25.06.1999, 17:22 Uhr

Siemens und Fujitsu gründen Joint-Venture

Siemens und Fujitsu werden in Europa ein gemeinsames Computerunternehmen gründen. Das 50/50-Joint-venture soll weltweit auf Rang drei der Computerunternehmen kommen.

Wenn es eine Liebesheirat war, die jetzt den Computerbereich der Siemens AG in ein 50/50-Joint-venture mit der japanischen Fujitsu einbringt, dann ist es quasi eine Sandkastenliebe: Schon 1923 betätigte sich der deutsche Elektrokonzern als Geburtshelfer der späteren Fujitsu, die er zeitweilig zu 60 % kontrollierte. Erst nach dem zweiten Weltkrieg sank der Einfluß der Deutschen auf den japanischen Konzern.
Und auch heute ist Siemens der Senior-Partner in dem Gemeinschaftsunternehmen, das zum 1. Oktober 1999 seine Geschäftstätigkeit aufnehmen soll. Mit 8000 Beschäftigten und einem Umsatz von rund 4 Mrd. Euro ist Siemens deutlich größer als Fujitsu Europa, das mit 1600 Mitarbeitern rund 2 Mrd. Euro umsetzt. Deutlich anders sieht die Situation bei der aktuellen Marktposition aus. In Deutschland hatte Siemens – vormals Siemens-Nixdorf – zwar stets gute Verkaufszahlen auch im preiskritischen PC-Segment präsentieren können, aber schon im europäischen Maßstab waren die Deutschen nur einer von vielen Anbietern. Und selbst auf dem traditionell starken Heimatmarkt hat – nach den aktuellsten Dataquest-Zahlen – der künftige Partner Fujitsu mittlerweile die Top-Position erreicht: Mit 245 164 abgesetzten PC im 1. Quartal 1999 wurde Siemens mit 239 517 PC auf Platz zwei der Rangliste verwiesen.
Für Siemens-Chef Heinrich von Pierer ist das Joint-venture ein weiterer Schritt in der Umsetzung seines Zehn-Punkte-Planes, der Siemens‘ Ertragskraft nachhaltig steigern soll. Vor allem für das volumenstarke PC-Geschäft war Siemens nach übereinstimmender Meinung vieler Branchenexperten einfach zu klein. Zu stark sind außerdem die Preise unter Druck, zu sehr wird der Markt von aggressiven Angeboten großer Handelsketten unter Druck gesetzt – ein Marktsegment, in dem der künftige Partner Fujitsu auch recht erfolgreich mitmischt.
Das neue Gemeinschaftsunternehmen Fujitsu Siemens Computers wird alle derzeitigen Aktivitäten von Fujitsu Computers Europe und des Siemens Geschäftsgebietes Computer Systems einschließlich Entwicklung, Fertigung und Marketing umfassen. Damit hat Siemens endlich den lange gesuchten internationalen Partner im Computergeschäft gefunden. Schon vor mehr als einem Jahr waren Gespräche mit dem taiwanesischen Hersteller Acer über einen Verkauf der Augsburger PC-Fabrik geführt worden. Siemens wollte damals die gesamte Fertigung aufgeben und seine PC von Acer produzieren lassen. Im letzten Augenblick scheiterte der Deal dann an finanziellen Details. Nun also hat man sich des einstigen Zöglings Fujitsu erinnert, der sich durch Übernahme der britischen ICL und mit einer PC-Fertigung in Ostdeutschland ein starkes Standbein in Eruopa aufgebaut hat.
Im europäischen Martk liegt das künftige Gemeinschaftsunternehmen gemessen am Umsatz schon heute auf Rang 3, weltweit kommt es an Position 5. Erklärtes Ziel beider Partner ist es, binnen weniger Jahre in die Spitzengruppe der Top-3-Anbieter weltweit aufzusteigen, Dell und HP zu überholen und damit in den direkten Wettbewerb mit den beiden Riesen IBM und Compaq einzutreten. Für das erste Geschäftsjahr 2000 plant das neue Unternehmen mit unveränderter Mitarbeiterzahl einen Umsatz von 7,6 Mrd. Euro.
Vor allem im schwierigen PC-Geschäft bringt die Allianz Siemens/Fujitsu einen deutlichen Schritt nach vorne. Mit einem Absatzziel von fast 5 Mio PC in 2000 rutscht man auf Platz 2 in Europa, nach Compaq und vor IBM, während die künftigen Partner bisher nur auf Platz 6 bzw. 8 lagen. Allerdings ist die schlichte Größe in diesem Geschäft noch kein Garant für den Erfolg. Dell mit seinem direkten Vertriebsmodell zeigt hier derzeit atemberaubende Wachstumsraten, während der einstige Primus Compaq nach dem Kauf von Digital eher enttäuschende Zahlen schrieb, die sogar zur Trennung von Compaq-Chef Eckehard Pfeiffer führten.
Der europäische PC-Markt, den Fujitsu Siemens ja vordringlich adressiert, ist noch immer sehr stark untergliedert. In Westeuropa wurden 1998 knapp 24 Mio. PC abgesetzt, in Zentral- und Osteuropa lediglich knapp 5 Mio. Das durchschnittliche Stückzahlen-Wachstum lag 1998 in Westeuropa bei 26 %, wobei laut Philip Williams von Dataquest die regionalen Wachstumsraten aber von plus 63 % in Schweden bis zu mageren 13 % in Norwegen variierten. Noch extremer der osteuropäische Markt, der gegenüber dem Vorjahr um 11 % zulegte, wobei Ungarn mit 25 % den Spitzenreiter bildete, Rußland mit minus 20 % das Schlußlicht. Williams und seine Kollegin Natalie Spitz erwarten hier mittelfristig allerdings eine deutlich Konsolidierung auf durchschnittliche Wachstumsraten von 12 % in den westeuropäischen Ländern, während die Situation in Osteuropa trotz Erholung in Rußland heterogen bleiben wird.
Dabei sehen die beiden Analysten die vordringlichen Herausforderungen an die PC-Hersteller im zunehmenden Trend zur Massenware PC. Williams: „Früher war der PC-Markt relativ einheitlich, Forschung, Entwicklung und Fertigung entschieden über den Erfolg eines Produktes, das überwiegend auf Halde produziert wurde. In Zukunft gelten Erfolgsfaktoren wie Marketing, Service und Support, das Einstellen auf wechselnde, stark differenzierte Märkte und eine absolute Low-Cost-Produktion.“
Für die Datquest-Auguren werden nur jene Hersteller in Zukunft erfolgreich sein, die in verschiedenen Marktsegmenten präsent sind und die ein Markenbewußtsein unabhängig von Technologie und Preisen aufbauen können. Williams: „Der erfolgreiche PC-Hersteller darf sich nicht von Anforderungen seines Vertriebskanals oder dem Schielen auf einen Wettbewerber ablenken lassen. Nur die Flexiblen werden überleben und wachsen.“
JENS D. BILLERBECK
Die Augsburger PC-Fertigung von Siemens sollte schon vor Jahresfrist an Acer verkauft werden. Nachdem der Deal geplatzt war, wird sie jetzt in das Gemeinschaftsunternehmen mit Fujitsu eingebracht.
Siemens-Chef Heinrich von Pierer (rechts) und Takeshi Maruyama, Senior Vice President von Fujitsu, besiegeln die künftige Zusammenarbeit.

 

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Ein Beitrag von:

  • Jens D. Billerbeck

    Jens D. Billerbeck

    Leiter Content Management im VDI Verlag. Studierte Elektrotechnik in Duisburg und arbeitet seit seiner Schulzeit jounalistisch. Nach Volontariat und Studienabschluss Redakteur der VDI nachrichten u. a. für Mikroelektronik, Hard- und Software, digitale Medien und mehr.

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