Grünes Licht für den Handel an der Gasbörse
VDI nachrichten, Leipzig, 16. 2. 07, mg – Die Leipziger Energiebörse EEX beginnt mit dem Gashandel zunächst in zwei der noch zahlreichen deutschen Gas-Marktgebiete. Bis zum Jahr 2009 will sie auf dem deutschen Erdgasmarkt einen einheitlichen Börsenpreis erreichen.
Der börsliche Gashandel in Deutschland beginnt voraussichtlich mit dem neuen Gaswirtschaftsjahr Anfang Oktober. Die Leipziger Energiebörse European Energy Exchange AG (EEX) konzentriert sich dabei zunächst auf zwei Marktgebiete, in denen hochkalorisches Erdgas (H-Gas) transportiert wird: das H-Gasgebiet der BEB Transport und Speicher Service GmbH in Norddeutschland und das Marktgebiet der E.on Gastransport AG & Co. KG, zu dem im Oktober deren drei H-Gasgebiete Nord, Mitte und Süd zusammengelegt werden.
„Damit haben wir 60 % des Marktvolumens abgedeckt“, sagte EEX-Vorstandsvorsitzender Hans-Bernd Menzel vorige Woche auf der Energiemesse E-world in Essen. Als wichtige Kriterien für die Auswahl dieser Marktgebiete nannte er die verfügbare Speicherleistung und die Einbindung von wichtigen Import- und Exportpunkten des deutschen Gasmarktes. „Beide Netzbetreiber haben erklärt, dass sie uns unterstützen werden“, sagte Menzel. „Wir sind jetzt mit ihnen im Gespräch, wie wir die physischen Lieferungen aus den bei uns abgeschlossenen Handelsgeschäften bewerkstelligen.“ Dies sicherzustellen, sei die zentrale Frage.
Für entscheidend hält Menzel dabei die verwendete Software und neue Abläufe, die eingeübt werden müssten. Technische Probleme im Netzbetrieb sieht er derzeit nicht. Der angekündigte Termin sei sicher, da die EEX ihre eigenen Vorbereitungen schon im April abschließe: „Wir haben Zeit zum Üben.“ Dabei hält es der EEX-Chef für möglich, teilweise schon ein bis drei Monate vor Oktober mit dem Gashandel zu starten. Auch für die Ausweitung auf andere Marktgebiete zeigte er sich aufgeschlossen: In den Gebieten von RWE und der ostdeutschen Ontras VNG Gastransport seien bereits wichtige Voraussetzungen für den Gas-Börsenhandel gegeben. Dies bestätigte auch Ontras-Geschäftsführer Uwe Ringel: „Wir hätten am 1. Februar mit dem börslichen Gashandel beginnen können.“ Ringel hofft nun darauf, dass dies im Herbst geschieht.
Der Start des Gas-Börsenhandels ist nach Menzels Darstellung von wichtigen Entscheidungen der Bundesnetzagentur vorangebracht worden: Sie hat zunächst 19 Marktgebiete definiert und mit dem Zwei-Vertragsmodell die Durchleitung von Gas durch fremde Netze für die Lieferanten vereinfacht. Jedes Marktgebiet verfügt nun über einen sogenannten Virtuellen Handelspunkt, an dem alle Gasmengen dieses Gebiets gehandelt werden können. Damit wurde das Handelsprodukt Gas von seiner Durchleitung durch die Netze entkoppelt, was Menzel zufolge zu mehr Preistransparenz führt. Als weiteren wichtigen Schritt bezeichnete er die Entscheidung der E.on Ruhrgas, ihre drei H-Gasgebiete zu einem Marktgebiet zusammenzulegen. Allein hier werden nach EEX-Angaben 45 % des deutschen Transportvolumens bei H-Gas bewegt.
Anders als im Strommarkt, wo die EEX zunächst mit einem Spotmarkt gestartet war und erst später einen Terminmarkt einführte, will die Börse beim Gas mit beiden Märkten gleichzeitig starten und so Liquidität erreichen. Eine wichtige Rolle sollen dabei so genannte Market Maker spielen, die sich vertraglich verpflichten, die Börsenmärkte mit Geboten zu füllen.
„Damit finden Marktteilnehmer immer ein Gebot vor“, erklärte Menzel. Bei der Strombörse habe dies gut funktioniert: Hier sorgten die Marktmacher anfangs für 80 % der Umsätze. Mit wachsendem Handel an der Strombörse ist ihr Anteil inzwischen auf 20 % zurückgegangen. Bisher haben sich E.on Ruhrgas, RWE Trading, die belgische Electrabel und die niederländische Essent bereit erklärt, als Marktmacher zu agieren und die anfänglich benötigte Liquidität für alle aufgelegten Produkte zu sichern. Starkes Interesse haben Actogas, EDF Trading Limited und Verbundnetz Gas bekundet.
Die Marktteilnehmer der EEX können für den börslichen Gashandel dieselben Systeme nutzen wie für den Stromhandel: Der Spotmarkt, auf dem Gaslieferungen für einen Tag oder ein Wochenende an den zwei jeweils vorhergehenden Börsentagen gehandelt werden, soll mit dem Xetra-System arbeiten. Der Terminmarkt, der Monats-, Quartals- und Jahreslieferungen für bis zu sechs Jahre im Voraus umfasst und die physische Lieferung einschließt, verwendet das Eurex-System. Damit benötigen Stromhändler, die sich auch am Gashandel beteiligen wollen, Menzel zufolge kein weiteres Training, keine neue Software und keine neue Anbindung ihrer Informationstechnik: „Sie brauchen nur ein weiteres Fenster aufzumachen.“
Der EEX-Chef rechnet damit, dass es ein Jahr dauern wird, bis für alle Gasbörsen-Produkte ein Preis ermittelt werden kann. Bis 2009 hat er das Ziel, auf dem deutschen Gasmarkt einen einheitlichen Börsen-Gaspreis zu erreichen. Bis dahin soll der Gashandel für die Leipziger Börse auch zum zweiten Standbein neben dem bereits etablierten Stromhandel werden.
STEFAN SCHROETER
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