Grünalgen geben Gas
Wasserstoff gilt als Schlüssel zu einer modernen, sauberen Energieversorgung. Bonner Forscher experimentieren mit Algen, die das energiereiche Gas erzeugen sollen.
Grünalgen können Wasserstoff produzieren – das ist Biologen seit längerem bekannt. Da liegt die Idee nahe, die Zellen für die gezielte Gewinnung des besonders sauberen Energieträgers Wasserstoff zu nutzen.
Auf den zweiten Blick aber ist das nicht so einfach. Zum einen produzieren Grünalgen Wasserstoff nur dann, wenn es an Nahrung mangelt, denn für die Zellen bedeutet es Energieverlust, wenn sie Wasserstoff an die Umwelt abgeben. Zum anderen findet die Wasserstoffproduktion nur in sauerstoffarmem Milieu (anaerob) statt, denn Sauerstoff vergiftet das notwendige Enzym sofort. Nicht zuletzt ist die biologische Ausbeute an H2 normalerweise ausgesprochen mager: Pro Stunde erzeugt ein Liter Algenkultur nur rund 3 ml bis 5 ml Gas.
Für Wissenschaftler der Universität Bonn ist das alles kein Grund, die Idee von der biologischen Wasserstoff-Fabrik zu begraben. Die Gruppe um Dr. Thomas Happe untersucht, wie sich die Ausbeute an biologisch erzeugtem Wasserstoff deutlich erhöhen lässt. In Kooperation mit Forschergruppen unter anderem aus den USA und Japan gehen sie dabei unterschiedliche Wege.
Forscher der kalifornischen Firma Melis Energy beispielsweise setzen Algen auf „Schwefeldiät“. Bei Schwefelmangel schaltet die Alge ihren Stoffwechsel so um, dass sie einen Überschuss an energiereichen Stoffen erzeugt – einen Teil davon „entsorgt“ sie als überschüssige Energie in Form von Wasserstoff.
Molekularer Motor für die Wasserstoffproduktion ist das Enzym Hydrogenase. Die Hydrogenase verwandelt positiv geladene Protonen, die aus Wasser oder organischen Molekülen stammen, in neutrale Teilchen und stellt auf diese Weise Wasserstoff her, die notwendige Energie dafür liefert die Photosynthese.
Daher steht die Hydrogenase auch im Zentrum der Forschungen. Happe und Kollegen gelang es, das Gen mit dem Bauplan für die Hydrogenase aus verschiedenen Grünalgen zu isolieren und auch die räumliche Struktur des Enzyms weitgehend zu entschlüsseln. „Damit ist uns ein großer Schritt nach vorne gelungen“, ist Happe überzeugt. Anhand der Struktur hoffen sie zu erkennen, wo und wie genau die Wasserstoffbildung vor sich geht.
Die Hydrogenase ist klein und recht einfach aufgebaut, das macht es leicht, ihre Wirkungsweise zu verstehen. Und ist der molekulare Katalyseprozess einmal verstanden, öffnen sich Türen für gezielte Manipulationen am Enzym.
Für die Produktion von Wasserstoff muss nicht die ganze Algenzelle verwendet werden. In einem Projekt, in dem mehrere Forschergruppen zusammenarbeiten und das vom japanischen Energieministerium laut Happe „großzügig“ gefördert wird, versuchen die Wissenschaftler, alle wesentlichen Moleküle – neben der Hydrogenase auch die Moleküle, die für die Photosynthese verantwortlich sind, – zu isolieren und an künstlichen Membranen zu befestigen. Bei Sonneneinstrahlung könnte eine solche Membran dann quasi als biochemische Batterie Wasserstoff erzeugen.
Einfacher ist es, die Zellen direkt einzusetzen. Das allerdings macht technisch nur Sinn, wenn es gelingt, die H2-Produktionsrate deutlich zu steigern. Die Bonner haben dem Hydrogenase-Gen daher eine genetische Sequenz, den so genannten Promotor, vorgeschaltet, der dafür sorgt, dass die Anleitung zur Herstellung des Enzyms auf der Algen-DNA häufiger als normal aktiviert wird und die Zelle entsprechend mehr Hydrogenase produziert. Bisher gelang es, mit diesem Promotor die Wasserstoff-Ausbeute auf bis zu 10 ml Wasserstoff pro Stunde zu verdoppeln.
Ein großer Schritt nach vorne wäre es, könnte man die Wasserstoffproduktion unter aeroben Bedingungen ablaufen lassen. „Denkbar wäre das“, so Happe, „allerdings müsste dafür das Enzym gegen Sauerstoff unempfindlich gemacht werden“. Durch Austausch bestimmter Aminosäuren beispielsweise könnte es gelingen, die Kanäle im Enzymmolekül so zu verändern, dass der giftige Sauerstoff nicht mehr an das aktive Zentrum andocken und die Hydrogenase desaktivieren kann. C. FRIEDL
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