Eine Frage des Geschmacks 10.10.2024, 10:14 Uhr

Elektronische Zunge erkennt feinste Geschmacksnuancen mit Hilfe von KI

Eine neu entwickelte elektronische Zunge erkennt mit Hilfe von KI feinste Unterschiede in Lebensmitteln und Flüssigkeiten – ein Durchbruch für Lebensmittelsicherheit und medizinische Diagnostik.

künstliche Zunge

Forschende haben eine elektronische Zunge entwickelt, die verschiedene Flüssigkeitsproben mithilfe künstlicher Intelligenz identifizieren kann. Wenn die KI aufgefordert wird, ihre eigenen Bewertungsparameter zu definieren, kann sie die von der elektronischen Zunge erzeugten Daten genauer interpretieren.

Foto: Saptarshi Das Lab/Penn State

Die Fähigkeit, Geschmäcker zu unterscheiden, ist ein komplexer Vorgang, der weit über das bloße Erkennen von süß, salzig oder sauer hinausgeht. Forschende der Penn State University haben nun eine elektronische Zunge entwickelt, die sogar die feinsten Unterschiede in Flüssigkeiten erkennt. Unterstützt wird dieses System von einer künstlichen Intelligenz (KI), die selbstständig Entscheidungen trifft. Diese Entwicklung könnte nicht nur die Lebensmittelproduktion verbessern, sondern auch in der medizinischen Diagnostik Anwendung finden.

Elektronische Zunge erkennt feinste Unterschiede

Die elektronische Zunge ist in der Lage, verschiedene Substanzen zu analysieren, die sich nur minimal unterscheiden. Beispiele dafür sind Milch mit unterschiedlichem Wassergehalt, verschiedene Fruchtsäfte und Kaffeemischungen. Selbst winzige Anzeichen von Verderb bei Lebensmitteln kann das System detektieren. Die hohe Präzision der Zunge wird durch die Verbindung mit einer KI ermöglicht, die ihre eigenen Bewertungsparameter definiert.

„Wir versuchen, eine künstliche Zunge herzustellen, aber der Prozess, wie wir verschiedene Lebensmittel erleben, umfasst mehr als nur die Zunge“, erklärt Saptarshi Das, Professor für Ingenieurwesen und korrespondierender Autor der Studie. Neben der rein physischen Zungenfunktion sei auch der gustatorische Cortex, der Teil des Gehirns, der für die Geschmackswahrnehmung zuständig ist, entscheidend.

KI erzielt weitaus bessere Ergebnisse

Das Team konnte zeigen, dass die KI weitaus bessere Ergebnisse erzielt, wenn sie eigene Bewertungsparameter entwickelt. So erreichte das neuronale Netzwerk eine Genauigkeit von über 95 %, als es begann, seine eigenen Kriterien zu verwenden. Ein bemerkenswerter Erfolg, da das System zuvor, mit von Menschen festgelegten Parametern, lediglich eine Genauigkeit von 80 % erzielte.

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Das Forschungsteam nutzte die sogenannte Shapley Additive Explanations-Methode, um den Entscheidungsprozess der KI nachvollziehbar zu machen. Diese Methode stammt aus der Spieltheorie und ermöglicht es, den Entscheidungsprozess eines Systems zu analysieren. „Wir haben festgestellt, dass das neuronale Netzwerk subtilere Merkmale in den Daten untersucht – Dinge, die wir als Menschen nur schwer richtig definieren können“, so Prof. Das.

Anwendungsmöglichkeiten und Zukunftsaussichten

Die elektronische Zunge könnte in der Lebensmittelproduktion sowie bei der Überwachung der Lebensmittelsicherheit eingesetzt werden. Auch für medizinische Diagnosen eröffnen sich vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten. So könnte das System beispielsweise helfen, subtile Veränderungen in Körperflüssigkeiten zu erkennen und frühzeitig auf gesundheitliche Risiken hinweisen.

Das neuronale Netzwerk ist dabei flexibel genug, um auch in anderen Bereichen eingesetzt zu werden. Durch die Fähigkeit, sich selbst zu verbessern, wird die KI immer präziser. „Wir haben herausgefunden, dass wir mit Unvollkommenheit leben können“, erklärt Prof. Das. Selbst wenn die Sensoren nicht perfekt sind, kann das System dank der intelligenten Algorithmen robuste und zuverlässige Ergebnisse liefern.

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Die Technologie hinter der elektronischen Zunge

Im Kern der Technologie steckt ein ionensensitiver Feldeffekttransistor, der chemische Ionen in den untersuchten Flüssigkeiten erkennt. Diese Informationen werden an das neuronale Netzwerk weitergeleitet, das auf der Basis von 20 Parametern trainiert wurde. „In dieser Arbeit betrachten wir nun mehrere Chemikalien, um zu sehen, ob die Sensoren sie genau erkennen können, und darüber hinaus, ob sie winzige Unterschiede zwischen ähnlichen Lebensmitteln erkennen“, so Harikrishnan Ravichandran, einer der Co-Autoren.

Die Robustheit dieser Technologie eröffnet zahlreiche Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Industrien, da die Sensoren kostengünstig hergestellt werden können. In Verbindung mit KI könnte die elektronische Zunge bald Teil des Alltags in der Lebensmittelüberwachung und der medizinischen Forschung sein.

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Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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