Supraleiter machen Schritte nach vorn
VDI nachrichten, Düsseldorf, 28. 3. 08, mg – In den USA wird derzeit ein neuer Typ von supraleitenden Stromkabeln getestet. Sie versorgen Haushalte und Betriebe in Albany mit elektrischem Strom. Solche Leitungen könnten in wenigen Jahren preiswerter sein als Kupferkabel.
Eng wird es in den Stromleitungen von Amerikas Metropolen. Jahrzehntealte Kabelleitungen müssen ersetzt werden, ohne mehr Platz zu verbrauchen. Dies könnten supraleitende Kabel, die bei der Temperatur von flüssigem Stickstoff (minus 196 °C) Strom verlustfrei transportieren, schaffen: Bei gleichem Querschnitt transportieren sie drei- bis fünfmal mehr Strom als ein Kupferkabel. Doch die Kabel sind teuer, denn sie enthalten Silber. Eine neue Generation von supraleitenden Drähten kommt jetzt ohne das Edelmetall aus.
Das Laborstadium haben die neuen Kabel jetzt verlassen: In Albany, US-Staat New York, versorgt ein Supraleiterkabel der neuen Generation seit Anfang Januar erstmals Haushalte und Betriebe. „Es funktioniert bislang ohne Probleme“, sagt Trudy Lehner vom Hersteller Superpower aus Schenectady im US-Staat New York.
Supraleitende Kabel der ersten Generation hingegen werden schon seit Jahren innerhalb öffentlicher Netze getestet, zum Beispiel in Kopenhagen, wo seit 2002 eine Leitung des Herstellers NKT cables 150 000 Einwohner mit Strom versorgt. Die supraleitenden Drähte bestehen aus einer die Elemente Bismut, Strontium, Kalzium, Kupfer und Sauerstoff enthaltenden Keramik, kurz BSCCO genannt. Die Hersteller füllen Silberröhrchen mit pulverförmigem BSCCO und formen sie dann zu flexiblen Drähten um. Die Drähte fügen sie zu kilometerlangen Strängen zusammen. Diese kommen in eine schlauchähnliche, isolierte Ummantelung, die von flüssigem Stickstoff durchspült wird. Die Flüssigkeit sorgt für die nötige Kühlung, ohne welche die widerstandsfreie Leitfähigkeit des Kabels verloren geht. BSCCO-Drähte halten Stromdichten bis zur Größenordnung 10 000 A pro 1 cm2 Fläche aus.
Verglichen mit dem Material, aus dem die Drähte der neuen zweiten Supraleiterkabel-Generation bestehen, ist das recht bescheiden. Die YBCO genannte Keramik aus den Elementen Yttrium, Barium, Kupfer und Sauerstoff verträgt 100-mal mehr Strom pro Querschnittsfläche als BSCCO. Allerdings lassen sich YBCO-Drähte bislang nur als wenige Tausendstel mm dünne Schicht auf flexible Bänder aufbringen. Der Querschnitt dieser Bänder ist daher viel kleiner als der der BSCCO-Drähte. „Deshalb ist der kritische Strom pro Draht niedriger als bei Drähten der ersten Generation“, sagt Frank Schmidt vom Kabelhersteller Nexans. Dies lasse sich aber ausgleichen, indem man mehr Drähte in ein Kabel einbaue.
So hat Nexans ein YBCO-Kabel gebaut, das im Hannoveraner Forschungslabor des Herstellers 1800 A leitete, fast so viel wie das BSCCO-Kabel in Kopenhagen. Das Kabel in Albany führt allerdings nur 800 A Stromstärke. Außerdem ist es nur 30 m lang und Teil eines 350 m langen Supraleiter-Kabels, dessen längeres Ende aus BSCCO besteht. In den 30 m Kabel stecken 10 km YBCO-Drähte des Herstellers Superpower. „Wir können die Drähte der zweiten Generation routinemäßig in Kilometerlänge fertigen“, sagt Lehner. Aber noch ist es nicht so weit.
CHRISTIAN MEIER
Neue Kabel haben das Laborstadium verlassen
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