Internet 15.09.2000, 17:26 Uhr

Gerangel ums Internet aus der Steckdose

Die Suche nach dem besten System macht auch vor Powerline nicht Halt. Mit drei Verfahren wird hierzulande versucht, über das Stromnetz den Zugang zum weltweiten Web zu schaffen. Zielgruppen für diese Technik sind immer häufiger Schwellenländer, in denen es zwar Stromanschlüsse, aber keine Telefonleitungen gibt.

Noch scheint es ein Traum zu sein: Computer aufstellen, Stecker in die Steckdose und – fertig! Internet at once, ohne Modem, Telefon-, Breitband-, Funk- oder Satellitenanschluss. Da, wo der PC seine Power herbekommt, können auch die Internet-Daten herkommen, über das Stromnetz nämlich.
Doch noch gibt es kein vermarktungsfähiges System – dafür aber einen heftigen Streit der Experten. Alle wollen das Stromnetz als Zugangsnetz für Daten nutzen – am besten mit Übertragungsraten von 2 Mbit/s. Es könnten aber auch PCs untereinander verbunden werden – vorausgesetzt, die „richtige“ Technik wird eingesetzt.
Siemens ist überzeugt, genau das zu tun. „Wenn das Netzkabel eingesteckt ist, besteht die Verbindung zum Internet. Wir sind dann weder auf die Telefonleitung noch auf ADSL oder das BK-Netz angewiesen“, gibt sich Askold Meusling, Marketingleiter von Powerline Communications bei Siemens in München, zuversichtlich. Der Konzern hat sich für eine Technik entschieden, mit der sich das so genannte Schornstein- oder Kaminmodell gut umsetzen lässt. Das bedeutet die Nutzung eines relativ schmalen Frequenzintervalls, allerdings mit einem hohen Pegel, um zusätzliche Verstärker einzusparen.
Damit andere Funkdienste ungestört bleiben, sollen bestimmte Frequenzbereiche – beispielsweise im 40- und 80-m-Band für den Amateurfunk – ausgespart werden. Dennoch haben die Arbeitsgemeinschaft Zukunft und der Deutsche Amateur Radio Club (Darc) schon alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Powerline-Technik noch in der Pilotphase zu verhindern.
Populär wurde Powerline vor einigen Jahren durch die Nortel- und United Utilities-Tochter Nor.Web, die inzwischen nicht mehr existiert. Immerhin haben sich heute über 60 Unternehmen und Forschungseinrichtungen in einem Powerline-Telecommunications-Forum versammelt. Entwickeln und ausprobieren muss jeder für sich allein.
Entsprechend vielschichtig sind die Ansätze, wobei sich z. B. Siemens und Ascom in recht fortgeschrittenen Stadien befinden. Anders in den USA. Dort haben sich Unternehmen wie AMD, 3Com, Cisco Systems, Compaq, Conexant, Enikia, Intel, Panasonic, Intellon, TI, Motorola, S3“s Diamond Multimedia und Tandy eine Home-Plug-Powerline-Alliance gegründet, die – zunächst nur für den Inhouse-Bereich – einen weltweiten Industrie-Standard erarbeiten soll.
Während hierzulande Siemens den Schornsteinansatz unterstützt, setzt Ascom auf eine mit dem Mobilfunksystem GSM verwandte Technik und bietet im Zugangsbereich ebenfalls so genannte Punkt-zu-Multipunkt-Systeme. Alcatel wiederum ist mit seinem Punkt-zu-Punkt-System für die Mittelspannungsebene, bei der zwei Betriebsteile mit einer Art Standleitung verbunden werden können, weit gediehen.
Anders funktioniert der Low-Level-Ansatz, bei dem die Bandspreitztechnik eingesetzt wird. Dabei wird das Nutzsignal über einen breiten Frequenzbereich gespreizt. Auf dieser Basis starteten die Bewag in Berlin zusammen mit verschiedenen Partnerfirmen wie GEW und HEW, ABB, Cisco, Krone, der Technischen Universität und dem Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik das Düne-Projekt, was für Datenübertragung über Niederspannungs-Energienetze steht. Die Telefonsteckdose sollte später bei Aldi zu kaufen sein.
Noch im vergangenen Jahr gab jedoch der Energieversorger dieses Systemkonzept sang- und klanglos auf, um sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren. Der Aufwand für eine flächendeckende Versorgung wäre immens gewesen – allein über 8000 Transformatoren hätten mit der Backbone-Technik ans Internet angeschlossen werden müssen, was über 500 Mio. DM gekostet hätte. Die eigentlichen Powerline-Strecken wären mit 100 m bis 200 m relativ kurz gewesen. Seit dem 1. Oktober 1999 führt nun das ausgegründete Unternehmen Conaxion die Düne-Aktivitäten fort. Zielmarkt: vor allem ausländische Energieversorger.
Wo nämlich nur Strom- und keine Telefonleitungen liegen, könnte bald das Internet einziehen – in Indien, China, Russland oder Lateinamerika. Über 1 Mrd. Menschen gelten als potentielle Kunden. „Aus den Schwellenländern bekommen wir starkes Interesse signalisiert“, so Frank Brandt, neuer Conaxion-Geschäftsführer.
Vor kurzem stellte in Berlin die Firma Ares Powernet ihr Konzept vor – ein reines Inhouse-System, das extern über Telefon, Satellit oder Kabel angebunden wird. So soll zumindest die komplette Verkabelung in den eigenen vier Wänden eingespart werden. Auch das in München ansässige Unternehmen Polytrax verfolgt eine ähnliche Strategie, wobei vor allem die Verfügbarkeit eines Rückkanals betont wird.
Geht es nach den Protagonisten, dann könnte es bis Ende nächsten Jahres allein in Europa 100 000 Powerline-Anschlüsse geben. Für das Jahr 2002 werden gar 2 Mio. „gepowerte“ Internet-Neuanschlüsse prognostiziert, wobei jeder Anschluss derzeit Fixkosten von etwa 1000 DM verursachen dürfte. Die wird der Nutzer wohl kaum alleine tragen müssen, schließlich mietet er sich den Anschluss von seinem Energieversorger.
Und der darf spätestens fünf Jahre nach Installation auf schwarze Zahlen hoffen, sofern eine Mindestzahl von Powerline-Anschlüssen hinter dem Niederspannungstransformator erreicht wird. Von den etwa 200 bis 300 über eine Trafostation erreichbaren Haushalte müssten sich dann schon 20 % für diese Technik entscheiden – sind es weniger, haben die EVUs schlechte Karten. . RAINER BÜCKEN
Powerline-Techniken

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Drei Modulationen für Powerline

VDI nachrichten, 15. 9. 00 – Beim Internet wird hier mit verschiedenen Basistechniken gearbeitet. Am verbreitetsten dürfte die OFDM-Technik sein, was für Orthogonal Frequency Division Multiplex steht und auch für DAB (Digital Audio Broadcasting), DVB-T (Digital Video Broadcasting – terrestrial) und ADSL (Asymmetric Digital Subscriber Line) genutzt wird. Dabei handelt es sich um ein Mehrträgerverfahren und wird für Powerline beispielsweise von Siemens und Oneline genutzt.
CDMA steht für Code Division Multiple Access und ist ein Band spreizendes Modulationsverfahren (Spread Spectrum Technique). Da es als sehr störresistent gilt, wurde es zunächst beim Militär eingesetzt. Es wird nur ein Trägersignal genutzt und jeder Teilnehmer bekommt einen individuellen Spreizcode zugewiesen. Eingesetzt wird es von Mainnet in Israel sowie von Conaxion in Berlin, wo es um die Fortführung des bei der Bewag begonnenen „Düne“-Projekts geht.
GMSK steht für „Gaussian Minimum Shift Keying“ und ist das im erfolgreichen Mobilfunksystem GSM verwendete Modulationsverfahren – also das Prinzip, wie man digitale Daten letztlich mit Hilfe analoger Frequenzen überträgt. Auf dieser Basis gibt es auch Versuche für DATV (Digital Amateur Tele Vision). Ascom wählte diese Technik für seine Powerline-Tests. büc

Ein Beitrag von:

  • Rainer Bücken

    Freier Fachjournalist in Berlin. Seit über 40 Jahren widmet sich Rainer Bücken mit profunden Fachkenntnissen allen Themen rund um Medien, gewissermaßen von der Quelle bis zur Senke. So begleitete er die Einführung von HDTV in Deutschland von den Anfängen bis zum Regelbetrieb und blickt gespannt auf die Entwicklungen bei 4K sowie 8K. Dabei spielen die Digitalisierung der TV-Landschaft und die Einführung neuer Technologien in allen Stufen der Medienverbreitung, vor allem der Glasfasertechnik, zentrale Rollen. Rainer Bücken studierte Nachrichtentechnik der Ingenieurakademie der Deutschen Bundespost Berlin und anschließend Publizistik an der FU Berlin.

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