Mit freier Software Geld verdienen
Open Source bekommt in der europäischen Wirtschaft ein immer stärkeres Gewicht.
Laut einer jüngst veröffentlichten EU-Studie ist der Marktanteil von Open-Source-Software in den vergangenen fünf Jahren stetig gestiegen. Zahlreiche private und öffentliche Organisationen setzen mittlerweile freie Software ein. Etwa 12 Mrd. $ beträgt der Gesamtwert aller entwickelten Open-Source-Lösungen. Unternehmen, darunter Sun, IBM, Red Hat, SAP oder MySQL haben, heißt es in der Studie, rund 1,2 Mrd. € in die Entwicklung von Softwarelösungen gesteckt. „Manche Ideen“, weiß Richard Seibt, Ex-Suse-Chef und heute Motor des Vereins „Linux Business Campus Nürnberg“, „werden nur noch durch Open Source groß.“
Dass die Begeisterung für Open-Source-Software nach wie vor groß ist, war kürzlich auch beim „Open Source meets Business“-Kongress in Nürnberg zu besichtigen. Ob in der öffentlichen Verwaltung, als Collaboration-Lösung, als Betriebssystem, bei der Sicherheit oder auf dem Desktop: Anwender und Entwickler berichteten meist von positiven Erfahrungen. Im Bereich Infrastruktur müssen sich Open-Source-Lösungen und -projekte nicht mehr neben proprietären, kommerziellen Produkten verstecken.
Ein Open-Source-Projekt ist zum Beispiel „Oscar“. „Wir wollen nach Open-Source-Prinzipien ein Auto entwickeln und übertragen daher den Open-Source-Gedanken auf die Hardware“, sagt Projektgründer Markus Merz. Die Idee geht bis ins Jahr 1999 zurück. Das Besondere an Oscar: „Es ist ein komplett anderer Produktentstehungsprozess, da alle mitreden.“ Noch befindet sich „Oscar“ allerdings in der Konzeptionsphase. Derzeit verfüge das Projekt über 1350 gemeldete Entwickler, darunter etwa 100 bis 150 Ingenieure, die zumeist in der Automobilindustrie oder an Hochschulen tätig sind.
Ein gelungenes Beispiel für Open Source auf dem Desktop ist die grafische Benutzeroberfläche KDE. An dem Projekt, das 1996 ins Leben gerufen wurde, beteiligen sich über 2000 Entwickler. „Unser Ziel ist es, den besten Desktop zu machen“, sagt Eva Brucherseifer vom KDE e. V. Gegenüber dem Konkurrenten Gnome stehe KDE „bei Anwendern hoch im Kurs“.
Daneben tummelt sich aber auch jede Menge junger Firmen auf dem Markt, die Unternehmenssoftware für kleine und mittlere Unternehmen anbieten, die digitale Signatur als Open-Source-Lösung verwirklichen oder ein komplett unter Open Source entwickeltes Geo-Portal.
Seibt stellt diesen Firmen ein gutes Zeugnis aus: „Deutsche Entwickler haben besondere technische Fähigkeiten heute haben sie die Chance, diese Fähigkeiten im Markt erfolgreich in Produkte umzusetzen.“ Wie zum Beispiel Open-Xchange, ein Anbieter von Open-Source-basierter Collaboration-Software. Ein anderer Open-Source-Newcomer ist die seit Jahren auf betriebswirtschaftliche Software spezialisierte Firma Wilken. In deren Projekt sollen, basierend auf Open-Source-Entwicklungsverfahren, kommunale Fachverfahren entwickelt werden. Anderes Beispiel: Content-Management-Systeme. „Open Source bringt den Innovationsprozess in die Industrie zurück“, sagt John Powell, CEO von Alfresco, einem Anbieter für Content-Management-Lösungen. Ein besseres Content Management sei etwa gefragt, um die steigende Informationsflut in den Unternehmen zu bewältigen.
Längst haben auch die Kapitalgeber Start-up-Unternehmen entdeckt, die mit freier Software Geld verdienen möchten. Man wolle die „Stars der Zukunft pushen“, so Oliver Michel, Vorstand der Beteiligungsgesellschaft Max 21, die sich auf Firmen spezialisiert hat, die Open Source und freie Software einsetzen. Daher investiere man in junge Open-Source-Firmen. Die Beteiligungsgesellschaft engagiert sich etwa bei Open-Source-Firmen, die sich mit Voice-over-IP oder Security beschäftigen. ILONA HÖRATH
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