Vom Funktionsmodell automatisch zum fertigen Software-Code
VDI nachrichten, Düsseldorf, 30. 1. 04 – „Programmiermaschine“ nennt sich eine Entwicklung aus Spanien, die beim Erstellen von Software erheblich schneller, zuverlässiger und kostengünstiger arbeiten soll, als herkömmliche Programmgeneratoren mit teilweise noch manueller Bedienung.
Beim Benutzen des neuen Systems „OlivaNova Model Execution“ genüge es jetzt, „ein leicht zu erstellendes und für gewöhnliche Menschen leicht verstehbares Modell dessen einzugeben, was das künftige Programm später leisten soll“, sagt Joachim Fischer von der Firma Care Technologies, München. Ist dies geschehen, werfe die Programmiermaschine, in der acht Jahre bzw. rund 500 000 Ingenieurstunden an Entwicklungsarbeit steckten, dann binnen kürzester Zeit das fertige Programm in Sprachen wie Java oder Visual Basic aus. Es könne anschließend auf vielen bekannten Betriebssystemen laufen.
Zum Beleg der Leistungsfähigkeit seiner neuen Maschine verweist Fischer auf eine Analyse des Marktforschungsunternehmens Gartner aus dem vergangenen Mai, wonach das System aus Spanien sechs vergleichbare Entwicklungen anderer Gruppen in der Produktivität um durchschnittlich das 23fache übertroffen habe. Ferner habe das System des Prof. Oscar Pastor Lopez von der Polytechnischen Universität zu Valencia im Schnitt 6-mal schneller gearbeitet und die Konkurrenz in Sachen Fehlerquote um durchschnittlich den Faktor 15 unterboten. Dabei, so betont Fischer, „entfallen alle Fehler, die eventuell noch vorkommen, bei unserer Technik allein nur noch auf die Phase der abstrakten Modellierung und nicht mehr auf die der eigentlichen Programmgenerierung“.
Die Firma Care gehört zur spanischen Immobilien- und Hotelunternehmensgruppe CHG, die laut CHG-Chef und -Gründer Siegfried Borho nicht nur die Entwicklung der neuen Programmiermaschine finanziert, sondern sie auch im eigenen Firmenbereich vielfältig erprobt habe. Nun jedoch soll das System allgemein nutzbar gemacht werden: „Indem wir den Interessenten zu relativ geringen Kosten ein Programm zum Erstellen der Modelle überlassen“, erläutert Borho. „Anschließend werden diese Modelle von uns gegen Gebühr in das fertige Hochsprachen-Programm übersetzt.“ Das soll laut Fischer gegenüber dem herkömmlichen Programmieren alles in allem rund die Hälfte der Kosten einsparen. Fischer: „Wir sehen unsere künftigen Kunden vor allem im Kreis der Entwickler unternehmensorientierter Programme sowie unter typischen Systemintegratoren.“ Borhos Gruppe hat bisher intern schon Programme für das Verwalten von Hotels und Wohnanlagen, von Möbelhäusern und Mietwagenfirmen sowie für Apotheken und Wasserwerke mit Hilfe des neuen Systems erstellt und somit „die Alpha- und Beta-Phase der Entwicklung im eigenen Hause durchlaufen“.
Prof. Pastor umreißt sein neues und natürlich patentgeschütztes System ganz allgemein mit dem Bild einer – völlig hypothetischen – Maschine, die direkt an Hand des Bauplans das fertige Haus errichten könne. Etwas konkreter erklärt er auf Nachfrage: Bei seinem Programmgenerator definiere der Entwicklungsingenieur einfach, welche Funktionsmodule aus einer breiten Palette bereits bewährter Bausteine er für seine konkrete Aufgabe gerade benötige und wie diese konkret miteinander interagieren sollen. Dann könne die Maschine in streng rationaler, mathematisch-logischer Weise entsprechende Codesequenzen in der gewünschten Hochsprache aus dem Speicher abrufen und zusammenfügen.
„Ganz allgemein“, so Pastor, „bin ich bei all meinen Überlegungen von dem Grundgedanken ausgegangen, dass das Programmieren von Computern keine Kunst, sondern einfach ein streng mathematisch-logisch beschreibbarer Prozess ist.“ Und genau deshalb müsse ihn auch eine Maschine vollführen können. Zumal es, wie der Wissenschaftler bestätigt, ganz ähnlich arbeitende Automatisierungstechniken ja auch im Bereich der Chipentwicklung gebe: Hier nämlich werde die spätere Siliziumstruktur per Computer mehr oder weniger direkt aus einer hochsprachlich-abstrakten Modellbeschreibung der geforderten Chipfunktionen abgeleitet.
„Im Vergleich zu konkurrierenden Entwicklungen“, so Pastor, „ist unser Vorsprung heute zwar nicht mehr ganz so groß wie noch vor fünf Jahren, doch bislang kann man mit den anderen Lösungen eigentlich nur eine Sammlung der Bausteine erzeugen, die man dann selber zum fertigen Endprogramm zusammenfügen muss.“ Und die Entwicklung gehe in Valencia zügig voran. Pastor: „Am Perfektionieren unseres Systems arbeiten derzeit schon 37 Informatiker der Firma Care und weitere 15 Wissenschaftler meiner Universität.“EGON SCHMIDT
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