CeBIT 2013: IT-Branche lädt Industrie zur Traumhochzeit
„Der IT-Branche geht es gut.“ Dieser Satz von Microsofts Deutschland-Chef Christian P. Illek steht wie ein Leitmotto über der diesjährigen CeBIT. Denn die Branche rechnet mit solidem Wachstum. Sie umwirbt die Fertigungsindustrie mit ihrem Trend zur Industrie 4.0.

Schwindelerregend: Die weltgrößte Computermesse CeBIT – gezoomt.
Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Angela Merkel zählt zu den treuesten Besucherinnen der CeBIT. Mit Begeisterung lässt sich die Bundeskanzlerin an den Messeständen der IT- und Telekommunikationsunternehmen die neuesten Produkte zeigen: ob es sich dabei um das frische Tablet aus dem Hause Microsoft, ein neues Einkaufskonzept bei Vodafone oder IT-Feinheiten der polnischen Gäste handelt. Und vielleicht ist ja auch ihr kommendes Smartphone dabei …
Auch wenn die Zahlen zurückgegangen sind – mit mehr als 4000 Ausstellern aus 70 Ländern bleibt die CeBIT weiterhin bedeutendste IT- und Telekommunikationsmesse (ITK) der Welt. „Die CeBIT hat überragende Bedeutung, sie ist unsere Leitmesse“, erklärte Dieter Kempf, Präsident des Branchenverbands Bitkom.
Branche erwartet 2013 mehr als 153 Mrd. € Umsatz – ein Plus von 1,4 %
„Der IT-Branche geht es gut.“ Dieser Satz von Microsofts Deutschland-Chef Christian P. Illek steht wie ein Leitmotto über der diesjährigen CeBIT. Auf über 153 Mrd. € werden die Umsätze hierzulande im Jahr 2013 anwachsen. Mit 1,4 % wächst dieser Industriezweig erneut deutlich schneller als die Gesamtwirtschaft (0,8 %).
„Etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes dieser Branche wird inzwischen mit Telekommunikation gemacht“, sagte Kempf. Der Smart-
phone-Boom und die Onlinegewohnheiten der Nutzer hätten den Wandel herbeigeführt. Die weiteren Umsätze entfallen auf die IT-Industrie mit dem Riesenzugpferd Cloud-Computing. Kempf: „In diesem Jahr erwarten wir einen Umsatzanstieg allein bei Businesslösungen um 53 % auf 4,6 Mrd. €, in drei Jahren werden es den Prognosen zufolge bereits 13,7 Mrd. € sein.“
Dennoch warnte die Kanzlerin auf der Eröffnung davor, dass die hiesige IT-Branche im weltweiten Wettbewerb zurückfallen könnte. Diese Entwicklung drohe, wenn es keinen neuen Gründungsboom gebe. „Wir müssen aufpassen, dass wir eine wirkliche Gründungskultur entwickeln“, mahnte Merkel und meinte damit ganz Europa.
Nach wie vor fehle eine klare Antwort, woher das Wachstum kommen solle, das die EU-Staaten wieder aus der Krise führe. „Allein durch Automobile und Maschinenbau wächst Europa nicht.“ Eine junge IT-Industrie könne dieses Wachstum bringen.
Jede Menge offene Stellen für Softwarespezialisten
Die Branche zeigt sich immer deutlicher als Jobmotor: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Informatiker befand sich mit über 191.000 im Jahr 2011 in Deutschland auf Rekordniveau – und ein Ende dieses kontinuierlichen Anstiegs ist nach Ansicht von Ina Kayser, Arbeitsmarktexpertin beim VDI, nicht in Sicht.
Nach Angaben des VDI kommen derzeit auf jeden arbeitslosen Informatiker in Deutschland 3,7 zu besetzende Stellen. Insgesamt seien im Dezember fast 20.500 Jobs für Softwarespezialisten offen gewesen, im Gesamtjahr habe der Wert ständig über 20 000 gelegen.
Jobsuche für Ingenieure
Big Data, Machine-to-Machine-Kommunikation, das Internet der Dinge, Industrie 4.0 – die großen Reizthemen der Messe machen eines deutlich: Die Fertigungsindustrie und die ITK-Branche umgarnen einander wie Brautleute. Das zeigen die Aussteller in Hannover – von Deutsche Telekom bis SAP.
Schon heute hätten mehr als zwei Drittel aller ITK-Unternehmen mit Industriekunden zu tun, erklärte Martina Koederitz, IBM Deutschland-Chefin und Präsidiumsmitglied des Bitkom. „Industrie 4.0 wird in den nächsten Jahren zu einem der größten Umsatzbringer.“ Als Beispiel aus dem eigenen Haus nennt Koederitz eine Walzstraßensteuerung nebst Auftragsmanagement, die IBM für ein Stahlwerk entwickelte.
Vodafone und Deutsche Telekom bestücken Automobile und Windkraftanlagen mit mobilen Kommunikationsmodulen. SAP und andere Anbieter fordern mittelständische Maschinenbauer zu konkreten Kooperationen auf.
Vierte industrielle Revolution als Herausforderung
Im internationalen Vergleich werde Deutschland um seine starke Industrie beneidet, erklärte Koederitz. Dies sei der ideale Ausgangspunkt für die vierte industrielle Revolution. „Ob sie auch wirklich gelingt, ist die epochale Herausforderung für die deutsche Wirtschaft“, sagte die IBM-Managerin.
Und ihre Forderung klingt ähnlich wie die der Kanzlerin: „Wir brauchen ein breitbandiges Netz in der Fläche. Unternehmen müssen auch in Vorpommern und auf der Alb erreichbar sein.“ Merkel nutzte die Messe, um öffentlich die Bundesnetzagentur aufzufordern, die Anträge für den Ausbau superschneller Breitbandverbindungen rascher zu bearbeiten. Der Antragsstau für die Anbindung moderner Mobilfunktechnologien müsse schnell beseitigt werden.
Dabei dürften ihr viele zustimmen. Ob das aus Sicht der Messeveranstalter für eine weitere Anregung der Kanzlerin auch gilt? Merkel erinnerte an die Geburt der CeBIT als ehemaliger Teil der Hannover Messe. Vielleicht nähere sich die IT- und Telekommunikationsmesse in den nächsten Jahren wieder deutlicher der Industriemesse an. Eine gemeinsame Messe wäre dann der Schauplatz für eine Traumhochzeit.