SAP nimmt Automobilindustrie als Vorbild
Was der Automobilindustrie seit langem recht ist, soll der IT-Industrie nun billig sein – nach industriellen Prinzipien gefertigte Software. Analysten fordern diese Entwicklung schon seit geraumer Zeit. IT-Multi SAP beginnt jetzt diesen Weg in die Praxis umzusetzen und hat nach eigenen Angaben Erfolg damit. VDI nachrichten, Düsseldorf, 8. 5. 09, pek
Wer einmal eine Installation von SAP, Oracle & Co. begleitet hat, weiß, wie aufwendig, nervenzehrend und letztlich kostspielig ein solcher Prozess sein kann. Fachleute wie Analyst Wolfgang Martin sagen nicht ohne Grund, dass viel zu viel des IT-Budgets durch den laufenden Betrieb verschlungen werde.
Vor allem seit dem Hype um Service-orientierte Softwarearchitekturen (SOA) schwebt dem Software-Fachmann Martin eine schlankere IT („Lean IT“) mit Anlehnung an die Automobilindustrie vor: Plattform-basiert und mit individuell kombinierbaren Komponenten.
Dass die Gedanken des Analysten nicht abwegig sind, will die Walldorfer SAP AG mit ihrem Modell des „Integrated Service Delivery“ (ISD) beweisen, bei dem auch SOA- und Lean-Manufacturing-Prinzipien eine Rolle spielen: „In der Autoindustrie sind 69 % der Teile dieselben. Und in der betriebswirtschaftlichen Software sind mehr als 50 % der Prozesse identisch. Also müsste es auch hier Optimierungspotenzial geben“, so Jan Grasshoff, Global Head of SAP Global Delivery. Und das in drei Bereichen: durch Zeitersparnis, die systematische Wiederverwendbarkeit einzelne Komponenten und ein hohes Niveau an Qualität und Skalierbarkeit.
Erreichen möchte SAP diesen Vorteil im Wesentlichen durch mehrere Dimensionen. Einerseits durch wiederverwendbare Servicekomponenten. Beispielsweise bei einem reinen Funktionsupgrade einer Lösung, bei der keine branchenspezifischen Komponenten mehr zum Einsatz kommen müssen. „Hier haben wir bei einem Business-Intelligence-Upgrade in einer Installation bereits einen klaren Zeitvorteil erreicht und benötigten zwölf anstelle von 20 Wochen“, so Grasshoff. Zweite und dritte Dimension: exakte Berechnung des kundenseitigen Bedarfs und dann erst Festlegung der Ressourcen. Grasshoff: „Nicht alle Dienstleistungen müssen beim Kunden vor Ort geschehen, manche lassen sich ohne Qualitätsverlust entfernt, also durch globale Servicekräfte, erledigen.“ Erneut ein bekanntes Prinzip anderer Industrien.
Seitens SAP befindet sich das ISD-Programm in der Pilotphase („Ramp-up-Phase“), bereits für das kommende Jahr plant man den Gesamtmarkt damit anzugehen („Mass Roll-out“). Laut Jan Grasshoff lassen sich die Gesamtbetriebskosten („Total Cost of Ownership“) durch ISD „um bis zu 30 % bis 40 % reduzieren“.
„Hätten wir uns für ein traditionelles Implementierungsmodell mit ausschließlicher Betreuung vor Ort entschieden, hätten wir mehr investieren müssen. Dass wir uns auf die globale SAP-Consultant-Struktur verlassen haben, machte unser Projekt um mindestens 40 % Prozent billiger und beschleunigte es dementsprechend“, so IT-Manager Pieter Westland von der niederländischen Sara Lee-Niederlassung, einem ISV-Pilotkunden. SVEN HANSEL