Ingenieure holen die Energie aus der Erde
Erdwärme.
Lange Zeit wurde sie kaum beachtet, doch langsam entwickelt sie sich zu einer echten Energiealternative: die Geothermie. Erdwärmesonde und Wärmepumpe ergeben ein System, mit dem auch Eigenheime sicher und vor allem preiswert geheizt, gekühlt und mit Warmwasser versorgt werden können. Ingenieur Matthias Setter will die Häuslebauer in Ostwestfalen von den Vorteilen der Wärme aus dem Untergrund überzeugen.
Er selbst muss nicht mehr überzeugt werden, denn sein Arbeitgeber, die Konrad Stükerjürgen Wassertechnik GmbH, nutzt für ihre Gebäude schon lange die Erdwärme. Dies fällt im ländlichen Riedberg bei Güterloh jedoch nur dem Kundigen auf, zu unscheinbar ist das abgedeckte Bohrloch unweit der kleinen Produktionshalle.
„Man sieht es einem Haus nicht an, wenn es geothermisch beheizt wird. Es gibt eben keine Solarzellen auf dem Dach, mit denen der Bewohner sein Umweltbewusstsein zeigen kann“, gibt Matthias Setter, bei der Konrad Stükerjürgen Wassertechnik GmbH zuständig für den Erdwärmebereich, eine mögliche Erklärung, warum die Geothermie im Vergleich zu Solar- und Windenergie weit weniger etabliert ist. Ein Meter Erdreich über dem Bohrloch, darüber den Rasen oder die Rosen gepflanzt, zwei Rohre in der Wand und im Keller eine leise surrende Wärmepumpe, da können auch Technikfreaks nicht gerade glänzen, wenn sie Besuchern ihre umweltschonende Heizanlage zeigen wollen.
„Letztendlich ist es ziemlich konventionell, was wir hier machen, die Anwendung der Erdwärme ist schon ein erschlossenes Gebiet“, erläutert Setter. Das bedeute aber nicht, dass die gestellten Aufgaben Langeweile hervorrufen, und außerdem sei die erprobte Technik ein wichtiges Verkaufsargument. „Wir wollen Anlagen bauen, die dauerhaft ohne Probleme funktionieren, denn wenn unter hundert Anlagen nur eine dabei ist, die aus irgend einem Grund, der vielleicht mit der Geothermie gar nichts zutun hat, nicht funktioniert, redet ganz Deutschland drüber“, bekräftigt Setter die immer noch bestehende Notwendigkeit, bei den potenziellen Kunden bestehende Vorbehalte gegen die Erdwärmetechnik und auch gegen die Wärmepumpe auszuräumen.
Im letzten Jahr baute sein Unternehmen immerhin 30 Anlagen, die in der Regel eine Bohrtiefe zwischen 80 m und 120 m aufweisen. Eine beachtliche Zahl, denn Setter akquiriert mit seinem Kollegen Jörg Drescher, einem in Freiberg diplomierten Bergingenieur, nur im Umkreis von etwa 100 km, um nicht in Konkurrenz zu treten zu den Kunden der ebenfalls im Familienbesitz befindlichen Handelsgesellschaft Stüwa Konrad Stükerjürgen GmbH, die weltweit selbst produzierte Brunnenfilter und sämtlichen Bohrbedarf vertreibt.
Die Stükerjürgen Wassertechnik GmbH – mit einem Zweigwerk in Zwenkau bei Leipzig und eigener Stahlrohr- und Filterproduktion im Werk Hilchenbach bei Siegen – beschäftigt sich überhaupt nur mit der Erdwärme, weil sich beispielsweise die Heizungsbauunternehmen der Region diesem Thema nicht annehmen wollten. Das über 100-jährige Know-how in der Bohrtechnik erschien außerdem als sehr gute Basis, um auch die anderen Gewerke hinzuzunehmen und den Endverbrauchern ein Komplettangebot zu machen. Matthias Setter ist bei Stükerjürgen der Geothermieallrounder, beschäftigt sich neben der Akquisition mit Auslegung und Bau der Anlagen und ist auch verantwortlich für den Ablauf auf den Baustellen – zuletzt auf seiner ganz privaten, denn auch das neugebaute Haus des 33-Jährigen wird selbstverständlich mit Erdwärme geheizt. Hinzu kommt noch der Vertrieb von Erdwärmesonden an Brunnenbauunternehmen für die Stüwa.
Während seines Studiums zum Diplom-Ingenieur Technischer Umweltschutz in der Fachrichtung Wasser- und Abfallwesen an der Fachhochschule Paderborn, Außenstelle Höxter, hatte Setter nur am Rande von der Geothermie gehört, den Einstieg in das Thema fand er erst in seinem jetzigen Job. Im Bereich Abfallwirtschaft und Wasserwesen gab es, genau wie jetzt auch, nach Setters Studienabschluss 1997 nur wenige Stellen, so dass er zunächst projektbezogen für ein Ingenieurbüro in Bingen am Rhein arbeitete. Dann erinnerte er sich an sein Praktikum bei Stükerjürgen während des Studiums, bewarb sich, und konnte bereits Anfang 1999 zurück in die heimische Gegend.
„Ich bin langsam herangeführt worden, indem ich erst mal mit zum Bohren gefahren bin und praktisch noch einmal eine eineinhalbjährige Ausbildung durchlaufen habe“, berichtet Setter, der ebenfalls gelernter Garten- und Landschaftsgärtner ist und vor dem Studium sogar noch eine Industriemechaniker-Ausbildung absolvierte. Ein wahrlich breit angelegter Ausbildungshintergrund für seine jetzige Aufgabe, aber auch, nicht zuletzt angesichts der Betriebsstruktur, genau die richtige, findet Setter. „Ich erlebe es als sehr positiv, dass meine Arbeit so breit gefächert ist. Bei dieser Technik kann es auch gar nicht anders sein, dass man die Randbereiche mit berücksichtigt und das breite Arbeitsspektrum positiv abdeckt“, erklärt Matthias Setter.
MANFRED BURAZEROVIC
Heizen aus dem Boden
Noch vor wenigen Jahren waren Geothermieanlagen echte Unikate, inzwischen sind beim Material und der Ausführung Standards gefunden worden, die zusätzliche Preisvorteile bringen. Sinnvoll ist eine Erdwärmeheizung, wenn die Gebäudesubstanz einen hohen Standard bei der Wärmedämmung zulässt, so dass eine Heizleistung für ein Einfamilienhaus von 6 kW bis 10 kW ausreicht. In Deutschland liegen die Bohrtiefen dann meist weit unter 200 m. Wenn am Ende der Heizperiode noch eine Quelltemperatur von knapp über 0° C vorhanden ist, macht das System wirtschaftlich Sinn. Sonde und Wärmepumpe benötigen kaum Wartung. Abschreckend allerdings sind die hohen Investitionskosten, die für ein normales Einfamilienhaus mit 120 m2 bis 130 m2 Wohnfläche etwa zwischen 14 000 € und 16 000 € liegen. Solange noch staatliche Fördermittel fließen, amortisiert sich so eine Anlage nach 8–10 Jahren, ohne Förderung nach etwa 12–14 Jahren.
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