Wenn Stimmen lügen: KI erschafft fiktive Moderatorin
In einer Welt, in der künstliche Intelligenz immer mehr Realität wird, sorgt ein ungewöhnlicher Fall für Aufsehen: Eine angebliche Moderatorin in einer australischen Radiosendung existierte überhaupt nicht. Hinter der Stimme, die monatelang Zehntausende von Hörern fesselte, steckte eine KI.

Gab es die Moderatorin wirklich oder nicht? Eine KI, die monatelang als echte Persönlichkeit in den Medien auftrat.
Foto: PantherMedia / SergeyNivens
Mit den neuesten Fortschritten in der KI-Technologie ist es heute möglich, nahezu jede Stimme täuschend echt zu imitieren. KI-Systeme analysieren Tonlage, Sprachmelodie und individuelle Sprechgewohnheiten, um Stimmen von Prominenten, Freunden oder sogar verstorbenen Persönlichkeiten nachzubilden. Diese Entwicklung eröffnet faszinierende neue Möglichkeiten in Bereichen wie Unterhaltung, Bildung und Marketing, wirft jedoch auch ernste ethische Fragen auf, etwa im Hinblick auf Datenschutz, Identitätsdiebstahl und Manipulation. Was einst Science-Fiction war, ist nun Realität: Jeder kann jeden nachahmen.
Journalisten wurden misstrauisch
Nun sorgt ein ungewöhnlicher Fall für Aufsehen in den Medien: Eine KI hat eine Stimme erschaffen, die höchstwahrscheinlich nie einer echten Person gehörte. Sogar die angebliche Person selbst war frei erfunden. Zehntausende Menschen hörten monatelang einer jungen Moderatorin in einer australischen Radiosendung zu – ohne zu wissen, dass es sich in Wahrheit um eine KI handelte. Erst als einige Journalisten misstrauisch wurden, kam ans Licht: Die Frau, die der Sender auf seiner Webseite als Moderatorin vorstellte, existierte gar nicht.
Auf der Seite des Senders wurde sie so vorgestellt. Jeden Werktag von 11 bis 15 Uhr spielt Thy die heißesten Tracks aus aller Welt – ideal, während man bei der Arbeit ist, im Auto fährt oder den öffentlichen Verkehr nutzt. Kuratiert von Musikexperten, umfasst die Playlist die neuesten Hits aus Hip-Hop, R&B, Pop und Dance sowie Old-School-Tracks, die immer noch heiß klingen.Wenn der Tag etwas langweilig ist, sorgt Thy mit CADA für die nötige Energie und gute Stimmung.
Auf Website des Senders (siehe Archivseite) wurde „Thy“ als echte Moderatorin mit einem Foto präsentiert. Doch wie bereits geschrieben, steckte hinter der Stimme eine künstliche Intelligenz.
„Thy“ – wo kommt sie her?
Einige Journalisten begannen, zu recherchieren, als ihnen auffiel, dass die Moderatorin zwischen den Songs überwiegend schwieg. Schließlich stellten sich einige Fragen: Wie lautet Thys Nachname? Wer ist sie? Wo kommt sie her? Es gab keinerlei Biografie oder weiterführende Informationen zu der Frau, die angeblich die Show moderierte.
Im Vergleich dazu enthalten die Seiten von Moderatorinnen wie der kürzlich zurückgetretenen Morgenshow-Moderatorin Sophie Nathan oder der Drive-Moderatorin K-Sera detaillierte Biografien, die ihre Karrieren und Auszeichnungen umfassen. Beide haben außerdem mehrere Fotos, die bei verschiedenen Presse-Shootings aufgenommen wurden. Nichts dergleichen bei Thy.
Weitere Indizien für die Nicht-Existenz
Eine Bloggerin führt weitere Indizien an, die gegen die Existenz von Thy sprechen. Am auffälligsten ist, dass sie, obwohl sie angeblich eine junge Frau in ihren 20ern ist, keine Social-Media-Präsenz hat – besonders ungewöhnlich für jemanden, der in den Medien arbeitet, wo die Onlinereichweite entscheidend für den beruflichen Erfolg ist.
Auch auf den Social-Media-Kanälen von CADA gibt es keinerlei Fotos oder Videos von ihr. Es scheint, als wäre sie nur einmal fotografiert worden, bevor sie plötzlich „unsichtbar“ wurde. Noch seltsamer ist, dass niemand bei CADA zu wissen scheint, wann sie überhaupt angefangen hat. Es gab keine Ankündigung ihrer Einstellung, was in der Medienbranche ungewöhnlich ist – selbst bei den kleinsten Veränderungen wird normalerweise eine Pressemitteilung veröffentlicht.
Intern kennt niemand Thy. Mehrere Mitarbeiter haben noch nie von ihr gehört, und ihr Name taucht weder auf dem Intranet noch in den Begrüßungsnachrichten auf. Das einzige Bild von ihr ist auf einigen Unternehmenswebseiten zu finden, aber es ist weder in Pressemitteilungen noch auf Thys LinkedIn-Profil erschienen.
Ankündigungen durch mechanisch klingende Frauenstimme
„Eine eher mechanisch klingende Frauenstimme kündigt die kommenden Songs an“, schreibt die Bloggerin. „Mir fiel auf, dass an zwei verschiedenen Tagen Thy ‚Old-School‘-Songs ankündigte. Am 25. war es ‚Old-School Beyoncé‘ und am 26. ‚Old-School David Guetta‘. Die Intonation schien mir an beiden Tagen auffällig ähnlich“, so sie weiter.
Um den Punkt zu verdeutlichen, isolierte die Bloggerin die Stimme und legte sie auf Audiotracks. Es gab ein wenig Störgeräusche durch das nicht perfekt entfernte Lied, das unter der Stimme spielte, aber der Moderator klang in beiden Fällen identisch.
Wollte der Sender nur die Kosten sparen?
Die Autorin überlegt, ob ARN (dazu gehört CADA) der wirklich eine fiktive asiatische Moderatorin erschaffen hat, statt eine echte asiatische Person einzustellen. Es scheint kaum vorstellbar, dass ein so großes Unternehmen einen so offensichtlichen Fehler macht, um Kosten zu sparen. Die Autorin kritisiert, dass niemand bei ARN auf die schlechten Auswirkungen einer solchen Täuschung hingewiesen hat. Sie stellt die Frage, ob die Zukunft der Medien es erfordert, zu überprüfen, ob Moderatoren überhaupt existieren. Sie fordert eine Reform, damit Medien offenlegen, wann KI in ihren Inhalten verwendet wird, da es von größter Bedeutung ist, dass wir weiterhin vertrauenswürdige Quellen für die Unterscheidung zwischen Realität und computergenerierten Inhalten haben.
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