Die heimlichen UMTS-Gewinner
Im Geschäft mit der künftigen Mobilfunktechnik UMTS wird schon jetzt der Kuchen verteilt. Da überall neue Netze aufgebaut werden, zählen Hersteller wie Nokia, Siemens, Alcatel & Co. auf jeden Fall zu den Gewinnern.
Eng ist es im Lastwagen von Siemens, der über zwei Wochen lang die UMTS-Auktion begleitete. Hier haben Techniker aus München ein komplettes Universal Mobile Telecommunication System (UMTS) en Miniature aufgebaut: Kontrollzentrum, Basisstation, Mobiltelefon.
Die dritte Mobilfunkgeneration ist ein Zukunftsprojekt, das wird an kaum einem anderen Ort deutlicher als hier, wo allein der Prototyp des Telefons noch immer die Dimensionen eines Computerbildschirms einnimmt. Offensichtlich, dass es noch ein, zwei Jahre dauert, bis daraus ein Handy für die Westentasche wird. „Bei der Einführung von UMTS werden auch Funkteil und Controller viel kleiner sein“, verspricht Manfred Gailberger, Nachrichtentechniker bei Siemens, und verrät: „Auf der Luftschnittstelle bringen wir es zurzeit auf 128 kbit/s.“ Von den geplanten Geschwindigkeiten von 2 Mbit/s ist man also bei diesem ersten System noch reichlich entfernt. Aber immerhin: es funktioniert.
Auch Kurt Wagenlehner, Leiter Business Development UMTS Terminals bei Siemens, weiß: „Noch immer gibt es Unklarheiten beim Standard.“ Allein das jüngste Release der Standardisierungsgremien beinhalte 800 Änderungswünsche. Die Mehrzahl davon seien winzige Details, die nicht unbedingt für den eigentlichen Betrieb vonnöten sind. Aber auch technischer Feinschliff wie der Stromsparmodus der Geräte beschäftigt die Normungsgremien noch.
Doch die Münchener sind optimistisch: Sie werden vom dicken UMTS-Infrastruktur-Kuchen gemeinsam mit dem japanischen Telekommunikationsriesen NEC profitieren. Und diesmal ist Siemens auch frühzeitig auf die kommende Handy-Generation vorbereitet, wie Dummys zeigen.
Von dem Aufbau des UMTS-Netzes in Deutschland werden vor allem Netzausstatter und Handy-Hersteller profitieren. „Die ersten, die an dem Mobilfunk der dritten Generation verdienen, sind die Unternehmen, die das Netz installieren“, so Jörg Forthmann von der Unternehmensberatung Mummert & Partner. Die Berater rechnen mit Kosten von 25 bis 50 Mrd. DM für die neue Infrastruktur hierzulande.
Die Mobilfunktechnik der dritten Generation erfordere komplett neue Netze mit Antennen und Basisstationen, erklärte der Geschäftsführer des Fachverbandes Kommunikation im ZVEI, Gerhard Tamm. Die Hersteller der Anlagen rechneten dementsprechend mit einer guten Auftragslage. Angesichts der Rekordgebote bei der Auktion werde allerdings befürchtet, dass die Mobilfunkgesellschaften nicht mehr viel in den Ausbau investieren wollten.
Die Strategen bei Alcatel scheint das bislang nicht zu schrecken. „Wir wollen 20 % vom weltweiten UMTS-Markt“, heißt es. Dafür wird auch mit einem japanischen Unternehmen, nämlich Fujitsu, kooperiert. Schließlich gelten die Asiaten in Teilbereichen des UMTS-Standards als führend, werden die Technik in leicht abgewandelter Form bereits ein Jahr vor den Europäern einführen. Fujitsu hat im Auftrag von NTT Docomo, dem japanischen Mobilfunkriesen, den weltweit ersten Wirkbetrieb aufgebaut. Fünf Firmen hat Alcatel gekauft, mehrheitlich Funkspezialisten. 100 000 Menschen arbeiten bei den Franzosen an UMTS.
Als größte Konkurrenten bezeichnet Kaspar Dütting, Regulierungsexperte bei Alcatel, die zwei skandinavischen Wettbewerber Nokia und Ercisson. Die Finnen können bereits erste Verkaufserfolge mit der dritten Mobilfunkgeneration aufweisen. So wurde ihr System bereits an Viag Interkom für Liechtenstein verkauft und auch nach Asien an den Betreiber Starhub.
Sogar auf finanzielle Engpässe der Netzbetreiber ist der größte Hersteller der Mobilfunkbranche eingestellt. Christian Eisner, Head of Trade and Project Financing: „Nokia ist darauf vorbereitet, die Netzbetreiber bei der Finanzierung zu unterstützen. Insbesondere in der Anfangsphase der Projekte, in der wegen der hohen Lizenzgebühr besondere Anforderungen an Finanzmittel gestellt werden. Diese Unterstützung kann in Form von kurz- bis mittelfristigen Krediten oder Garantien gegeben werden.“
Bei Ericsson ist man sich sicher, dass die hohen Kosten für UMTS ein sehr schnelles Netzwerk-Roll-out erzwingen. Speziell die Neueinsteiger wie Mobilcom würden versuchen, schnell eine Infrastruktur aufzubauen, um darüber einen schnelleren Return of Investment zu erreichen. Die Anforderungen der Regulierungsbehörde halten die Schweden dagegen für konservativ. Danach müssen Lizenznehmer Ende 2003 ein Viertel, Ende 2005 die Hälfte der Bevölkerung netztechnisch versorgen können.
„UMTS ist keine Option für Netzbetreiber, sondern eine Notwendigkeit“, so formulierte es kürzlich Andreas Wild, Chef der Ericsson Consulting, Düsseldorf. Mit dem heute verfügbaren Spektrum seien breitbandige Dienste für den Massenmarkt nicht zu realisieren. UMTS-Lizenzen seien dafür unverzichtbar. In einer Studie haben von den Düsseldorfern befragte Unternehmen auch die mobilen Anwendungen mit dem höchsten Potenzial gekürt. M-Commerce (84 %) und Telematik (82 %) führen da vor Nachrichten (76 %), Unified Messaging (66 %), E-Cash (60 %) und Video (58 %).
„Viele der künftigen UMTS-Dienste können sich die Menschen heute noch nicht vorstellen“, weiß auch Alcatel-Experte Dütting. Fest stehe nur, dass die Services intelligenter werden, indem sie z. B. die Lokalisierung der Mobiltelefonierer integrieren. Gerne lässt er seine Fantasie spielen: „Stellen Sie sich vor, Autofirmen überwachen per UMTS, wann Bremsbelege gewechselt werden müssen.“ Oder: „Sie haben den Schlüssel verloren. Mit Hilfe intelligenter Mobilfunktechnik könnte Ihnen geholfen werden – bis hin zum eigentlichen Aufschließen der Tür“, da ist sich Dütting sicher. REGINE BÖNSCH
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