Markenimage kann man nicht kaufen
Bei Fusionen bereitet den Marketingexperten die Markentreue der Kunden und deren Affinität zu bestimmten Wettbewerbern Kopfzerbrechen. Es gibt laut einer Analyse des IfA-Instituts offensichtlich eine deutliche Aufwärts-Kompatibilität von imageschwachen zu imagestarken Marken.
Kauft VW nun BMW oder doch nicht? Steigt Toyota bei General Motors ein, oder werden Fiat und GM kooperieren? Oder wird VW doch mit Toyota..? Seit der Mammutfusion von Daimler-Benz und Chrysler dreht der Gerüchtemotor permanent im roten Bereich. Im Nebel von Gerüchten, Spekulationen und Halbwahrheiten werden potentielle Aufkäufer von gestern heute plötzlich zu Übernahmekandidaten. Nachdem sich Ford überraschend Volvo einverleibt hat, scheint nichts mehr unmöglich. Die Kooperation von Renault und Nissan muß erst Früchte tragen, wie die anderen auch, ehe man über Erfolg und Mißerfolg befinden kann. Und andere, wie Honda, Mitsubishi oder die PSA-Gruppe (Peugeot/Citroën) könnten vom Käufer zum Kaufobjekt mutieren, wird hinter vorgehaltener Hand kolportiert.
Eines der wichtigsten Kriterien bei solchen Sandkastenspielen ist zweifellos die Frage: Wer paßt am besten zu wem? Eine Kooperation zwischen Opel und Ford wäre wegen der weitgehend deckungsgleichen Modellstruktur ebenso abwegig wie die Hochzeit von Fiat und Renault(-Nissan).
Der Erwerb von Volvo durch Ford macht da wesentlich mehr Sinn: Die schwedischen Modellreihen S70/ V70 und S 80 passen im Konzern nahtlos in die Lücke zwischen Ford Mondeo und Jaguar und kollidieren auch nicht mit dem gleichfalls zum Ford-Portefeuille gehörenden Mazda-Modellprogramm, sieht man mal von den in Deutschland kaum verkauften Nobelmodellen der Mazda Xedos-Baureihe ab. Erhebliche Überschneidungen gibt es allerdings zwischen Volvo S40/V40 und Fords Volumenmodell Mondeo. Da beide in derselben Preis- und Größenklasse antreten, hat der Mondeo aufgrund seiner ungleich höheren Stückzahlen zweifellos die besseren Überlebenschancen.
Kopfzerbrechen dürfte den Marketingexperten allerdings die unterschiedliche Markentreue und Affinität zu bestimmten Wettbewerbern bereiten. Das Essener IfA-Institut für Automobilmarktforschung und Kommunikation hat in seiner jüngsten Repräsentativbefragung von Autofahrern dieses Problem näher untersucht. Das Ergebnis überrascht nicht: Potentielle Volvo-Käufer sehen mögliche Alternativen viel eher bei VW (68 %), Audi (66 %), DaimlerChrysler (54 %) oder BMW (50 %) als bei Ford (25 %). Unter keinen Umständen in Frage käme ein Ford-Modell für 24 % der Volvo-Interessenten. Der Kauf beispielsweise eines Toyota oder eines Renault hingegen wäre nur für 7 % bzw. 9 % dieser Klientel unvorstellbar.
Umgekehrt finden Ford-Interessenten die Marke Volvo wesentlich sympathischer als beispielsweise DaimlerChrysler oder BMW. Nur 7 % würden keinesfalls einen Volvo kaufen, aber immerhin 19 % keinen Mercedes und sogar 24 % keinen BMW. Am -ausgeprägtesten ist erwartungsgemäß die Affinität zu den beiden anderen großen Herstellern VW (68 %) und Opel (60 %).
Was können Marktforscher und Werbefachleute aus der IfA-Analyse lernen? Es gibt offensichtlich eine deutliche Aufwärts-Kompatibilität von imageschwachen zu imagestarken Marken. Im Klartext: Der Ford-Käufer kann sich eher vorstellen, künftig auf einen Volvo umzusteigen als umgekehrt.
„Je weiter zwei Konzernmarken voneinander entfernt sind, um so größer wird der kommunikative Aufwand, um den vorhandenen Käuferschichten den Sinn der Fusion zu erklären“, weiß IfA-Geschäftsführer Andreas Bremer. Zumindest in Deutschland sei es daher sinnvoll, nach erfolgten Unternehmenszusammenschlüssen weiterhin getrennte Vertriebsnetze beizubehalten, um Imageschäden zu vermeiden. Dieser Erkenntnis gehorcht offenbar auch der VW-Konzern bei der gegenwärtigen Neustrukturierung seines Händlernetzes: Die Tophändler werden die Premiummarke Audi künftig räumlich streng von der Dutzendware VW anbieten.
Mehr als zwei Drittel der Volvo-Käufer können sich gut vorstellen, einen VW oder Audi zu kaufen. Für 24 % der Volvo-Fahrer hingegen käme ein Ford nicht in Betracht.
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