Kommunikationssystem nutzt die Infrastruktur des Stromnetzes
In liberalisierten Strommärkten wollen die Netzbetreiber ihre Kosten senken. Mit dem Distribution-Line-Communication-System können sie den Automatisierungsgrad von Mittelspannungsnetzen erhöhen und den Energiefluss steuern. Dabei brauchen sie nur die Netze selbst zur Datenübertragung.
Rund um die Uhr benötigt der Netzbetreiber im liberalisierten Strommarkt aktuelle Informationen über den Zustand des Netzes. Das Distribution-Line-Communication-System DCS 3000 unterstützt hierbei als Kommunikationsrückgrat die Steuerung und Überwachung des Energieflusses. Durch Umschalten und Aufteilen auf verschiedene Wege lassen sich Lastspitzen in Verteilnetzen verringern und durch erhöhte Transparenz im Netz Fehler lokalisieren. Die Fernabfrage von Zählern ermöglicht die Planung der zukünftigen Netzauslastung auf Basis von Lastprofilen.
Das System stützt sich auf die bereits vorhandene Infrastruktur des Stromnetzes und überträgt Informationen direkt über die Mittelspannungsleitung. Der Netzbetreiber benötigt keine externen Übertragungsmedien. Da keine Grund- und Verbindungsgebühren anfallen, schneiden die Gesamtkosten selbst gegenüber GSM, Standleitungen und Einwahlleitungen besser ab. Das System des Siemens-Geschäftsbereiches Power Transmission and Distribution lässt sich in Kabelnetzen, Freileitungsnetzen sowie gemischten Netzen aus Kabeln und Freileitungen bis 24 kV einsetzen.
Seit mehr als einem Jahr wird das System auf liberalisierten Strommärkten genutzt: so etwa beim thailändischen Energieversorger Metropolitan Electricity Authority (MEA) mit seinen batteriegepufferten Freiluftapplikationen und kapazitiven CDC-Ankoppelungen oder bei der Electricidade Macao (CEM). Letztere betreibt ein 11-kV-Verteilnetz nach Sicherheitsanforderungen, die an jene von Hochspannungsnetzen herankommen.
Im Versorgungsnetz des österreichischen Bundeslandes Kärnten kann es je nach Markt- und Umgebungsbedingungen wirtschaftlicher sein, Energie einzukaufen als eines der Wasserkraftwerke anzufahren. Neben der Automatisierung des Betriebes steigert der Energieversorger Kelag mit dem DCS 3000 die Betriebssicherheit des Netzes. In Tiers und Villnöss in Tirol verfügen die lokalen Versorger ebenfalls über Wasserkraftwerke. Sie entschieden sich deswegen für das System, weil keine konventionellen Fernmeldeverbindungen zur Verfügung standen.
Das DCS 3000 arbeitet mit Trägerfrequenztechnik und besteht aus einer Kopfstation – einer Basiseinheit im Umspannwerk, die mit Hilfe von Basiseinheiten in den einzelnen Ortsnetzstationen die Informationen der dortigen Fernwirksysteme abfragt und an das übergeordnete Leitsystem weiterreicht. Die Kommunikation zur Schaltanlagenautomation und Lastprofilauslesung befindet sich also in einem Gerät. Das integrierte Alarmkonzept lokalisiert eventuelle Fehler. Mit der automatischen Frequenzkanalfindung (One-Man-Scan) kann eine einzige Person das gesamte Kommunikationsnetz in Betrieb nehmen.
Die Zeitsynchronisation des Systems ermöglicht den chronologischen Vergleich der Signale aus den einzelnen Stationen. Die optional aufbaubare Redundanz der Kopfstation-Basiseinheit bedeutet hohe Verfügbarkeit beim Betrieb des Mittelspannungsnetzes. Durch Doppelung dieser Masterfunktion können zwei getrennte Leitstellen die Feldinformationen unabhängig von einander verarbeiten.
Bei „erdfühligen“ Kabeln oder Freileitungen besteht die CDC genannte Ankoppeleinheit, die die Verbindung zum Mittelspannungsleiter herstellt, aus einem Koppelkondensator und Schutzeinrichtungen mit integrierter Sicherung, die bei einem Defekt Rückwirkungen auf das Netz verhindert. Nicht „erdfühlige“ Kabel werden induktiv angekoppelt (CDI): Ein teilbarer Ferritkern umfasst das Mittelspannungskabel oder dessen Erdungsband.
Das Übertragungsprotokoll IEC 60870–5–101 ermöglicht einen standardisierten Netzbetrieb. DCS 3000 lässt sich neuerdings auch mit dem Übertragungsprotokoll nach DNP 3 Standard betreiben. Wegen der Nutzung des Frequenzbereichs nach Cenelec-Norm benötigt der Betreiber keine zusätzliche Lizenz zum Betrieb.
MARTIN WOHLGENANNT
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