Weltmarktführer kämpft mit Fundamentschäden
Anlagen, die wie alte Zähne im Fundament wackeln, schrecken die Windbranche auf. Betroffen ist beispielsweise der Weltmarktführer Vestas. Der Bundesverband Windenergie hat eine Fragebogenaktion gestartet. Hersteller Vestas zeigt sich kulant. VDI nachrichten, Düsseldorf, 6. 2. 09, mg
So mancher Betreiber von Windkraftanlagen fragt sich inzwischen, ob die Fundamente, auf denen die teuren Anlagen 20 Jahre stehen sollen, auch so lange halten werden. Jetzt könnte eine Schadenswelle auf die Branche zurollen.
Aufgrund der Höhe der Windturbinen, ihrer Kopflastigkeit und dem damit verbundenen Hebel sind die Fundamente hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Diese werden über einen Flanschanschluss vom Turm in eine Stahlkonstruktion abgeleitet. Gelingt das nicht, sind Risse in Fundamenten, Betonabplatzungen und wackelnde Turbinen die Folge.
„In der Praxis sind einige Fundamente ziemlich kaputt“, stellt Harald Bosse, Gutachter und Projektingenieur der Windplan Bosse GmbH, fest. Er ist häufig mit dem Kernbohrgerät unterwegs, um Ursachenforschung zu betreiben. Seine bisherigen Fälle lassen mit ringförmigen Rissen, Ausbrüchen von Betonschollen oder dem Austritt von Sickerwasser nichts Gutes ahnen. „Windkraftanlagen sind Maschinen, die abgestimmte Fundamente benötigen. Es lassen sich vernünftige Tragwerke bauen, wenn die grundlegenden Bauprinzipien eingehalten werden“, findet Bosse.
Das scheint nicht immer der Fall zu sein. Über das Ausmaß der Schäden gibt es nur Spekulationen. Hersteller Vestas lässt zurzeit 1250 Maschinen der Typen V 80 und V 90 mit 2 MW prüfen. Nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie (BWE) ist ebenfalls der Hersteller GE betroffen. „Es gibt Schäden, die über das normale Maß hinausgehen. Das Problem betrifft Hersteller, Besitzer, Sachverständige, Betonbauer oder Juristen. „Wir ermitteln in alle Richtungen, holen Fachleute heran und versuchen, ein möglichst komplettes Bild zu erhalten. Bisher gibt es aber mehr Fragen als Antworten“, stellt Brar Riewerts, Vorsitzender des neuen BWE-Arbeitskreises Fundamentschäden, fest.
Wenn die zwei- bis fünfjährige Gewährleistungsfrist nicht mehr gilt, ist guter Rat teuer. „Es kommt darauf an, was in den Verträgen steht. Wurden keine besonderen Vereinbarungen getroffen, stehen Besitzer alleine vor dem Schaden. Anders sieht es aus, wenn Hersteller von Windkraftanlagen typengeprüfte Vorgaben für den Fundamentbau gemacht haben. Dann greifen sogenannte Nebenpflichten, aus denen sich Schadenersatzansprüche ableiten lassen. Die Verjährungsfrist verlängert sich mit der Schadenfeststellung um drei Jahre. Das gilt auch dann, wenn der Fundament-auftrag an Dritte vergeben wurde“, erläutert Rechtsanwältin Martina Beese.
Vielleicht ein Grund, warum der Weltmarktführer Vestas die Verantwortung für Schäden zwar zurückweist, aber mit einem kostenlosen Sanierungskonzept in die Offensive geht. Bei der laufenden Messkampagne wird der Generator auf eine Umdrehungszahl von 1800 U/min gebracht und anschließend auf Null gefahren. Durch die Bremswirkung und deren vertikale Schwingungen sollen lockere Turbinen ermittelt werden. Die Toleranz gibt Vestas mit 3 mm an. „Gibt es Schäden, folgen im Einverständnis mit dem Besitzer Kernbohrungen“, erklärt Helge Frohn, Fundamentspezialist bei Vestas.
Daran schließt sich ein dreistufiges Sanierungskonzept an. In einem ersten Schritt fiel die Wahl auf eine feinkörnige Suspension, mit der Risse und Hohlräume durch Infusionsbohrungen verschlossen werden. Reicht das nicht, tauscht Vestas den oberen Teil der Fundamente aus. In schweren Fällen wird der Turm mit Hydraulikpressen minimal angehoben, um die so entlastete Bewehrung injizieren und die Betonschicht erneuern zu können. „Vestas trägt die Kosten und bietet auf die Sanierung eine fünfjährige Garantie an“, betont Frohn. „Es musste eine Entscheidung getroffen werden. Ob die richtig war, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.“
TORSTEN THOMAS
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