Photovoltaik 28.02.2003, 18:24 Uhr

Sonnenenergie steht im Schatten

Auf griechischen Inseln machen veraltete Dieselkraftwerke das Leben schwer. Hybridsysteme mit Solar-, Wind- und Dieselgeneratoren sollen Abhilfe schaffen und umweltfreundlichen Strom erzeugen.

Weit mehr als 10 Mio. Touristen zieht es jedes Jahr nach Griechenland. Antike Stätten, kristallklares Wasser, weite Strände und vor allen Dingen „Sonne satt“ sind die Attraktionen des Landes. Die jährliche Sonneneinstrahlung ist in Griechenland mit bis zu 2400 kWh pro m2 Fläche mehr als doppelt so hoch wie in den sonnigsten Regionen Deutschlands. Auf der Insel Kreta herrschen bei der Sonneneinstrahlung sogar nordafrikanische Verhältnisse. Ideale Bedingungen für den Einsatz photovoltaischer Anlagen, könnte man meinen.
Trotzdem führt die Erzeugung von Strom aus Solaranlagen im wahrsten Sinnen des Wortes ein Schattendasein. Noch nicht einmal 2 MW photovoltaische Spitzenleistung sind in Griechenland installiert – zum Vergleich: Im „sonnenschwachen“ Deutschland sind es etwa 250 MW. Eine ausufernde Bürokratie und mangelndes Umweltbewusstsein der Bevölkerung sind für die Griechen die Haupthindernisse auf dem Weg ins Photovoltaik-Zeitalter.
Diese Hemmnisse waren das Hauptthema auf der Tagung „Umweltfreundliche Energieerzeugung in Griechenland“ in Athen, die die Deutsch-Griechische Industrie- und Handelskammer, der deutsche Bundesverband Solarindustrie BSi, der VDI und VDE sowie mehrere griechische Energieverbände veranstalteten. Die Veranstaltung war mit dem Wirtschafts-Staatssekretär Rezzo Schlauch, dem griechischen Entwicklungsminister Akis Tsochatzopoulos sowie den Verbandsspitzen und Vertretern deutscher Solarunternehmen hochrangig besetzt.
Dass die Zeit für den Solarstrom gekommen ist, bestritt auf dem Symposium niemand. Beispiel: griechische Inseln. Auf den netzfernen Ferieninseln steigt der Energiebedarf in den tourismusstarken Sommermonaten auf das Zwei- bis Dreifache des Durchschnittswertes. Ausgerechnet hier sind eine Vielzahl von uralten Dieselkraftwerken in Betrieb „Viele Power-Stationen sind in der Nähe von Stränden. Sie verschmutzen das Wasser und die Luft, machen viel Lärm. Es gibt Proteste gegen diese Power-Stationen“, beschrieb George Betzios, Ingenieur bei der griechischen Elektrizitätsgesellschaft DEI, das Problem.
Abhilfe könnten Hybrid-Systeme schaffen, also Verbundsysteme aus Solar-, Wind- und Dieselgeneratoren sowie einem Batteriespeicher. Beispielgebend ist hierbei die Kycladen-Insel Kythnos. Die 2000 Einwohner haben im Winter einen Strombedarf von 300 kW bis 1000 kW. Im Sommer, wenn die Touristen die Insel stürmen, steigt der Bedarf auf das Doppelte.
Vor zwei Jahren ging hier das erste vollautomatische Hybridkraftwerk in Betrieb. Unter optimalen Bedingungen – also viel Wind und gleichzeitig viel Sonne – erreicht es eine Leistung von 665 kW. Ist der Verbrauch gering, kann auf den Einsatz des Dieselgenerators völlig verzichtet werden. Wenn einer der regenerativen Energieerzeuger ausfällt, kommt ein Batteriespeicher ins Spiel. Dieser kann kurzfristig 500 kW Leistung bereitstellen.
Eine Herausforderung ist dabei die optimale Abstimmung der einzelnen Energieerzeuger. Schließlich soll der regenerative Stromanteil möglichst groß sein. Ein zentrales Kontrollsystem kann die Windkraftanlagen und die Solarmodule direkt in ihrer Leistungsabgabe beeinflussen. Am Dieselgenerator nahm das deutsche Unternehmen SMA Regelsysteme, das seit zwanzig Jahren entscheidend an der Entwicklung der Hybridanlagen beteiligt ist, umfangreiche Änderungen vor. Elektronische Drehzahlregler und automatische Lastteilgeräte sorgen für eine stabile Frequenz und Spannung im Netz auch bei hohem Windkraftanteil. Außerhalb der Hauptsaison ist der Anteil des regenerativen Stroms auf mittlerweile 50 % gestiegen.
Die Hybridsysteme arbeiten wirtschaftlich. Die Stromerzeugungskosten liegen bei den alten Dieselkraftwerken deutlich über 1 $ je kWh. Strom aus regenerativen Quellen kostet in Griechenland weniger als die Hälfte. Jede eingespeiste kWh Strom aus Solar- oder Winkraftanlagen senkt also die Stromerzeugungskosten auf den Inseln.
Preisgünstiger und umweltschonender – eigentlich überzeugende Argumente. Wenn die griechische Bürokratie nicht wäre. 450 Tage beträgt im Schnitt die Genehmigungsdauer für eine photovoltaische Anlage. Hybridsysteme sind im großen Stil gar nicht erst genehmigungsfähig – die SMA arbeitet auf Kythnos mit Ausnahmegenehmigungen.
Die griechische Politik hat das Problem verstanden. „Wir werden in Kürze bessere Rahmenbedingungen für die Photovoltaik schaffen“, versprach Entwicklungsminister Akis Tsochatzopoulos auf dem Symposium. Die mitgereisten Manager von etwa 20 deutschen Solarunternehmen hörten es gern, blieben aber skeptisch. „Der Wille ist da“, anerkannte der Vertriebsleiter eines deutschen Solarkonzerns. „Aber bis es da richtig losgeht, wird es wohl noch einige Jahre dauern.“ JÖRN IKEN

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