Frischluftzufuhr auf Knopfdruck
Bei unkontrollierter Fensterlüftung entweicht zu viel der teuren Kühle oder Wärme aus den Wohnungen.
Klimatisierte Verwaltungsbauten bieten schon lange keine Fenster mehr, die geöffnet werden können. Lufttechnische Anlagen besorgen den Nachschub für die Atemluft. Nicht zuletzt wegen der dramatischen Energieverteuerung macht diese Entwicklung auch vor allgemeinem Wohnungsbau nicht mehr halt, denn das Öffnen der Fenster lässt im Sommer zu viel Hitze, im Winter zu viel Kälte in die Wohnung. Mechanische Lüftungssysteme werden deshalb in absehbarer Zukunft vermehrt auch im Wohnbereich anzutreffen sein, wobei zwischen zentralen und dezentralen Systemen zu unterscheiden ist. Weitere Unterscheidungsmerkmale: Anlagen mit und ohne Wärmerückgewinnung sowie mit und ohne Aufbereitung von Kühle.
Gute Luft in geschlossenen Räumen gilt als selbstverständlich für unser Wohlbefinden. Dieser Anspruch erfordert in Häusern jedoch mehr Lüftungsmaßnahmen, als vielen bewusst ist: Jeder Mensch atmet täglich rund 20 000 l Luft ein und aus und benötigt stündlich 30 m³ Frischluft. Der entsprechende Luftaustausch in einer Wohnung mit Fensterlüftung erfordert somit alle zwei Stunden eine Querlüftung für die Dauer von fünf Minuten.
Das vergeude bei heutigen Preisen einfach zu viel Energie, warnt in Berlin die Deutsche Energie-Agentur (Dena). Durch die Fensterlüftung werde die Temperaturkonstanz im Raum beseitigt, wobei die Zimmertemperatur nach dem Lüften wieder auf ein komfortables Niveau gebracht werden müsse. Bei heutigen Ansprüchen an die Gebäudehülle käme man ohne aktive Lüftung nicht mehr aus, wolle man den bauphysikalischen Gewinn durch ständiges Fensteröffnen nicht ad absurdum führen.
Doch aus Gründen der Gesundheit, des Wohlbefindens und auch des Bautenschutzes muss Lüften sein. „Bei wärmegedämmten Bauten mit dichter Außenhülle führt mangelndes Lüften schnell zu hoher Luftfeuchtigkeit,“ weiß in Bietigheim-Bissingen das Fachinstitut Gebäude-Klima (FGK). Feuchte Luft sei in der Wohnung ein Nährboden für Milben und Schimmelpilze.
„Eine Lösung der Lüftungsprobleme im gedämmten Haus bietet der Einsatz einer geregelten Wohnungslüftung,“ betont das FGK. Diese reguliere in der Wohnung automatisch die Luftqualität und sorge für ein durchgehend angenehmes und gesundes Raumklima, da Feuchtigkeit, CO2-Konzentration und sonstige Schadstoffe in der Luft kontinuierlich abgeführt würden.
Einige Niedrigenergiehäuser verfügen bereits heute über ein Lüftungssystem, das Zu- und Fortluft selbsttätig reguliert. Dabei wird die verbrauchte Luft den Räumen entzogen und durch frische ersetzt. Dies kann durch eine einfache Abluftanlage erfolgen oder durch Einsatz eines Zu- und Abluftsystems mit zusätzlicher Wärmerückgewinnung. Hierbei nutzt im Winter ein Wärmetauscher die warme Abluft, um die Temperatur der Außenluft anzuheben.
Gut gedämmte Häuser können während einer langen Hitzeperiode im Sommer jedoch zur Wärmefalle werden. Denn beim Fehlen einer Anlage zum Vorkühlen der Zuluft oder durch zu häufiges Öffnen der Haustür gelangt mit der Zeit doch Wärme ins isolierte Haus, das diese speichert. Und so wirkt das Haus noch lange nach der Hitzeperiode wie eine Thermoskanne. Besitzer solcher Häuser, die ihr Heim im Winter mit einer Erdwärmepumpe beheizen, können die Anlage allerdings reversibel einsetzen und Kühle aus etwa 100 m Tiefe in das Heizverteilsystem, etwa in die Fußbodenheizung schicken.
Laut Zehnder GmbH in Lahr (Baden-Württemberg) ließe sich die Zuluft einer mechanischen Lüftung im Sommer auch vorkühlen, und zwar durch Zwischenschaltung eines Erdwärmetauschers.
Einfacher zu installieren als Systeme mit Wärmeübertragung sind die Lüftungsanlagen ohne Wärmerückgewinnung. Die Funktion des Systems: Wenn die Luft aus „Ablufträumen“ wie Bad, WC und Küche automatisch fortgeführt wird, entsteht ein leichter Unterdruck im Gebäude. Entsprechend strömt frische Luft kontrolliert ins Gebäude nach.
Bei einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung wird die Zu- und Abluft hingegen mittels Ventilatoren transportiert. Plattenwärmetauscher oder Wärmepumpen sorgen für die Wärmerückgewinnung.
Bei Passivhäusern ist die mechanische Wohnungslüftung bereits Standard. Aufgrund der „passiven Beheizung“ etwa durch Sonne, innere Wärmequellen und rückgewonnener Wärme per mechanischer Wohnungslüftung spare das Passivhaus im Vergleich zu bestehenden Wohngebäuden 90 % des Energiebedarfs ein, so Dr. Wolfgang Feist, Autor des Passivhaus-Standards und Leiter des Darmstädter Passivhaus-Instituts. Der Heizwärmebedarf eines Hauses nach seinem Standard liegt unter 15 kWh/(m²a). Dieser Wert werde – so Feist – durch intelligente Lüftungstechnik in Verbindung mit energieeffizienten Bauteilen erreicht. ELMAR WALLERANG
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