Verteidigung 13.06.2025, 10:00 Uhr

Wie ein junges Unternehmen die Kampfmittelbeseitigung neu definiert

Was tun, wenn ein Krieg längst vorbei ist – die Gefahr aber bleibt? Die BA Clearance GmbH entwickelt intelligente Tools, die helfen, explosive Altlasten schnell zu erkennen, richtig einzuschätzen und professionell zu beseitigen – unterstützt von modernster KI und internationaler EOD-Expertise.

Ken La-Ramée

Gefahr entschärfen mit Hightech: Das Start-up von Ken La-Ramée macht’s möglich.

Foto: BA Clearance GmbH

In vielen Teilen der Welt endet ein Krieg nicht mit einem Waffenstillstand – denn was zurückbleibt, kann zum Tod führen: nicht explodierte Munition, Sprengfallen, improvisierte Sprengsätze. Diese versteckten Gefahren machen ganze Regionen unbewohnbar und gefährden jeden, der dorthin zurückkehrt. Genau hier kommt die BA Clearance GmbH ins Spiel.

BA steht für Battle Area Clearance – und das ist wörtlich zu nehmen. Das Team besteht aus internationalen Experten, viele davon ehemalige Spezialkräfte und erfahrene EODs (Explosive Ordnance Disposal), die sich seit Jahren mit der Neutralisierung von explosiven Bedrohungen in Kriegs- und Krisengebieten auskennen. Ob an Land oder unter Wasser, ob improvisierte Sprengvorrichtung (IED) oder alte Kriegsmunition (ERW): BA Clearance identifiziert, klassifiziert und entschärft.

Mit Schwarmintelligenz gegen versteckte Gefahren

Der Geschäftsführer der BA Clearance GmbH, Ken La-Ramée, veranschaulicht die Herausforderung im Umgang mit unterschiedlichen Munitionszündern durch einen Vergleich. Man müsse sich, so La-Ramée, vorstellen, alle Knöpfe dieser Welt im Kopf behalten zu müssen. Ein Knopf sehe aus wie ein Knopf, fühle sich an wie ein Knopf, rieche möglicherweise sogar wie einer – und doch funktioniere jeder auf seine eigene Weise. Genauso verhalte es sich mit Munition: Was äußerlich identisch erscheine, könne sich technisch und funktional grundlegend unterscheiden.

Um in der Praxis schneller und präziser einschätzen zu können, um welchen Zünder es sich handelt und welcher Munitionsart oder -klasse er zuzuordnen ist, sei schließlich eine entscheidende Idee entstanden: Warum nicht das Wissen vieler nutzen? Die Antwort lautete Schwarmintelligenz – als innovativer Ansatzpunkt für mehr Sicherheit und Effizienz im Umgang mit Kampfmitteln.

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Dabei kommt nicht nur Fachwissen, sondern auch modernste Technologie zum Einsatz. Ein Highlight: die firmeneigene App safetrek.ai. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz erkennt die App Minen und Sprengfallen, schlägt Entschärfungsstrategien vor und wird durch einen menschlichen Experten bestätigt. Die intuitive Bedienung macht safetrek.ai zu einem potenziellen Lebensretter in explosiven Zonen rund um den Globus – und das sowohl für humanitäre Organisationen als auch für staatliche Stellen.

Es wurde eine KI entwickelt, die mit weltweit verfügbaren Munitionsdaten trainiert wurde – Bild-, Text- und technische Daten flossen in eine zentrale Datenbank ein. Daraus entstand ein neuronales Netz, das Experten bei der Identifikation und Klassifikation unterschiedlichster Munitionsarten unterstützte – ob über Wasser, unter Wasser, bei Flugkörpern oder anderen Systemen.

Wissen teilen – aber sicher

„Wir wollten eine App entwickeln, die es einer großen Fachcommunity ermöglicht, ihr Wissen zu teilen und gemeinsam zu nutzen. Doch sehr schnell wurde klar: Das geht nicht einfach so. Ohne klare Strukturen und Schutzmechanismen öffnet man Tür und Tor für Bots oder gezielte Fehlinformationen“, erklärt er. In einer Anwendung, die im Bereich Kampfmittelbeseitigung unterstützen soll, sei das völlig inakzeptabel. Wenn durch falsche Informationen ein Menschenleben verloren geht – und wir reden hier auch vom humanitären Bereich – dann kann man die App gleich wieder abmelden. Dann wäre das Projekt gescheitert. „Aus genau diesem Grund haben wir uns entschieden, das Ganze auf einer geschlossenen, professionell gehosteten und bewirtschafteten Datenbank aufzusetzen“, so Ken La-Ramée. Alle Informationen, die über die App gesammelt werden, landen deswegen nicht unkontrolliert irgendwo, sondern werden durch Fachpersonal geprüft, bewertet und weiterverarbeitet.

Ken La-Ramée liefert einen anschaulichen Vergleich, um die Funktionsweise der KI zu erklären: Ihre Großmutter schenkt Ihnen eine Pflanze – Sie wissen nicht, was es ist. Sie stellen sie irgendwo hin, fotografieren sie mit dem Handy, und eine App sagt Ihnen, um welche Pflanze es sich handelt. Bald kann die App Ihnen sogar mitteilen, warum die Pflanze braune Blätter bekommt oder eingeht – also was genau das Problem ist.

Genauso funktioniert die KI bei Munition. Ein Foto reicht aus – zum Beispiel von einem Objekt, das in einem Baum hängt – und innerhalb von Sekunden liefert das System eine erste Einschätzung: Was ist das? Um welche Munitionsart handelt es sich? Und was bedeutet das für den Umgang damit?

Genau hier setzt die App von BA Clearance an – und geht noch deutlich weiter. Sie ist weltweit die erste KI-gestützte Software zur Kampfmittelerkennung, die nicht nur identifiziert und klassifiziert, sondern auch konkrete Hinweise zur sicheren Beseitigung, Neutralisierung oder Entschärfung liefert. Ein praktisches, einsatzorientiertes Werkzeug für EOD-Fachkräfte – weit mehr als eine reine Erkennungs-App.
„Es geht vor allem darum, die Expositionszeiten am Objekt zu minimieren. In der internationalen EOD-Community gibt es dafür die Regel „One Man, One Risk“. Wir sagen jetzt: „One Drone, One Roboter, No Risk.“

An den Frontlinien – und oft weit dahinter – ist Munition so weit verstreut, dass sich nie mit absoluter Sicherheit sagen lässt, ob eine Fundmeldung echt oder falsch ist. Aus diesem Grund wird der Zugang zur App streng kontrolliert. Sie wird ausschließlich an zuvor registrierte Stellen ausgegeben, die nach Prüfung eine Lizenzfreigabe für die Nutzung erhalten. „So stellen wir sicher, dass das System nur von qualifizierten und autorisierten Entitäten eingesetzt wird.“

Der Unternehmensstandort in Thüringen verfügt über eine umfangreiche Übungsinfrastruktur. Dazu zählen rund 3 bis 4 Hektar Freifläche sowie mehrere Gebäude, die für Trainingszwecke und Tests genutzt werden. Zusätzlich steht eine etwa 7 Hektar große Waldfläche zur Verfügung. Das gesamte Areal ist abgesperrt und bietet optimale Bedingungen für die praxisnahe Erprobung von Technologien sowie die Identifikation und Analyse unterschiedlicher Objekte.

Mit KI gegen versteckte Kriegsrelikte. Foto: BA Clearance GmbH

Mit KI gegen versteckte Kriegsrelikte.

Foto: BA Clearance GmbH

Hürdenlauf im DefenceTech-Markt: Wie Start-ups in Deutschland kämpfen

Auch für dieses Start-up war es nicht leicht, sich in Deutschland zu etablieren. Für DefenceTech-Unternehmen ist der Markteintritt hierzulande besonders herausfordernd. Langwierige Beschaffungsprozesse, hohe bürokratische Hürden und der Zwang, bereits staatliche Referenzprojekte vorzuweisen, erschweren den Zugang zur Bundeswehr erheblich. Viele technologische Innovationen kommen deshalb gar nicht erst über die Entwicklungsphase hinaus – obwohl der Bedarf an modernen Lösungen in der Verteidigung stetig steigt.

Dabei ist es wichtig, zwei Perspektiven zu unterscheiden: Auf der einen Seite stehen Unternehmen, die wirtschaftlich arbeiten und auf Einnahmen angewiesen sind. Auf der anderen Seite existieren sicherheits- und verteidigungspolitische Vorbehalte, die gerade im sicherheitskritischen Bereich gegenüber privatwirtschaftlichen Akteuren häufig zu Zurückhaltung führen.

„Die allgemeine Akzeptanz ist hoch – in vielen Gesprächen zeigt sich großes Interesse und Zustimmung. Wenn es jedoch um konkrete Investitionen geht, insbesondere aus der deutschen Politik, fällt die Bereitschaft oft deutlich zurückhaltender aus“, sagt Ken La-Ramée. Er verweist auch auf die wirtschaftliche Realität: „Keiner bekommt einfach so 20, 50 oder 500 Millionen vor die Füße gelegt, damit er loslegt. Die Unternehmen sind klar am Return of Investment interessiert – und der ist bei Neo-Rüstungsgütern sehr schwer zu kalkulieren, weil dort ein gewisses Risiko gegenüber End-User Produkten besteht, die oft klarer zu skalieren sind, obwohl das Potential immens ist.“

Gerade im Bereich Defense Technology zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen politischer Rhetorik und tatsächlichem Handeln. „Es wird immer viel in Aussicht gestellt, aber bevor wirklich etwas passiert – etwa mit dem neuen Haushalt – dauert es locker einige Monate“, heißt es mit Blick auf die oft zitierten Reformversprechen. Besonders Start-ups spüren die Auswirkungen unmittelbar: Ohne vorzeigbare Ergebnisse kauft die Rüstungsindustrie nichts – und staatliche Unterstützung bleibt aus. Das ist in den USA und in China anders, wo allein schon berechnete und potente Konzepte mit enormen Summen über einen Prototypen-Status hinaus entwickelt werden. Die Genehmigungs- und Überprüfungsprozesse gelten als langwierig und schwerfällig, die Zusammenarbeit mit politischen Akteuren als träge. „Dieses ‚Deutschland-Tempo‘, von dem alle reden – wo ist das denn?“ Die fehlende Geschwindigkeit hat Folgen: „Wenn die Industrie sich nicht selbst kümmert, passiert nichts.“

Ein zentrales Problem ist das fehlende Vertrauen in neue Akteure. „Vielleicht fehlt einfach der Vertrauensvorschuss?“ Gerade junge Gründerinnen und Gründer, die ein Start-up mit fünf bis zehn Mitarbeitenden leiten, seien auf verlässliche und zügige Genehmigungsprozesse angewiesen – doch, wenn diese zwei bis drei Jahre dauern, springt kein Investor ein. Die logische Folge: Talente und Ideen wandern ins Ausland ab. Dabei hat Deutschland sowohl die technischen Kompetenzen als auch exzellente Ingenieurinnen und Ingenieure. Doch viele sagen: Der Aufbau ist kaum zu schaffen – nicht wegen fehlender Ideen, sondern wegen überbordender Bürokratie.

BA Clearance hat deshalb von Beginn an vieles selbst finanziert. Als Gründungspartner konnte das Unternehmen seine Kerntechnologie – die Software safetrek.ai – mit eigenen Mitteln aufbauen und entwickelt diese nun in einer eigenen Firma weiter. Ziel ist es, die technologische Weiterentwicklung unabhängig und agil voranzutreiben.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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