Mobilfunk 01.11.2002, 18:22 Uhr

Foto machen ist nicht schwer, MMS versenden aber sehr

Vodafone startete in mehreren Ländern gleichzeitig einen neuen Multimedia-Dienst. Doch die neuen Foto-Handys bieten außer Multimedia- Messaging (MMS) viel alten Wein in neuen Schläuchen.

Bildhübsche Mädchen in knapper roter Bekleidung, Bühnenaufbauten im Düsseldorfer Kunstpalast, Teleprompter, Videoeinspielungen und eine Bluebox für Fotos und Fernsehteams: Vodafone hatte einiges aufgeboten, um das neue WAP-Portal Vodafone Live und neuartige Foto-Handys professionell zu präsentieren. „Wir starten die erste Stufe der UMTS-Rakete“, so Vodafone-D2-Chef Jürgen von Kuczkowski euphorisch. Doch auch er weiß: „Die Dienste der dritten Mobilfunkgeneration basieren auf der heutigen Technik.“ Vodafone Live, das sind zunächst alte Inhalte und Technologien, die mit den neuen Multimedia Messaging Services (MMS) und einer neuen Handy-Bedienoberfläche angereichert wurden.
„Die Wachstumsfantasien im Neukundengeschäft und bei der mobilen Sprachtelefonie sind weit gehend ausgeschöpft“, glaubt der Geschäftsführungsvorsitzende. Er will den Umsatzanteil mit Daten von 15 % auf über 20 % steigern. Das versucht auch die Konkurrenz: E-Plus wirbt seit Monaten für seinen Dienst i-mode und T-Mobile glaubt an den Verbund aus Internet und Mobilfunk bei T-Motion.
Bei Vodafone Live sollen es jetzt Bundesliga-Bilder, Boxen, Formal 1, Erotik und anderes mehr auf dem Handydisplay nun richten. Während sich das von Vodafone und Vivendi betriebene WAP-Portal Vizzavi langsam auflöst, finden D2-Kunden dieselben Inhalte bei Vodafone Live wieder. Eine neue Menü-Oberfläche in Farbe, die i-mode ähnlich sieht, schafft Aufmerksamkeit.
Die von höchstens 5 % der Kunden regelmäßig genutzten WAP-Inhalte sind dieselben, manchmal durch kleine Farbfotos oder farbige Logos ergänzt. 15 Spiele, jetzt in Farbe, und 1000 Klingeltöne warten auf das Herunterladen. Das soll Umsatz bringen, denn Spiele kosten im Schnitt 3,49 €, Klingeltöne 1,79 €. Viel Geld für Mini-Dateien, die sonst für 18 Cent bis 27 Cent durchs Netz reisen würden.
Farbe und eben nicht attraktivere Inhalte, die per WAP und GPRS transportiert werden, machen Vodafone Live aus. Das zeigen auch die dazu passenden Handys: das ältere Nokia 7650, das Panasonic GD 87 und das Sharp GX10. Letztere haben eine Kamera und bessere Farbdisplays, die rund 65 000 Farbtöne darstellen. Die beide Neuen tragen deutlich sichtbar das Vodafone-Logo unter dem zweiten, hellen Außendisplay.
Alle drei Handys werden für 248 € bis 299 € (plus Vertrag) mit aufgedruckten Vodafone-Logos und einer eigenen Bedienoberfläche verkauft. Das erleichtert und provoziert wie bei dem bisher einzigen i-mode-Handy von E-Plus den direkten Zugriff auf die WAP-Angebote und E-Mails.
Weil diese Vodafone-Oberfläche nicht alle Funktionen des Handys umfasst, ist der Versand von SMS und MMS in den Tiefen des eigentlichen Menüs versteckt.
Das wirklich auf Knopfdruck geschossene Selbstporträt konnten auch erfahrene Handy-Nutzer trotz langwieriger Recherchen in Handy und Handbuch nicht verschicken, weil die nahe liegende Verbindung zwischen Fotografieren und MMS-Versand fehlt. Ob das allerdings den Erfolg bei dem auf „Youngsters“ und „Young Professionals“ ausgerichteten Angebot trübt, ist fraglich. Denn der Unterhaltungswert von Fotos, die mit Tönen und Texten an andere MMS-Handys und E-Mail-Adressen gesandt werden können, ist hoch. Ein Grund, warum Vodafone-Manager damit rechnen, bereits im Weihnachtsgeschäft 100 000 Vodafone-live-Modelle zu verkaufen.
Spannend wird vor allem die Frage, ob die Marke Vodafone die Handy-Marke in den Hintergrund drängen kann. Schließlich hat der zweitgrößte Mobilfunkbetreiber in Deutschland vor allem eins im Sinn: Kundenbindung und das mit allen technischen Tricks. Ein Vodafone-Handy lässt sich nur mit größter Mühe zur Verwendung in anderen Netzen umrüsten. Lediglich SMS und Sprache funktionieren mit fremden SIM-Karten problemlos. Doch diese rabiate Form der Kundenbindung hält auch bei anderen Anbietern zunehmend Einzug. F. WEIDELICH

Ein Beitrag von:

  • Friedhelm Weidelich

    Technikjournalist Friedhelm Weidelich schreibt seit vielen Jahren über Verkehrsinfrastruktur, Eisenbahnen und Fahrzeugbau für verschiedene überregionale Zeitungen, Online-Medien und Fachmagazine.

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