Solarenergie entsalzt Meerwasser
VDI nachrichten, Berlin, 30. 3. 07, mg – Erneuerbare Energien spielen auch im schnell wachsenden Markt der Meerwasserentsalzung eine immer wichtigere Rolle. Know-how und Technik „made in Germany“ spielen dabei mit in der ersten Liga. Experten sehen vor allem in der Kombination von solarthermischen Kraftwerken mit Entsalzungsanlagen in sonnenreichen Regionen ein großes Potenzial.
Die Wasserprobleme in vielen Ländern der Welt nehmen zu. Über 1,2 Mrd. Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Neben Maßnahmen zum effizienteren Umgang mit dem „blauen Gold“, beispielsweise dem Einsatz von Tröpfchenbewässerung in der Landwirtschaft und der Sanierung maroder Leitungsnetze, wird die Meerwasserentsalzung zunehmend bedeutender.
Mit einer weltweiten Anlagenkapazität von ca. 42 Mio. m3/Tag wird derzeit mehr als doppelt so viel Wasser entsalzt, wie alle Privathaushalte in Deutschland zusammen täglich verbrauchen. Über die Hälfte der Anlagen befindet sich im Mittleren Osten. Länder wie Kuwait oder Katar versorgen sich zu fast 100 % mit entsalztem Meerwasser, zumeist aus Großanlagen mit einer Wasseraufarbeitungskapazität von bis zu 300 000 m3/Tag.
Doch auch in vielen anderen Regionen der Welt, wie Amerika, Spanien, Italien und Südostasien, wächst der Markt für die Entsalzung. Betrug der jährliche Kapazitätszubau in den 1990er Jahren ca. 1,2 Mio. m3 pro Tag, so stieg er in 2005 auf täglich 5 Mio. m3 an. „Wir rechnen mit einem weiteren starken Wachstum und einer Steigerung der Zubaurate auf voraussichtlich 7 Mio. m3 pro Tag in 2010“, erklärt Olaf Goebel vom Ingenieurbüro Lahmeyer International in Bad Vilbel. Entsprechend wird mit einem Wachstum des Umsatzes der Branche gerechnet. Dieser betrug allein im Bereich des Anlagenbaus 2005 weltweit über 6 Mrd. $.
Der überwiegende Teil der Anlagen wird derzeit noch fossil betrieben, doch angesichts des relativ hohen Energiebedarfs der Entsalzungstechnik sowie den Preissteigerungen bei Öl und Gas werden regenerative Energien immer interessanter. Vor allem die Einbindung solarthermischer Kraftwerke hat ein großes Potenzial, wie jüngst auf der „1. Fachtagung Regenerative Meerwasserentsalzung“ im Rahmen der Kongressmesse „Clean Energy Power“ in Berlin deutlich wurde.
„Solarthermisch betriebene Entsalzungsanlagen sind ab einem Ölpreis von 25 $ pro Barrel wirtschaftlich“, so Goebel. Da die meisten betroffenen Länder die Anlagen jedoch mit günstigerem Gas speisen, sei die Solarthermie hier derzeit noch nicht voll konkurrenzfähig. Angesichts der dynamischen technischen Weiterentwicklung kann sich dies allerdings nach Ansicht von Experten wie Jürgen Scharfe von der Entropie GmbH, Tochter der Veolia Wasser in Erding, in Bälde ändern. Er verweist auf die laufende Erprobung neuartiger Fresnel-Kollektoren von MAN und Novatech, die um „Klassen günstiger“ als bisherige Parabolrinnenkollektoren seien.
„Wir gehen davon aus, dass solarthermische Kraftwerke in etwa fünf Jahren voll konkurrenzfähig sind“, sagt Franz Trieb vom Institut für Technische Thermodynamik beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Er leitet derzeit im Auftrag des Bundesumweltministeriums das Projekt Aqua-CSP (Concentrating Solar Power for Seawater Desalination), dessen Ergebnisse Ende des Jahres vorliegen sollen. „Die Zukunft liegt im Aufbau eines europäischen Stromverbunds mit Nordafrika und der Verknüpfung der regenerativen Meerwasserentsalzung mit dem Stromexport“, so Trieb. Seine Vision für die südlichen Mittelmeeranrainer und den Mittleren Osten: Die Wärme aus solarthermischen Kraftwerken speist Verdampfungsanlagen zur Meerwasserentsalzung, der überschüssige Sonnenstrom wird nach Europa exportiert.
Kurz vor der Realisierung ist ein „Solar Water Project“ im jordanischen Badeort Aqaba unter Federführung des Stuttgarter Ingenieurbüros Kernenergien. Angrenzend an das Areal der Königspaläste soll dort ein solarthermisch (14 MW) und mit Gas (56 MW) befeuertes Kraftwerk das neue, 1540 Zimmer große Hotelresort „Ayla Oasis“ mit jährlich 2,6 Mio. m3 entsalztem Wasser, 72 GWh Strom und 140 GWh Kälte versorgen. Eine Machbarkeitsstudie im Auftrag des Bundesumweltministeriums hatte zuvor eine hohe Wirtschaftlichkeit für die integrierte Erzeugung von Elektrizität, Wasser und Kälte an dem Standort aufgezeigt.
HANS-CHRISTOPH NEIDLEIN
Ein Beitrag von: