Niedrigenergiehaus ab jetzt Standard
die Begrenzung des Primärenergiebedarfs in Neubauten. Dabei wird das Haus (Bauweise, Heizung und Dämmung) als Energiesystem betrachtet. Auch ineffiziente Altbauten stehen auf dem Prüfstand. Erwartungen der Heizungsindustrie auf einen Modernisierungsboom wurden aber gedämpft.
Die am 1. Februar 2002 in Kraft tretende Energieeinsparverordnung (EnEV) zielt weitgehend auf den Neubau und fasst die bisherigen Regelungsbereiche der Wärmeschutz-Verordnung und der Heizungsanlagen-Verordnung zusammen. Basis für die um 30 % erhöhten Anforderungen der EnEV ist der rechnerische Energieverbrauch für Heizung, Lüftung und Warmwasser. Dadurch bietet die Verordnung mehr Wahlfreiheit zwischen bautechnischen und anlagentechnischen Maßnahmen. In einem begrenzten Umfang verpflichtet die EnEV aber auch Altbauten zur Nachrüstung. Vor allem sollen in den nächsten Jahren über 2 Mio. vor dem 1. Oktober 1978 eingebaute Heizkessel erneuert werden. Von der Verpflichtung aber ausgenommen sind Ein- und Zweifamilienhäuser, die vom Eigentümer selbst bewohnt werden. Hier wird – nicht zuletzt zum Leidwesen der Heizungsindustrie – der Austausch erst mit einem Eigentümerwechsel fällig.
Die EnEV war eine schwere Geburt. Zwei Jahre länger als geplant dauerte der Kampf durch die Instanzen, denn ursprünglich war die EnEV für Ende 1999 geplant. Das Problem: die Suche nach Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen. Dabei bestand dringender Handlungszwang. Denn rund ein Drittel des Endenergiebedarfs wird in Deutschland für die Erzeugung von Raumwärme aufgewandt, etwa zwei Drittel davon entfallen auf den Wohnungssektor.
„Die EnEV ist ein zentrales Element der Energie- und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung,“ so jetzt gemeinsam der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Kurt Bodewig und Bundeswirtschaftsminister Dr. Werner Müller. Mit der EnEV würden denn auch bis 2005 etwa 10 Mio. t CO2 weniger ausgestoßen. Die energetische Qualität von Neubauten wird um etwa 30 % gegenüber dem heute erreichten Standard verbessert und die Energiesparpotenziale im Gebäudebestand stärker als bisher ausgeschöpft.
Basis für die um 30 % erhöhten Anforderungen der EnEV wird der Energiebedarf sein, d.h. der rechnerische Energieverbrauch für Heizung, Lüftung und Warmwasser. Dadurch bietet die Verordnung mehr Wahlfreiheit zwischen bautechnischen und anlagentechnischen Maßnahmen. Berücksichtigt werden auch Verluste bei der Umwandlung von Primär- zu Endenergie, was besonders den Einsatz von Strom zu Heizzwecken betrifft. Letztlich bleibt es aber freigestellt, mit welchen Maßnahmen die vorgegebenen Zielwerte erreicht werden, ob durch verstärkten Wärmeschutz, anspruchsvollere Anlagentechnik, den Einsatz erneuerbarer Energiequellen oder Wärmerückgewinnung. Dadurch gewinnen Techniken an Bedeutung, mit denen die Funktionen Lüften, Heizen, Warmwasserbereitung und Klimatisierung kombiniert werden können. Mit geeigneten Lüftungskonzepten lassen sich gesundheitliche Risiken und bauphysikalische Nachteile vermeiden, heißt es bei Stiebel Eltron. Wohnungslüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung sorgten nicht nur für gesundes Wohnklima, sondern würden auch helfen, Energie zu sparen sowie allergieauslösende Schadstoffe und Pollen auszusperren.
Ein Neubau muss künftig so errichtet werden, wie es dem aktuellen Stand des energiesparenden Bauens entspricht. „Damit wird der Niedrigenergiehaus-Standard zur Regel,“ erläutert Bodewig. Häuser, die nach den neuen Vorschriften gebaut würden, verbrauchten rechnerisch im Jahr je Quadratmeter statt derzeit 10 l nur noch durchschnittlich 7 l Heizöl bzw. 7 m³ statt 10 m3 Gas. Durch neue Verordnungen bekommt man zwar den Neubau besser im Griff, doch bedeutet ein neuer Bau immer auch neue, zusätzliche Emissionen. Die angestrebte Reduzierung der bestehenden CO2-Emissionen kann daher nur im Bestand erfolgen. Wichtig war deshalb, auch den Gebäudebestand zu erschließen. Ob die EnEV hier genügend Impulse geben kann, muss die Praxis zeigen. Schätzungen gehen davon aus, dass sich im Gebäudebestand rund 40 % des gegenwärtigen Energieverbrauchs durch energetische Verbesserungen einsparen lassen. Fast vier von fünf Altbauten entsprechen nicht einmal den Anforderungen der Wärmeschutzverordnung von 1983. Aus Gründen des Bestandsschutzes wird bisher weitgehend auf das Prinzip der Freiwilligkeit gesetzt. In einem begrenzten Umfang verpflichtet die EnEV jedoch auch Altbauten zur Nachrüstung. Vor allem sollen in den nächsten Jahren über 2 Mio. vor dem 1. Oktober 1978 eingebaute, ineffiziente Heizkessel erneuert beziehungsweise ausgetauscht werden.
Diese Zahl reduziert sich aber zum Leidwesen der Heizungsindustrie, die seit Jahren auf den großen Modernisierungsschub wartet. Denn von der Verpflichtung ausgenommen sind Ein- und Zweifamilienhäuser, die vom Eigentümer selbst bewohnt werden. Hier wird der Austausch erst mit einem Eigentümerwechsel fällig. Die Frist beträgt dann zwei Jahre, jedoch nicht vor Ende 2006 – der allgemein gültigen Frist (die sich noch bis Ende 2008 verlängert, wenn der Kessel nach Oktober 1996 einen neuen Brenner bekommen hat). „Ein mit dem Inkrafttreten der EnEV quasi automatisch einsetzender Austauschboom ist somit eher unwahrscheinlich,“ heißt es bei Buderus. „Auch die nach wie vor geltenden Abgasverlust-Grenzwerte nach der Verordnung über Kleinfeuerungsanlagen lassen keinen kurzfristigen Austauschschub erwarten, denn so unerfüllbar streng sind die Anforderungen nicht.“
Auch bei der Dämmung wird der Baubestand in die Pflicht genommen. So sind bestimmte ungedämmte Rohrleitungen und oberste Geschossdecken unter nicht ausbaufähigen Dachräumen nachträglich zu ummanteln. Und bei anstehenden Modernisierungsarbeiten müssen die Möglichkeiten einer energetischen Verbesserung ausgeschöpft werden. Beispielsweise ist bei Putzerneuerung und dem Austausch von Fenstern oder Verglasungen gleichzeitig die energetische Qualität dieser Außenbauteile deutlich zu verbessern.
Die Anforderungen der EnEV seien in der Regel wirtschaftlich und mit vertretbarem Aufwand zu erfüllen, betonen Wirtschafts- und Bauministerium. Untersuchungen bei Neubauten hätten gezeigt, dass die Mehrkosten maximal 2 % der heutigen Baukosten betragen. Diese Mehrkosten würden sich aber durch die Energieeinsparung weit vor Ablauf der Nutzungsdauer der Gebäude amortisieren. Das betreffe sowohl den Neubau als auch die Modernisierung des Bestandes. „Aufgrund der EnEV sparen die Bürger bald Energiekosten, werden jetzt Arbeitsplätze am Bau und in der Wirtschaft gesichert und langfristig Klimaschutzziele erreicht,“ fasst Müller die Vorteile zusammen.
ROBERT DONNERBAUER
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