- und Forstwirtschaft sowie Umweltbehörden spezifische Informationen zur Verfügung stellen.
„Der Weltraumsensor zeichnet global die von der Erdoberfläche reflektierte Strahlung bildhaft als kontinuierliche, hochaufgelöste Spektren vom sichtbaren bis zum kurzwelligen Infrarot auf“, erläutert Prof. Hermann Kaufmann, Leiter der GFZ-Fernerkundung. Die so verbesserte Genauigkeit schaffe einzigartige Möglichkeiten für die Erfassung und Klassifikation von mineralischen und biologischen Eigenschaften der Vegetation.
Jedes Bild, das die Daten von 250 einzelnen Spektralkanälen zusammenfasst, analysiert den Zustand der Vegetation in einem 30 km breiten Streifen mit einer Auflösung von 30 m mal 30 m Pixelgröße. Da der Satellit schwenkbar ist, kann er ein und dieselbe Fläche alle vier Tage aufnehmen. SILVIA VON DER WEIDEN
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