Chancen und Risiken integrierter Software
VDI nachrichten, Karlsruhe, 10. 11. 06, ciu – Warum die Software-Integration wichtig ist und welche Hürden sie mit sich bringt, weiß Hubert B. Keller vom Institut für Angewandte Informatik am Forschungszentrum Karlsruhe.
Software ist für Hubert Keller ein „wesentlicher Mehrwertfaktor“ in vielen Industriebranchen. Als Beispiele nennt er Laserschneidmaschinen mit extrem schneller und hochgenauer Führung, Automatikgetriebe, die sich auf Fahrergewohnheiten einstellen, spanbearbeitende Maschinen mit kompletter Revolversteuerung oder Sensorik, durch die in Echtzeit gemessen und direkt in Prozesse eingegriffen wird. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass dies auch zu einer erhöhten Fehlerhäufigkeit geführt hat.
Keller stellt fest: „Durch Verwendung von Komponenten mit ,Intelligenz“, also einem eigenen Prozessor, erhöht sich die Zahl der Softwarekomponenten. Die Fehlermöglichkeiten explodieren allerdings, da durch die Vernetzung sowohl funktionale Fehler, aber auch zeitlogische Fehler in der gegenseitigen Kommunikation drastisch zunehmen.“
Darauf müssen die Verantwortlichen eingehen. „Es muss kaufmännisch akzeptiert und technisch umgesetzt werden, dass zukünftig zu der eigentlichen Funktionalität einer Softwarekomponente ein erheblicher Aufwand gleichzeitig zur Umfeldabsicherung der Funktion durch Überwachung, Ausfallredundanz, Diagnose dazukommen muss“, mahnt er.
Die Zunahme der Fehlerhäufigkeiten liegt für ihn zudem darin begründet, dass Software nicht in dem Maße be-greifbar ist wie ein Maschinenteil und sich somit deutlich von klassischen Ingenieurprodukten unterscheide. Allerdings: „Software kann heute nicht fehlerfrei, aber sehr wohl fehlerarm und fehlerrobust hergestellt werden“, ist der Experte überzeugt. Hierzu müsse Software als Produkt erkannt und in seinen spezifischen Eigenheiten wahrgenommen werden. So sei ein entsprechender Prozess zu definieren, um das Softwareprodukt methodisch ausgereift herzustellen. Keller: „Es gibt einzelne Firmen, welche begonnen haben Software als Produkt zu behandeln – mit Erfolg.“
Keller benennt kritische Stellen: „Redundanz oder Robustheit wird oft aus Kostengründen massiv reduziert.“ Treten funktionale Fehler auf, seien diese nicht nachvollziehbar, da die Auftretenssituation nicht verfügbar ist. Zukünftig kämen durch die Vernetzung und Offenheit der Software auch Sicherheitsprobleme hinzu.
Sein Fazit lautet deshalb: „Es ist nach wie vor schwierig, die Softwareentwicklung der Informatikwelt mit der Systementwicklung der Ingenieure zu vernetzen.“ Dennoch könne mit dem vorhanden Instrumentarium die Fehlerzahl um den Faktor 10 reduziert werden. „Mit merklichem, aber gerechtfertigtem Aufwand auch um den Faktor 100 – damit kämen wir in der Software in die gleichen Dimensionen wie in mechanischen Systemen“, zeigt sich der Experte überzeugt. CIU
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