Für ihr Auto tun die Männer alles
Männer wissen nicht, wo zu Hause der Wischeimer steht, aber sie pflegen mit Hingabe ihr Auto. Das Rheinische Industriemuseum zeigt Fotos dieser deutschen Liebe.
Mit ihren Fotografien bestätigt Brigitte Kraemer gängige Klischees: das Auto als Statussymbol, als Kult- und Lustobjekt oder als technisches Spielzeug von Männern. Aber Klischees bestätigen eben manchmal doch die Wirklichkeit. Die Pflege des Autos beispielsweise ist weiterhin in Männerhand, hat Kraemer beobachtet: „Da wird poliert, gewienert und gewischt. Da sind die Männer ganz besonders ordentlich. Bei dem einen oder anderen habe ich gedacht, zu Hause weiß der wahrscheinlich nicht, wo der Wischeimer steht.“
Ein Teil der älteren Schwarz-weiß-Bilder erschien, mit Texten von Elke Heidenreich unterlegt, bereits im „Stern“. „So bin ich überhaupt zum Thema gekommen. Und damals durfte ich ja noch entscheiden, ob ich das von mir geliebte Schwarz-weiß-Format oder Farbe wähle. Heute werden ja leider nur noch Farbfotos gedruckt“, bedauert Kraemer.
Ihre Motive fand sie meist im Alltag des Ruhrgebietes: Auf Straßen und Parkplätzen, der Essener Auto-Messe oder – besonders ergiebig – beim Tag der offenen Tür eines Herstellers von Autozubehör in Bochum-Wattenscheid. „Da gibt es alles zu sehen, was man für das Auto gebrauchen kann, aber eigentlich nicht braucht, schließlich ist das Auto ja komplett, wenn man es kauft“.
Zwei solcher „Teile“ hat sie als zusätzliche Exponate in die Ausstellung mit einbezogen: ein Pedal-Set und ein Auspuffendrohr. Zu solch einem Event gehört aber auch die Kombination von Auto und Erotik, oder, was Männer dafür halten. Ein Foto zeigt einige von ihnen, wie sie mit großen Augen einer Stripperin auf der Bühne zwischen Autozubehör zusehen. „Dann werden ja auch diese Damen auf den Kotflügeln präsentiert, und die Männer können sich gleich mit zwei von ihnen fotografieren lassen, um ein Foto für das Portemonnaie zu haben“, erinnert sich die 1954 geborene Fotografin und studierte Diplom-Designerin, die das zu ihrer Kunst notwendige Handwerk auf der Folkwang-Hochschule in Essen gelernt hat.
Brigitte Kraemer gehört zu den Fotografen, die nicht mit großer Ausrüstung, sondern mit kleiner Handkamera – ganz unscheinbar – unterwegs sind, um Alltagsszenen einzufangen. Haben sich die Männer mit ihren Autos denn gerne fotografieren lassen? „Bei ganz vielen habe ich im Vorbeigehen fotografiert. Die habe ich gar nicht weiter gestört,“ ist sich Kraemer sicher. In anderen Fällen hat sie ihr Anliegen „etwas umschrieben“, indem sie erklärte, sie würde sich gerade mit Autos beschäftigen, ob sie wohl ein paar Aufnahmen machen könne. Das wiegte die Männer meist in Sicherheit.
Bei den so festgehaltenen Szenen hätte wohl ein Laie vor Lachen manchmal nicht die Kamera halten können, aber Brigitte Kraemer war von dem jeweiligen Bild so fasziniert, dass sie gar nicht ans Lachen dachte. „Ich könnte das auch gar nicht nachstellen oder inszenieren, da reicht die Kreativität gar nicht, weil das Leben viel interessanter ist.“ Einige von den porträtierten Männern gehören wahrscheinlich einer aussterbenden Spezies an. So wird es nicht mehr lange diese Autobastler geben, die alles am Auto selbst reparieren, denn moderne Autos mit ihrer Elektronik lassen das oft gar nicht mehr zu.
Die Liebe zum Auto verbindet Jung und Alt, Reich und Arm. Während Oldtimer-Liebhaber schon über einige finanzielle Mittel verfügen müssen, um ihrem Hobby frönen zu können, begnügen sich andere mit ferngesteuerten Miniatur-Rennautos für wenige 1000 DM, die sie am Wochenende auf Parkplätzen im Kreis fahren lassen. Und junge Männer treiben sich auf Schrottplätzen herum, um billige Ersatzteile für ihre Wagen zusammenzusuchen oder lassen sich stolz bei der Neuwagenübergabe fotografieren. „Männer und Frauen gleichen sich in ihrem Verhältnis zum Auto immer mehr an“, ist Brigitte Kraemer überzeugt. Bald würden auch Frauen stärker als bisher mit ihrer Autoliebhaberei auffallen. Auf jeden Fall sei für viele Frauen das Auto längst ebenfalls zum Statussymbol geworden. MANFRED BURAZEROVIC
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