Ziel: „Gebäudesicherheit als Teil der Gebäudeautomation“
Sicherheit und Automation sind kommende TGA-Aufgaben. In Wiesbaden betonten Referenten einer VDI-Tagung die Vorteile der Integration der Elektrotechnik in die Gebäudetechnik.
Systeme aus den Bereichen Gebäudesicherheit und Gebäudeautomation lassen sich in verschiedenen technischen Gewerken mit der übrigen Elektrotechnik verknüpfen. Die Vorteile einer solchen interdisziplinären Verbindung wurden am 27. Januar auf der VDI-Tagung „Gebäudesicherheit und Gebäudeautomation“ in Wiesbaden diskutiert. Mit der Schaffung und Integration neuer Netzstrukturen ließen sich – so die Fachleute auf der Tagung – neue Wege schaffen, multifunktionale und einheitliche Gesamtsysteme bilden. Bei der Veranstaltung handelte es sich um die erste Fachtagung innerhalb der neuen Tagungsreihe „Elektrotechnik in der Technischen Gebäudeausrüstung“ der VDI-Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung (TGA).
Am Beispiel des Büroneubaus der UBS Bank in Suglio (Schweiz), dem bedeutenden Energie- und Ökologiemusterhaus im Tessin stellte Dipl.-Ing. Martin Bänninger, Leiter des Energiemanagements der UBS Zürich, den „Stand der Technik“ anderer Gebäude in Frage. “ Erfüllen heute noch die Hersteller die Anforderungen des Betreibers und Benutzers?“, fragte er provokativ. Auch suche er vergebens neue Standards in der TGA , die von der Bürokommunikation ausgingen. Überdies vermute er , dass die TGA zu weit von den technologischen IT-Möglichkeiten entfernt sei. Des weiteren vermisse er die Nutzung gewerkeüberschreitender Fachkoordinatoren und den Gebrauch von Internet/Intranet zur Kommunikation.
Mit 1530 m2 Solarfläche verfügt das neue UBS-Bankgebäude über die größte gebäude- integrierte Photovoltaikanlagen in der Schweiz, ausgezeichnet mit dem Schweizer und Europäischen Solarstrompreis 1998. Der spätere Einbau einer Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) mit der innovativen Brennstoffzellen-Technologie – gedacht ist an Solid-Oxid-Fuel-Cell (SOFC) – stellt demnächst weitere hohe Anforderungen an die integrale Gebäudeautomation und das Energiemanagement. Das gleiche gilt für das vorgesehene Fassaden-Beschattungskonzept, die umfangreiche Regenwasser-Nutzung, die hohen Sicherheitsanforderungen für das Bankgebäude und die Klimatisierung, die einem hohen ökologischen Anspruch gerecht wird.
Das vorgestellte Beispiel des 1998 bezogenen Neubaus in Suglio zeigt aber, welche Erfolge bei der Optimierung der Gesamtkosten einer Immobilie erreichbar sind , wenn bei der heutigen raschen technologischen Entwicklung bereits in der Vorplanungsphase ein intensiver Dialog zwischen Bauherrn, Planern und Lieferanten stattfindet. „Nach zweijähriger Betriebszeit zeigen die Ergebnisse, die Erwartungen wurden hinsichtlich der Reduzierung von Energie-und Betriebskosten voll erfüllt,“urteilt Bänniger. Die installierte Gebäudeautomationsanlage liefere neben allgemeinen meteorologischen Daten tagesaktuell auch sämtliche Messwerte der Photovoltaikanlagen im Internet (www.suglio.ch) – ein einfaches Beispiel dafür was heute Kommunikation leisten könne. Die Integration und Kommunikation seien hier „vorbildlich gelungen“.
Einen Lösungsansatz für die Einbindung sicherheitstechnischer Aufgaben in ein ganzheitliches Gebäudeautomationssystem beschrieben Dipl.-Ing. Edwin Hadré und Heinz Theo Sandkaulen. Unter anderm schilderten sie, wie sie mit Hilfe der Gebäudeautomation einen betriebswirtschaftlichen Nutzen an der Universitätsklinik der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf erzielt haben.
Bernd Prause stellte die Frage : „Wo bleibt die Integration und welche Interessenskonflikte bringt die heutige Marksituation bei Veränderung der Integrationstiefe?“ Ein Fallbeispiel für eine Vollintegration von Sicherheits-, Kommunikations- und Haustechnikanlagen in ein übergeordnetes Gebäudemanagement-System in einem Bürogebäude mit hohen Sicherheitsanforderungen servierte in diesem Zusammenhang Dipl.-Ing. Volkmar Iro, Marketing-Berater für Telekommunikation. Mit der Schaffung und Integration neuer Netzstrukturen, sowie elektronischer und digitaler Vernetzungsbausteine wurden in der Tat neue Wege geschaffen, multifunktionale und einheitliche Gesamtsysteme zu bilden. „Mit der neuen Richtlinie 6010 wurde ein Instrument geschaffen, das für die Zukunft des neuen Marktsegments Gebäudemanagement-Systeme von großer Bedeutung ist,“ so Iro auf der Tagung. In diesem Beispiel wurde für die Realisierung eine Client-Server-Architektur, CETEC PRISMA 7.0 eingesetzt.
Dipl.-Ing. Hans Kranz, Manager für Marketing und Normung der Siemens Building Technologies in Zug und stellvertretender Obmann der VDI-TGA Arbeitsgruppe „Elektrotechnik“, schilderte in seinem Referat die Integration gebäudetechnischer Spezialsysteme und ging auch auf die rechtlichen Aspekte bei Meldungsversagen, Fehlfunktionen und sonstigen Fragen zur Haftung der daraus resultierenden Schäden ein. Es handele sich hier nicht zuletzt auch um Produkthaftung, betonte Kranz. Eine Schadenersatzpflicht gegenüber dem Auftraggeber könne sich sowohl aus der deliktischen Produkthaftung nach §823 Abs.1 BGB (verschuldensabhängig) als auch aus dem Produkthaftungsgesetz (verschuldensunabhängig) ergeben.
Offen bleibt jedoch häufig die Frage der exakten Zuordnung des Verursachers. Dazu meint Kranz: „Ein Fremdsystem kann eine unbegrenzte Quelle von Störungs-Potentialen sein. Eine Kombination oder Integration von Sicherungs- und Meldeanlagen mit anderen Systemen ist erst dann akzeptierbar, wenn alle Fremdeinflüsse auf die Gefahrenmeldetechnik rückverfolgbar, nachweisbar und dokumentierbar sind.“ Schließlich gehe es hierbei um die höchsten Rechtsgüter wie Leib und Leben , abgesehen von eventuell sehr hohen materiellen Schäden.
Den Nutzen der Systemintegration im Spannungsfeld von Gebäudesicherheit und Gebäudeautomation aus der Sicht eines Systemherstellers beschrieb Dipl.-Ing. Rolf Merz, General-Manager für das System- und Servicegeschäft der Johnson Controls Regelungstechnik in Essen. Seine Feststellung: „In einem komplexen Gebäude können eine Vielzahl voneinander unabhängiger Gewerke errichtet und betrieben werden.“ Wettbewerbsfähige Gebäude zeichneten sich nicht nur aus durch Wirtschaftlichkeit, Flexibilität und Anbindung der Facility Management Systeme an die Gebäudeautomationsstation, sondern steuerten und regelten diese über leistungsstarke Systeme die Gebäude-, Sicherheits-, Licht- und Versorgungstechnik. Dabei solle dem Nutzer seine größtmögliche Leistungsfähigkeit bei thermischer, akustischer und visueller Behaglichkeit bei gleichzeitig vertretbaren, wirtschaftlichen Investitions- und Betriebskosten geboten werden.
Fazit dieser Veranstaltung: Der lang ersehnte Wunschtraum aller am Baubeteiligten für eine Integration aller Gewerke ist zwar heute in vielen Fällen noch keine Wirklichkeit, dennoch scheint das Ziel in nicht allzu ferner Zukunft erreichbar zu sein. Für die Sicherheitstechnik gibt es vorerst noch keine standardisierten Kommunikationsprotokolle. Herstellerneutrale und genormte Kommunikations-Schnittstellen – wie bei der Gebäudeautomation üblich- sind für die professionelle Gebäudesicherheit noch ein Problem. Inzwischen hat sich aber der Verband der Schadenversicherer (VdS) dem Problem geöffnet. Eine Publikation zum Thema „Integrierte Gefahrenmeldeanlagen“ stehe so – der VdS – kurz vor der Veröffentlichung. Damit könnte eine heute noch vielfach vorhandene Hürde genommen sein.
Unter der wissenschaftlichen Tagungsleitung von Dr.-Ing. Jürgen Tenhumberg, Professor an der Fachhochschule Trier, wurden auf der VDI-Tagung auch zwei neue VDI-Richtlinien der Fachöffentlichkeit vorgestellt: Hierbei handelt es sich um die VDI 3814-Blatt 5: Gebäudeautomation- Hinweise zur Anbindung von Fremdsystemen durch Kommunikationsprotokolle und die VDI 6010-Blatt 1: Sicherheitstechnische Einrichtungen- Funktionalität von systemübergreifenden Schnittstellen als Entwurf. HERMANN-GEORG OPALKA/E.W.
Heftige Statements brachten die Diskussion in Schwung. Hier Tagungs- leiter Jürgen Tenhumberg. Energiemusterhaus im Tessin: Im Schatten des Bürogebäudes der UBS-Bank in Suglio (Schweiz) sehe – so ein Fachmann auf der VDI-Tagung – mancher Neubau alt aus.
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