Künstliche Intelligenz und Physik 10.12.2024, 18:30 Uhr

KI verbessert die Wettervorhersage

Eine Entwicklung der Google-Tochter Deepmind soll dank KI Wettervorhersagen präziser machen als die besten herkömmlichen Modelle.

Stürmiges Wetter: Eine Entwicklung der Google-Tochter Deepmind soll dank KI Wetterprognosen präzisier machen können als die besten herkömmlichen Modelle. Der Deutsche Wetterdienst arbeitet an eigenen Tools. Foto: panthermedia.net / Daniel Wagner

Stürmiges Wetter: Eine Entwicklung der Google-Tochter Deepmind soll dank KI Wetterprognosen präzisier machen können als die besten herkömmlichen Modelle. Der Deutsche Wetterdienst arbeitet an eigenen Tools.

Foto: panthermedia.net / Daniel Wagner

Genauer, schneller und verlässlicher: Ein neues KI-Modell der Google-Tochter Deepmind soll einer Studie zufolge, die letzte Woche erschien, Wettervorhersagen besser machen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) arbeitet an eigenen KI-Modellen. Ein von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) befragter DWD-Experte sagt, bei bestimmten Aspekten kämen KI-Vorhersagesysteme noch nicht an klassische, physikalisch-basierte Modelle heran. Deswegen seien KI-Modelle als Ergänzung zu sehen, nicht als Ersatz. Der Titel der Studie „Probabilistische Wettervorhersage mit maschinellem Lernen“ im angesehenen Wissenschaftsmagazin Nature ist denn auch alles andere als reißerisch. Erstautor Ilan Price ist da in seinem Blog schon ambitionierter: „Neues KI-Modell verbessert die Vorhersage von Wetterunsicherheiten und -risiken und liefert schnellere und genauere Prognosen bis zu 15 Tage im Voraus.“

Roland Potthast, Leiter der Numerischen Wettervorhersage des DWD, ordnet die Studie als „wichtigen Schritt“ ein: Solche Modelle hätten viel Potenzial, das nun erschlossen werden müsse. Gencast heißt das Modell, das Deepmind in London entwickelt hat. Die Studie, so dpa, sei nur von Deepmind-Mitarbeitern durchgeführt, für das Fachblatt dann aber durch Unabhängige begutachtet worden. Resultat: Gencast übertreffe die beste herkömmliche mittelfristige Wettervorhersage, die des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW). Gencast sage zudem extreme Wetterlagen, die Zugbahn tropischer Wirbelstürme und die Entwicklung von Windstärken besser vorher.

Für eine Wettervorhersage braucht eine KI keine Physik zu kennen

Klassische Wetterprognosen basieren darauf, dass die grundlegenden physikalischen Gesetze – sprich Gleichungen – die Grundlage bilden. Forscherinnen und Forscher entwickeln darauf numerische Wettervorhersagealgorithmen, mit denen versucht wird, die dynamische Entwicklung der Erdatmosphäre möglichst genau abzubilden. Gerechnet wird auf Anlagen aus dem High-Performance Computing (HPC), riesigen Hochleistungsrechnern. Je schneller diese rechnen können und je länger sie rechnen (dürfen), desto besser wird die Gleichung gelöst. Die Vorhersagen sind dann zum Beispiel längerfristiger genauer.

Ein KI-Modell wie Gencast arbeitet grundlegend anders. Es arbeitet nicht mit den physikalischen Grundlagengleichungen für die Atmosphärenphysik und muss sie auch nicht kennen. Im Endeffekt lernt die KI phänomenologisch aus vorliegenden Daten und versucht über beständig leicht abgewandelte Neuberechnungen einzelne Datenpunkte möglichst genau zu treffen. Maschinelle Lernmodelle „konzentrieren sich darauf, einzelne Werte möglichst genau vorherzusagen, ohne die Naturgesetze direkt zu beachten“, so Potthast.

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Neues KI-Tool macht fast immer bessere Wetterprognose bei 15-Tage-Vorhersagen

Das Deepmind-Team um Ilan Price fütterte Gencast mit den Analysedaten von Wetterereignissen aus 40 Jahren (1979 bis 2018). Im Anschluss testete die Forschungsgruppe, wie gut Gencast das Wetter für 2019 prognostizieren konnte. Und zwar anhand von weltweiten 15-Tage-Vorhersagen. Die KI ist schnell: Laut Studie braucht sie für eine dieser Prognosen 8 min, hieß es. Bei der Vorhersage von 1320 Windgeschwindigkeiten, Temperaturen und anderen atmosphärischen Merkmalen habe Gencast in über 97 % der Fälle besser abgeschnitten als das EZMW-Modell.

Laut Potthast teste der DWD derzeit ein eigenes KI-Modell, weitere seien in Arbeit. „Physikalisch basierte Modelle und KI-Modelle werden in der Vorhersagekette des DWD kombiniert, um jeweils auf jeder Zeitskala und für die angestrebten Vorhersagevariablen – etwa Niederschlag, Temperatur, Winde, Druck, Feuchte, Böen, Eisübersättigung und vieles mehr – die bestmöglichen Vorhersagen bereitstellen zu können“, so Potthast laut dpa. Er spricht bei KI im Bereich Wetterprognosen von einer sehr steilen Lernkurve.

KI-Wetterprognosen sind nicht immer besser

Dennoch, so der DWD-Experte, könnten KI-Modelle Vorhersagen machen, die auf den ersten Blick gut aussähen, aber in Wirklichkeit nicht ganz stimmten, besonders wenn das Wetter komplizierter werde. „Physikalische Modelle machen das besser, weil sie von Anfang an darauf ausgelegt sind, diese Zusammenhänge einzuhalten.“

Ein Einblick in die Arbeitsweise ihrer KI geben Price et al. in ihrem Papier in Nature. Gencast ist ein sogenanntes „bedingtes Diffusionsmodell“, eine generative Machine-Learning-Methode, die die Wahrscheinlichkeitsverteilung komplexer Daten modellieren und neue Stichproben erzeugen kann. Das Modell erzeugt iterativ Daten, die einer vorgegebenen Bedingung oder Anweisung entsprechen. „Ein zukünftiger atmosphärischer Zustand, Xt+1, wird durch iterative Verfeinerung eines als reines Rauschen initialisierten Kandidatenzustands erzeugt, der durch die beiden vorherigen atmosphärischen Zustände (Xt, Xt–1) bedingt ist“, heißt es im Paper.

Ein Beitrag von:

  • Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder

    Stephan W. Eder ist Technik- und Wissenschaftsjournalist mit den Schwerpunkten Energie, Klima und Quantentechnologien. Grundlage hierfür ist sein Studium als Physiker und eine anschließende Fortbildung zum Umweltjournalisten.

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