Großinvestoren vermissen Großprojekte
VDI nachrichten, Düsseldorf, 24. 3. 06, ps – Es sind nicht mehr nur Privatanleger, die den Ausbau der Windkraft finanzieren. An ihre Seite treten große Finanzinvestoren auf der Suche nach lukrativen Anlageobjekten. Damit wird das Klima für die einheimischen Projektierer rauer, denn die Ansprüche der neuen Geldgeber sind hoch.
Die Zahlen sprechen Bände: Von 2002 bis 2005 hat sich der Anteil der Projektfinanzierungen über Kommanditgesellschaften am deutschen Windmarkt mehr als halbiert. Wie die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) ermittelte, schrumpfte er in dieser Zeit von 53 % auf nur noch 25 %. Im vergangenen Jahr brach der Anteil dieser gängigsten Rechtsform für Windfondsbeteiligungen ein, vor allem weil die steuerlichen Vorteile der geschlossenen Energiefonds stark beschränkt wurden.
Ihre einstmals dominierende Position haben unterdessen Investoren ganz anderen Kalibers übernommen: Beteiligungsgesellschaften mit Milliarden-Portfolios wie GE Financial Services, der Investmentzweig des US-Mischkonzerns General Electric, oder institutionelle Investoren wie die Allianz AG. Sie will über eine neu gegründete Tochtergesellschaft bis 2010 mindestens 300 Mio. € in Erneuerbare Energien investieren. Der Marktanteil solcher Großinvestoren ist 2005 in Deutschland laut PwC auf 40 % gestiegen.
Das Interesse dieser Finanziers mag überraschen, ist doch die deutsche Windernte in den vergangenen Jahren eher mau ausgefallen und der Ausbau der hierzulande installierten Kapazität seit 2002 rückläufig. Doch noch immer lassen sich mit Windkraft in Deutschland gute Geschäfte machen.
Das stellt etwa Dietmar Löhne von der Norddeutschen Landesbank fest, einem der führenden Finanzdienstleister für die einheimische Windkraftbranche. Er verweist auf die Planungssicherheit und die attraktive Vergütung, die das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) garantieren. Torsten Hinsche, Leiter des Competence Center Renewable Energies (COC) der Commerzbank, pflichtet ihm bei. Sein Unternehmen hat bereits 3 Mrd. € in Erneuerbare-Energie-Projekte investiert, zum größten Teil in Deutschland. Laut Hinsche sind deutsche Projekte auch deshalb für Großinvestoren attraktiv, weil der hiesige Markt über den Pionierstatus hinaus ist. So biete er unter anderem eine gut entwickelte Infrastruktur und ausreichend realistische Daten, auf die ausländische Investoren zugreifen könnten. Dennoch gibt Hinsche eines zu bedenken: „Mit dem Aufmarsch der internationalen Investoren ist für den deutschen Windmarkt eine neue Situation entstanden – die Branche in Deutschland ist darauf aber noch nicht vorbereitet.“ Das stellte auch Stefan Küver von der PwC Corporate Finance Beratung fest. Wie auch Löhne und Hinsche sprach er in der vergangenen Woche in Berlin auf einer internationalen Veranstaltung der britischen Euromoney Energy Events. Sie brachte Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbare Energie mit Finanzdienstleistern und Großinvestoren zusammen. Küvers bemängelte für den deutschen Markt eine Lücke zwischen dem Bedarf von Großinvestoren an Windkraftprojekten und dem, was die Branche anzubieten habe.
So würden meist möglichst große Windparks mit einer Kapazität von 20 MW bis 100 MW Leistung nachgefragt – davon in Deutschland jedoch nur wenige angeboten. Auch täten sich die deutschen Projektierer schwer, umfassende, internationalen Standards genügende Unterlagen beizubringen.
Dem schloss sich auf der Veranstaltung auch Mortimer Menzel von der Londoner Handelsbank Augusta & Co PLC an. „Zu viel Geld ist auf der Suche nach zu wenigen Angeboten“, brachte er das Dilemma auf den Punkt. Menzel schätzt, dass Großinvestoren für Erneuerbare-Energie-Projekte in Europa rund 2,5 Mrd. € bereit halten. Dabei interessierten sie sich vor allem für Windparks – Solar- und Biomasseprojekte würden bislang kaum nachgefragt.
Diese Vorliebe bestätigt Dirk Kruse, bei der Mainzer Juwi-Gruppe für die Betreuung von Großinvestoren zuständig. Das Unternehmen setzt Erneuerbare-Energie-Projekte in mehreren europäischen Ländern und in Übersee um. Laut Kruse erfordern Abschlüsse mit solchen Kunden einen großen Aufwand, zumal Großinvestoren bevorzugt in große Pakete investierten. Unter anderem müssten die Eigenheiten ausländischer Rechtsvorschriften beachtet werden, wodurch Bedarf an qualifizierter Beratung entstehe. In den Verträgen nach englischem Recht müsse alles dezidiert geregelt werden. Aus Sicht von Jörg-Peter Voß, Projektleiter bei der Wiesbadener ABO Wind AG, hält sich der erforderliche Aufwand dennoch in Grenzen. Schließlich falle beim Geschäft mit einem Großinvestor die Erstellung eines Anlageprospekts weg, der mit der Auflage eines geschlossenen Energiefonds einher gehe. Zudem lasse sich das für den Abschluss mit einem solchen Investor entwickelte Muster im Wesentlichen bei den nächsten Großkunden erneut anwenden.
Auch Enertrag und ABO Wind haben in ausländischen Windmärkten Fuß fassen können. Laut Stefan Küver von PwC sind Geschäfte mit Großinvestoren eine gute Schule für den Schritt ins Ausland. Nur dort gebe es auf lange Sicht Wachstumschancen für deutsche Projektierer. Für den von kleineren Gesellschaften dominierten deutschen Markt rechnen viele Experten mit einer Konsolidierung. Dietmar Löhne von der Norddeutschen Landesbank etwa meint, dass für sie die Anforderungen der Großinvestoren zu hoch sind. Sie müssen auf das schrumpfende Fondsgeschäft hoffen. J. RÖTTGER
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