Virtueller Kollege: Was der neue Fraunhofer-Avatar alles kann
Virtuelle Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz? Mit den neuen „Added Value Avatars“ bringt das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO fotorealistische KI-Avatare in den Arbeitsalltag – sie sprechen, denken mit und beantworten Fragen in Echtzeit.
Virtuelle Kollegen im Einsatz: KI-Avatar unterstützt Meetings, beantwortet Fragen und entlastet das Team in Echtzeit.
Foto: Smarterpix/EvgeniyShkolenko
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Eine virtuelle Kollegin oder ein virtueller Kollege begrüßt Sie im Online-Meeting, präsentiert aktuelle Zahlen, beantwortet Fragen mit Quellenangabe, moderiert, erstellt automatisch das Protokoll und bleibt stets objektiv. Der Added Value Avatar (AVA) macht genau das möglich.
Das Fraunhofer IAO hat in Kooperation mit der Stuttgarter Digitalagentur b.ReX eine neue Generation fotorealistischer, KI-gestützter interaktiver Avatare entwickelt.
AVA – der virtuelle Kollege
KI-Avatare basieren heutzutage üblicherweise auf mehreren Komponenten: die fotorealistische 3D-Darstellung, die mit dem Einsatz von sogenannten Metahumans erreicht wird. Dabei handelt es sich um digitale Menschen, welche auf 3D-Scans echter Menschen basieren und in der Lage sind, Emotionen und Mimik zu simulieren. Außerdem gehören eine Sprach- oder Dialog-KI für die natürliche Kommunikation und eine lokale Wissensbasis, die Retrieval Augmented Generation (RAG), zur Ausstattung. Auch bei AVA ist diese Kombination vorhanden – die folgenden Komponenten und Funktionen bringt der Avatar mit:
- Unreal Engine und MetaHuman: Fotorealistische Darstellung virtueller Personen
- Text to Speech und Sprachsynthese: Synchrone Lippenbewegungen und passende Stimme
- Sprachmodell (LLM): Natürliches Sprechen und Verstehen in Echtzeit
- Lokales RAG-System: Kontextwissen und Quellenangabe
- Teams-Integration und 3D-Streaming: Flexible Nutzung in hybriden Arbeitsumgebungen
- Datenschutz: Lokale Verarbeitung und volle Kontrolle über Daten
AVA – Vielseitig einsetzbar
Von Verwaltung, über Industrie, bis Tourismus und Gesundheitswesen – KI-Avatare, darunter auch AVAs, sind branchenübergreifend einsetzbar. Indem sie beispielsweise in Microsoft Teams integriert werden, können AVAs an Meetings teilnehmen, Fragen beantworten, Protokolle erstellen und Fachwissen bereitstellen. Die Technologie eröffnet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten:
- Öffentliche Verwaltung: Digitale Assistenz für Bürgerdienste und barrierefreie Behördenkommunikation
- Unternehmenskommunikation: Skalierbare Kundenberatung und interne Schulungssysteme
- Innovationsmanagement: Expertenunterstützung bei Workshops, Protokollierung und Ideenfindung
- Bildung: Individualisierte Lernbegleiter, Coaches und interaktive Wissensvermittlung
- Meetings: Unterstützung bei Moderation, Dokumentation und Entscheidungsfindung
Einheitlicher Rahmen für KI-Avatare
Mit der wachsenden Vielfalt an KI-Avataren fehlt bislang ein einheitlicher Orientierungsrahmen. Das Forschungsteam des Fraunhofer IAO hat daher das zweistufige LAIA2-Modell (Level-based AI-Avatar Assesment) entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Reifegradmodell ähnlich den SAE-Leveln im autonomen Fahren. Es umfasst 7 Entwicklungsstufen, von einfachen Chatbots bis zu Multi-Präsenz-Avataren.
Das Institut forscht bereits seit den 1990er-Jahren an immersiven Technologien. 2022 wurde beispielsweise der historische Namensgeber Joseph von Fraunhofer als Avatar zum Leben erweckt – zunächst als Sprach-Exponat. Heute ist Joseph ein interaktiver, KI-gestützter Avatar, der Wissen vermittelt, auf Fragen antwortet und in Meetings integriert werden kann.
KI-Avatar: Chancen und Risiken
Diese Entwicklung zeigt, dass digitale Menschen oder KI-Avatare zunehmend als Interaktionspartner für Menschen fungieren, ob im Kundenservice, in der Bildung oder in virtuellen Arbeitsräumen. AVA geht über traditionelle Chatbots oder Sprachassistenten hinaus und basiert auf einer multimodalen Interaktion.
Studien zeigen aber auch, dass Faktoren wie Realitätsgrad, Offenlegung und Kontext zentral sind für die Akzeptanz der Nutzerinnen und Nutzer. Im professionellen Kontext setzen Menschen daher eher auf fotorealistische Avatare, da so die Glaubwürdigkeit gesteigert wird. Zur Unterhaltung reichen allerdings auch weniger realistische Avatare.
Der Einsatz der AVAs kann unter anderem dazu beitragen, dass Fachwissen direkt in Behörden, Schulen oder Unternehmen mit Echtzeit-Quellen bereitgestellt wird. Auch die 24/7-Verfügbarkeit bietet den Vorteil, im Bildungsbereich oder der Verwaltung rund um die Uhr Zugriff auf den Avatar zu haben und so beispielsweise Klausurszenarien simulieren zu können.
Im Unternehmenskontext kann die virtuelle Kollegin oder der virtuelle Kollege Routineaufgaben übernehmen, das Team entlasten und so die Effizienz steigern.
Es gibt aber auch Aspekte, die zu Unbehagen innerhalb eines Teams führen könnten. Mitarbeitende könnten zögern, mit digitalen Kollegen zusammenzuarbeiten – Überforderung oder Misstrauen gegenüber der KI könnten mögliche Gründe sein. Es muss Transparenz gewährleistet sein und klar definiert werden, welche Rolle und Verantwortung die Avatare übernehmen.
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