Pfiffige Turbinentechnik nutzt Laufwasserkraftwerke besser aus
Strom mithilfe des Wassers zu gewinnen, dafür seien die Potenziale in Deutschland inzwischen fast völlig ausgenutzt, heißt es mitunter von Energieversorgerseite. Dabei gibt es einiges zu verbessern, vor allem am Wirkungsgrad bestehender Kraftwerke. Zwei deutsche Hersteller zeigen, wie mehr Strom zu gewinnen ist, ohne zu den heute existierenden Wehranlagen weitere hinzuzubauen. VDI nachrichten, Düsseldorf, 18. 12. 09, swe
„Die Zukunft“ nennt die Hydro-Energie Roth GmbH aus Bad Sulza ihren neuen Wasserkraftwerkstyp: Seit Ende September ist das erste Exemplar in Betrieb. Von der „Dive-Turbine“ des Herstellers Fella Maschinenbau GmbH aus Amorbach laufen bereits fünf Maschinen. Gemeinsam ist ihnen, dass es sich um zwei relativ neue Wasserkraftwerkstypen für kleinere Anlagen handelt.
Während sich für große Wasserkraftanlagen in Deutschland nicht mehr viel neue Standorte finden lassen, scheinen sich immer mehr Betreiber für die kleineren Anlagen zu interessieren.
Beide Technologien, „Die Zukunft“ wie „Dive“, sind geeignet für relativ kleine Fließgewässer (s. Kasten). Beide lassen sich in bestehende Wehranlagen integrieren: Ein ganz wichtiger Punkt, wenn es darum geht, die Stromerzeugung aus Wasserkraft in Deutschland zu erhöhen, ohne neue Sperranlagen in Flüsse und Bäche zu stellen.
In Deutschland gibt es eine große Zahl alter Staustufen, deren Wasserräder oder Turbinen vor Jahrzehnten stillgelegt oder ausgebaut wurden. Diese könnten ohne zusätzlichen Eingriff in die Flussläufe wieder zur Stromproduktion herangezogen werden.
Die „Dive“-Turbine (s. Foto) ist nach Herstellerangaben eine Schachtturbine, die auf ein Saugrohr gesetzt wird. Die elektrischen Systeme wie Schaltanlage, Leittechnik und Überwachung können in einem Gebäude außerhalb des Flusses stehen also dort errichtet werden, wo sie vor Hochwasser sicher sind.
Die unter Wasser betriebene „Dive“-Turbine ist laut Herstellerangaben „im Wirkungsgrad mit einer Kaplanturbine vergleichbar, jedoch ohne verstellbare Schaufeln.“ Die Turbinendrehzahl passe sich automatisch an schwankende Abflussmengen und Fallhöhen an, was den Wirkungsgrad optimiere. „Dive“ lasse sich „in bestehende Wehranlagen integrieren, um Rest- oder Dotierwasser zu nutzen“. Dies hieße, ein zweites Kraftwerk in ein bestehendes hineinzubauen, wobei etwas weniger Wasser über die Wehrklappe fließt.
Hydro-Energie Roth geht mit dem Turbinentyp „Zukunft“ einen neuen Weg: Die Turbine wird direkt und ohne Ausleitungsstrecke beweglich in die Wehrklappe integriert. Diese werde verengt und so „der erforderliche Raum zur Integration der Turbine, des Generators und des Einlaufrechensystems geschaffen“: ein patentiertes Prinzip.
Grund für diese Neukonstruktion: Die bislang genutzte Turbinentechnik erfordert großen baulichen Aufwand das mache „die Nutzung von Standorten um 2 m Fallhöhe meist unwirtschaftlich“.
Hinzu komme, dass der lokale Hochwasserschutz dazu führt, dass „der Oberwasserspiegel wesentlich langsamer ansteigen darf als der Unterwasserspiegel“, so Hydro-Energie. Dadurch verringert sich das „Schluckvermögen“, also die Wasseraufnahme der Turbine, und damit der Turbinenwirkungsgrad immens. Als Folge nennt Roth: „Die Turbinen werden abgeschaltet“ – trotz genügend Wasser.
Die Problemlösung: „Eine Wehrklappe, die das Krafthaus beinhaltet“. Durch „Modifikation der klassischen breiten zu einer schmalen und langen Wehrklappe kann der erforderliche Raum zur Integration der Turbine, des Generators und des Einlaufrechensystems geschaffen werden“, erläutert das Unternehmen.
Das eigentliche Krafthaus ist dann schwenkbar in einem hydraulisch optimierten Betontrog gelagert. Es sitze, so der Hersteller, unter dem Oberwasserspiegel, sei „ständig eingestaut und wird über die gesamte Krafthausbreite überströmt. Anfallendes Geschwemmsel kann direkt, ohne Entnahme in das Unterwasser weitergegeben werden“, erläutert Roth das Prinzip: Das im Betrieb oft teure Rechensystem entfällt somit.
Weitere Vorteile: Die „Überströmung erfüllt alle Kriterien für den optimalen Fischabstieg oberflächennaher Wanderfische!“ Und: „Unter bestimmten Voraussetzungen ist sogar bei Hochwasserereignissen die Spitzenleistung der Anlage zu erwarten: Das Ertragsplus kann über 10 % betragen“, behauptet Hydro-Energie. Weitere Ergebnisse aus der Praxis dürften durch das seit September betriebene Exemplar demnächst vorliegen. HORST WRANESCHITZ
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