Foliensilizium soll Material einsparen
VDI nachrichten, Düsseldorf, 30. 6. 06, mg – Die Herstellung eines Siliziumwafers macht die Hauptkosten einer Solarzelle aus. Es konkurrieren zwei grundsätzlich unterschiedliche Verfahren. Beim Folienziehen müssen die elektrischen Eigenschaften verbessert werden.
Die kristalline Siliziumtechnologie beherrscht mit mehr als 90 % aller produzierten Solarzellen die Welt der Photovoltaik. Am Anfang kristalliner Solarzellen steht immer ein Wafer – also eine flache, dünne Scheibe aus hochreinem Silizium.
Zwei grundverschiedene Fertigungsschritte wetteifern dabei um die Favoritenrolle. Denn diese mono- oder multikristallinen Wafer werden aus Siliziumblöcken gesägt oder aus einer Siliziumschmelze gezogen. Für das Endergebnis spielt das zurzeit noch eine entscheidende Rolle: Solarzellen aus gesägten Wafern weisen nämlich einen um 0,5 % bis 1 % absolut höheren Wirkungsgrad auf.
Die gezogenen Wafer sind dadurch aber keineswegs bereits aus dem Rennen. Ihr Vorteil: Sie verbrauchen mindestens 30 % weniger Silizium. In Zeiten einer überhitzten Solarkonjunktur und damit äußerster Rohstoffknappheit ist das möglicherweise ein wettbewerbs- entscheidender Vorteil.
Ausgangsmaterial der gesägten Wafer sind die etwa 300 kg schweren „Ingots“ aus hochreinem Silizium. Ihnen werden die oberen und unteren Enden abgesägt, die mit Metallen und Sauerstoff verunreinigt sind. Anschließend kommen Drahtsägen ins Spiel, die aus den Ingots zuerst Blöcke mit quadratischem Querschnitt und in einem zweiten Durchgang 240 Mikrometer dünne Scheiben sägen. Genau genommen lässt sich der Vorgang treffender als Trennläppen beschreiben, denn der Sägedraht berührt das Silizium gar nicht. Er bewegt vielmehr ein zugeführtes Gemisch aus Öl und Silziumcarbid-Körnern – das abrasive Medium.
Die Nachteile lassen sich schnell erkennen: Das Wafersägen dauert lange und verbraucht enorm viel von dem kostbaren Rohmaterial. In den bis zu 200 Mikrometer breiten Sägekanälen wird das hochreine Silizium im wahrsten Sinne des Wortes „verpulvert“.
Ganz anders die Ziehtechniken wie beispielsweise das EFG-Verfahren – Edge-defined Film-fed Growth. In einer Siliziumschmelze befindet sich ein Formteil aus Graphit mit einem Spalt, in dem aufgrund der Kapillarkräfte flüssiges Silizium aufsteigt. Von oben nähert sich dem Spalt eine Keimfolie, die mit einer Geschwindigkeit von etwa 2 cm/min nach oben gezogen wird. An der Unterseite der Keimfolie erstarrt das flüssige Silizium zu einer Folie. Um das Verfahren optimal auszunutzen, hat der Graphitspalt in der Draufsicht die Form eines Achtecks. Die Ziehhöhe beträgt bis zu 7 m. Aus den Seitenflächen des achteckigen Hohlkörpers schneidet abschließend ein Laser die Wafer.
Sägeverluste sind also nicht zu beklagen – dafür aber ein niedrigerer elektrischer Wirkungsgrad der mit diesem Verfahren hergestellten Solarzellen. „Das resultiert aus der hohen Defektkonzentration im Foliensilizium“, sagt Alexander Lawerenz vom Solarzentrum Erfurt, das die atomaren und molekularen Vorgänge der Waferfertigung untersucht. Die anhaltende Berührung der hochreaktiven Siliziumschmelze mit der Ziehform verschmutze das Material, so Lawerenz.
Die Verfechter der Ziehverfahrens sind sich dieser grundsätzlichen Schwäche durchaus bewusst, setzen aber auf das Materialargument. „Das Verfahren hat das Potenzial“, so der Schott-Solar-Geschäftsführer Winfried Hoffmann, „den spezifischen Siliziumverbrauch von derzeit 10 g/W bis zum Jahre 2020 auf nur noch 4 g/W zu senken.“ Der konventionellen Waferfertigung mittels Drahtsägen traut Hoffmann Vergleichbares nicht zu. Die Verfechter des Wafersägens setzen hingegen auf die Entspannung auf den Rohstoffmärkten. „Immer kann das Silizium nicht so knapp und teuer bleiben“, heißt es bei dem Erfurter Waferproduzenten PV Silicon AG, „wenn sich die Lage beim Rohsilizium normalisiert, dann spielt die Materialeinsparung keine große Rolle mehr. Dann zählt die elektrische Performance.“
Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen. Ohne eine Verbesserung der elektrischen Eigenschaften dürften es die Ziehverfahren in Zukunft aber tatsächlich schwer haben. JÖRN IKEN
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