Für Späne erwärmt
Holz wird als nachhaltige Energiequelle immer beliebter. 80 Kraftwerke verfeuern in Deutschland bereits Altholz, weitere 60 sind geplant. Doch langsam wird der Brennstoff knapp. Nachschub könnten die Wälder liefern.
Die Mannheimer MVV Energie AG will klotzen statt kleckern: Bis 2005 investiert der Stromkonzern über 250 Mio. # in Holzkraftwerke und -heizwerke. In fünf Jahren soll die Hälfte des MVV-Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Bei der Nutzung von Biomasse ist der deutsche Branchenfünfte damit führend.
Die MVV hat Holz als Hoffnungsträger für eine nachhaltige Energieversorgung ausgemacht: Bei der Verbrennung wird nicht mehr von dem Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) frei, als beim Wachstum gebunden wurde.
Und die Potenziale sind gewaltig: Die jährlich in den Wäldern der Erde nachwachsende Biomasse birgt zweieinhalbmal so viel Energie wie das in der gleichen Zeit geförderte Erdöl. Noch dominieren unter den erneuerbaren Energien hierzulande Wasser und Wind, doch Experten erwarten in den nächsten Jahren eine Aufholjagd der Biomasse: „Beim Holz sind noch große Potenziale ungenutzt“, meint Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) in Paderborn.
Die MVV will sie nutzen: „In Königs Wusterhausen bei Berlin und in Mannheim gehen wir in diesem Jahr mit zwei Kraftwerken mit je 20 MW Leistung in Betrieb“, sagt Dr. Matthias Eichelbrönner, Geschäftsführer der „MVV Erneuerbare Energien GmbH“. Mit dem Bau eines dritten Kraftwerks hat seine Firma in Flörsheim-Wicker begonnen. „Wir können da alles verbrennen“, sagt Eichelbrönner, „von Wurzelholz, Straßenbegleitholz, Altholz aus der holzverarbeitenden Industrie bishin zu Altholz aus Möbelsammlungen“. Selbst Bahnschwellen seien kein Problem, „da eine aufwändige Rauchgasaufbereitung alles an schädlichen Emissionen vermeidet“.
Früher landeten riesige Mengen Altholz, das etwa beim Abriss von Häusern anfällt, auf Deponien. Damit hat die im Juni 2001 in Kraft getretene Biomasse-Verordnung Schluss gemacht: Nun wird Strom aus Biomasse-Kraftwerken auch dann höher vergütet, wenn darin kontaminiertes Altholz verfeuert wird.
Ein Boom setzte ein: In circa 80 Kraftwerken lodert überwiegend Altholz, weitere 60 – zumeist größere – Anlagen sind in Planung. Experten gehen jedoch davon aus, dass die meisten nicht gebaut werden. Der Brennstoff wird nämlich knapp: Für die energetische Verwertung stehen in Deutschland 3,5 Mio. t Altholz zur Verfügung. Ein 20-MW-Kraftwerk braucht jährlich 150 000 t.
Für Eichelbrönner ist das kein Problem: Da alle drei Biomassekraftwerke in Kooperation mit regional ansässigen Entsorgungsunternehmen errichtet werden, sei die nötige Liefersicherheit gegeben. Doch Lackmann prognostiziert: „Die Zeiten, in denen die Entsorgung von Altholz Geld kostete, dürften bald vorbei sein“. Der BEE-Chef befürchtet sogar, dass zukünftig belastete Althölzer etwa aus dem Baltikum importiert werden könnten.
Dabei ist der Rohstoff Holz gar nicht knapp: „Zusätzlich zu der bisher bestehenden stofflichen Nutzung ließen sich noch etwa 17 Mio. t Holz aus dem Wald holen, ohne die Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft zu gefährden“, schätzt Matthias Dieter von der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft in Hamburg. „Dieses Potenzial wird bisher nur zum kleinen Teil erschlossen“, sagt Bernhard Dreher vom Umweltbundesamt (UBA).
Für Altholzkraftwerke sei das Holz frisch vom Stamm „zu teuer, weil es erst im Wald geborgen und transportiert werden muss“. Da die Kraftwerke für die Altholzverbrennung eine sehr teure Reinigungstechnik benötigen, mache die Verbrennung von unbelastetem Waldrestholz darin wenig Sinn. „Das verbrennt man besser in kleineren Heizwerken“, erklärt Dreher.
Etwa 1000 Anlagen zur Verbrennung von Hackschnitzeln versorgen in Deutschland öffentliche Gebäude und Nahwärmenetze. Auch die MVV betreibt einige solche Anlagen. Ein Raummeter Holz liefert hier die gleiche Wärmeleistung wie 200 l Heizöl. Der jährliche Brennstoffbedarf beträgt 3000 t bis 4000 t. Besonders viele Holzheizwerke gibt es in Österreich und in Süddeutschland.
„Obwohl der Rohstoff Holz deutlich billiger ist als Öl, rechnen sich diese Anlagen nicht ohne Förderung, da sie nur Wärme erzeugen“, sagt Lackmann. Und es sei schwer für Wärme einen guten Marktpreis zu erzielen. Die Betreiber erhalten auch keine Vergütung nach dem Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG), da es die nur für produzierten Strom gibt.
Holzheizwerke seien auf Förderprogramme angewiesen, wie sie etwa Bayern aufgelegt habe, weiß auch UBA-Mann Dreher. Die Bundesregierung sei auf der Suche nach einer Regelung, die eine wirtschaftliche Grundlage für die Heizwerke schafft. Wachstum verspricht auch der Markt für Holzpellet-Feuerungen, mit denen vor allem Einfamilienhäuser beheizt werden. Die Pellets werden aus getrockneten Abfällen Holz verarbeitender Betriebe gepresst, etwa aus Sägemehl und Hobelspänen. Da sie vollautomatisch verbrannt werden, sind Pellets-Heizungsanlagen eine vollwertige Alternative zur Öl- und Gasheizung. Doch die Pellet-Feuerung ist teuer und setzt sich daher bisher für Einfamilienhäuser nur schwer durch (siehe Kasten).
Auch hier will die MVV mitspielen: In Leimen fährt sie bereits eine Anlage mit 25 kW thermischer Leistung und einem Brennstoffverbrauch von etwa 15 t bis 20 t pro Jahr. Matthias Eichelbrönner will „derartige Projekte in Zusammenarbeit mit Wohnungsbaugesellschaften in größeren Stückzahlen verwirklichen.“
Das ist nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern auch für die Luftreinhaltung, denn Pellets verbrennen sehr sauber: „Weil es ein standardisierter trockener Brennstoff ist und weil man an den Anlagen auch nicht mehr manipulieren kann“, erläutert UBA-Mann Dreher, „jeder Schornsteinfeger kann ihnen ja sagen, was in sonstige Holz- oder Feststoffheizungen so alles reingeschmissen wird“. Seit Februar gibt es zudem das Umweltzeichen „Blauer Engel“ für besonders emissionsarme und energieeffiziente Holzpellet-Feuerungsanlagen.
Die Verbrennung von Holz ist aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss: Es gäbe noch effektivere Wege, um aus dem Rohstoff Strom zu gewinnen, wie etwa die Holzvergasung. Diese Technik kam bereits in den 40er Jahren zum Einsatz. Hierbei wird das Holz unter Sauerstoffmangel thermisch behandelt, so dass ein brennbares Gas entsteht, das in Motoren eingesetzt werden kann.
Soweit die Theorie. In der Praxis fällt bei der Vergasung auch Teer an, der zu Schäden in den Anlagen führt. „Noch gibt es keine serienreifen Holzvergasungsanlagen, die uneingeschränkt laufen“, sagt Lackmann. Es seien aber nur noch kleine Probleme, die gelöst werden müssten, damit die Holzvergasung in großem Maßstab betrieben werden kann.
Während Biomasse bisher vor allem zur Wärmeproduktion genutzt wird, könnten kleine Holzvergaser zusätzlich Energie aus Waldrestholz liefern. „Damit wäre der umweltentlastende Effekt noch größer“, erläutert Dreher, „da Strom in Deutschland bisher vor allem mit Kohle erzeugt wird“. MVV-Mann Eichelbrönner sieht das kritischer: „Im kleineren Leistungsbereich wäre das eine Option, doch der ist ohnehin teuer und die Vergasung halten wir derzeit noch für zu aufwändig“.
Aus Holz lassen sich jedoch nicht nur Wärme und Strom erzeugen: Zahlreiche Forscher arbeiten an der Pyrolyse, also der Umwandlung von Biomasse in einen flüssigen Treibstoff. Spezielle Energiepflanzen brächten ein Vielfaches an Erträgen als Raps, aus dem Biodiesel gewonnen wird. Auch aus Holz ließen sich synthetische Kraftstoffe gewinnen, die unsere Abhängigkeit von Öl dämpfen könnten.
Hier sieht Lackmann ein riesiges Potenzial: „Wenn wir 20 % der landwirtschaftlichen Flächen für schnellwachsende Energiepflanzen nutzen würden, könnten wir theoretisch den gesamten deutschen Kraftstoffbedarf damit decken.“ GÜVEN PURTUL
Ein Beitrag von: