Kältelast richtig auslegen
VDI nachrichten, Stuttgart, 5. 5. 06, swe – Der Energiebedarf für Klimatisierung und Kälte steigt weltweit. Deshalb wird die Nutzung der Solarthermie zum Kühlen immer interessanter und der Markt entwickelt sich zunehmend. Eine Reihe von Anlagen hat sich in der Praxis bewährt, die Standardisierung beginnt und Kältemaschinen kleinerer Leistung und Systeme sind im Kommen. Dies zeigte ein Symposium an der Hochschule für Technik in Stuttgart.
Weltweit nimmt aus Komfortgründen der Klimatisierungsbedarf stetig zu. Wegen des hohen Strombedarfs von herkömmlichen Klimaanlagen stoßen jedoch die Stromnetze etlicher Länder in den Sommermonaten immer häufiger an ihre Kapazitätsgrenzen.
In Deutschland werden bereits 14 % des Strombedarfs für Kühlung eingesetzt, was 5,8 % des Primärenergiebedarfs entspricht. Allein für Bürogebäude in Deutschland beträgt der Kühlenergiebedarf rund 50 Mio. MWh.
Dennoch ist der Markt für solarthermische Kühlung noch klein. Insgesamt sind in Europa heute erst etwa 6 MW Kälteleistung installiert. Dies, obwohl die Technik im mittleren und großen Leistungsbereich als ziemlich ausgereift gilt.
„Die begrenzte Anzahl solarer Kühlprojekte ist vor allem auf die mangelnde Wirtschaftlichkeit zurückzuführen, nicht zuletzt aufgrund der hohen Wärmegestehungskosten der Solarthermie“, so Prof. Ursula Eicker vom Forschungszentrum Nachhaltige Energietechnik an der Stuttgarter Hochschule für Technik.
Bei sehr geringen Wärmepreisen, beispielsweise in Biomasse-KWK-Anlagen oder bei ohnehin vorhandenen solarthermischen Anlagen zur Heizungsunterstützung könnten jedoch heute schon solarthermische Kühlanlagen mit elektrischer Kompressionskälte konkurrieren.
„Sind allerdings die Strompreise aufgrund von Subventionen so niedrig wie in Tunesien, hat solares Kühlen trotz der vielen Sonne fast keine Chance“, betonte Ahmet Lokurlu von der Aachener Firma Solitem.
Weitere entscheidende Faktoren für die Wirtschaftlichkeit solarer Kühlanlagen sind lange Laufzeiten, möglichst geringe Kollektorflächen, energieeffizientes Bauen sowie ein sachkundiger Betrieb der Anlagen. Hierauf verwies beispielsweise Dipl.-Ing. Jan Albers von der TU-Berlin, der von den Praxiserfahrungen mit der solarbetriebenen 117-KW-Adsorptionskältemaschine im Umweltbundesamt Dessau berichtete.
„Bevor man aufwendige Kühltechnik installiert, gehören erst einmal die Ritzen im Gebäude abgedichtet“, betonte Eberhard Lävemann vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung in Garching. Der Diplom-Ingenieur stellte die Betriebsergebnisse einer solarunterstützten Flüssigsorptionsanlage in Singapur vor.
„Entscheidend ist, die Kältelast richtig auszulegen“, betonte Christian Holter von der Grazer Firma S.O.L.I.D. Das Projekt- und Ingenieurbüro ist auf Contracting mit thermischen Solaranlagen spezialisiert.
Derzeit sind bei S.O.L.I.D. sieben Projekte zur solaren Kühlung mit 714 kW Kälteleistung und 1403 m2 Kollektorfläche im Betrieb oder in Bau. So das Verwaltungsgebäude des Olympic Village im chinesischen Qingdao, das Desert Outdoor Centre in Phönix/Arizona, der EAR-Tower in Pristina/Kosovo oder das Renewable Energy House in Brüssel, Sitz der europäischen Branchenverbände aus dem Bereich erneuerbare Energien.
„Wir setzen verstärkt auf die Entwicklung und Montage vorgefertigter Einheiten in Containerbauweise“, so Holter. Diese enthalten die Solargruppe, die Kühlmaschine, sämtliche Pumpen und Ventile, den Regler und den Kaltwasserspeicher. Hierdurch ließen sich Montagezeiten reduzieren und die Gefahr von Fehlern reduzieren.
Ein weiterer Vorteil der Containereinheiten: Sie sind mobil und damit besonders gut Contracting- und Leasingfähig. Künftig sollen solche „Energy Cabins“ für das Kühlen und Heizen mit Solarenergie im kleineren Leistungsbereich ausgerichtet sein und bei Bedarf von Biomasse, beispielsweise Holzpellets, unterstützt werden.
Auch Hersteller wie Citrin Solar aus dem bayerischen Moosburg setzen auf die Wärme- und Kälteerzeugung. Denn zunehmend wurden in den vergangenen Jahren leistungsfähigere und größere solarthermische Anlagen zur Warmwasser- und Heizungsunterstützung installiert, die im Sommer einen Leistungsüberschuss erzeugen.
„Verwendet man die überschüssige Solarenergie in den Sommermonaten zur solaren Kühlung, ist eine ganzjährige effiziente Nutzung gewährleistet“, so Rainer Aubele, Leiter Technik bei Citrin Solar. Diesen Sommer wolle man erstmals eine entsprechende „trivalent“ nutzbare Anlage anbieten, die mit einer 15-KW-Absorptionskältemaschine arbeitet. HANS-C. NEIDLEIN
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