Brennstoffzellen: billiger und effizienter heißt die Devise
Der Wirkungsgrad und die Emissionswerte von Brennstoffzellen sind bestechend. Was den Durchbruch noch immer behindert, sind die hohen Kosten bei der Produktion. Erst mit der Großserie sind hier attraktive Preise zu erwarten. Grafit könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen. Doch auch der Wirkungsgrad der Brennstoffzellen zeigt noch Spielraum.
Dass die Brennstoffzelle sich zu einer der Schlüsseltechnologien dieses Jahrhunderts entwickeln wird, ist unbestritten. Fraglich ist nur, in welchen Zeiträumen und mit welchen Materialien die Brennstoffzellen Haushalte, Autos, Busse bis hin zu elektrischen Kleingeräten mit Energie versorgen werden.
„Von allen Systemen hat die sogenannte Protonen-Austausch-Membran-Zelle die besten Chancen auf einen Marktdurchbruch“, meint Dr. Norbert Berg, Verkaufsleiter Europa für Brennstoffzellen-Komponenten bei dem Brennstoffzellen-Zulieferer SGL Technologies, einer Tochter der SGL Carbon Gruppe. Diese als PEMFC (engl. „Protone Exchange Membrane Fuel Cell“) bezeichnete Zelle findet schon heute zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in Prototypen beim Antrieb von Nahverkehrsbussen und Autos, bei der Strom- und Wärmeversorgung in Haushalten, bei 42-V-Bordversorgungen von Pkw als Batterieersatz bis hin zu Blockheizkraftwerken im Bereich von 50 kW bis 1500 kW.
Hausenergieversorgungen werden im kommenden Jahr zumindest im Pilotmaßstab in Serie gehen, schätzt der SGL-Verkaufsleiter. Allerdings bewegen sich die Preise auf einem zehn Mal höheren Niveau als es sein müsste, errechnete Berg. Der Schlüssel zum Markterfolg dürfte wohl bei den verwendeten Materialien liegen – und da setzt SGL ganz auf Kohlenstoff. Das Unternehmen hat bei einer üblichen PEMFC-Zelle durch seine diversen Kohlenstoff-Komponenten einen Wertanteil von 30 % bis 45 %. Kohlenstoff wird in Form von Karbonfasern oder Grafit verwendet, der entweder natürlichen oder synthetischen Ursprungs ist.
Zu den wichtigsten Komponenten einer PEMFC-Zelle gehören die sogenannten Bipolarplatten aus Grafit, die einerseits für die mechanische Stabilität der Membran sorgen, andererseits eine gleichmäßige Zufuhr der Reaktionsgase garantieren. Der elektrische Kontakt, die Gasfeinverteilung über die aktive Fläche und der Abtransport des Reaktionswassers erfolgen über die beiden Gasdiffusionsschichten aus Karbonfasern. Besonders in den Bipolarplatten schlummert ein großes Einsparpotenzial, wenn sie in einer Technologie gefertigt werden, die den geforderten Stückzahlen entspricht.
SGL fährt dabei mehrgleisig. Bei einer Stückzahl von rund 1000 pro Monat oder auch Einzelfertigungen für Prototypen kommen CNC-Maschinen zum Einsatz, die die gewünschte Kanalstruktur in die Karbonplatten einfräsen. Für Stückzahlen bis 10 000 pro Monat produziert das Unternehmen nach dem Prinzip des „Compression Molding“, einer Art „strukturiertem Pressen“, bei dem die Platten in einem einzigen Vorgang ihre Kanalstruktur erhalten. Die dritte Generation ist bereits im Aufbau. Das „Injection Molding“ ist dem Kunststoff-Spritzgießen angelehnt. Dabei werden dem fein gemahlenen Grafit-Pulver zur Erhöhung der Fließfähigkeit und Gasdichtheit je nach Rezeptur 20 % bis 30 % Kunststoff-Partikel aus Polyvinylidenfluorid (PVDF), Phenolharz oder Polypropylen beigemischt. Unter hohem Druck wird die Mischung in die Plattenform eingespritzt. Das Verfahren ist zwar auf Grund des aufwändigen Werkzeugs relativ teuer, doch bei mehr als 20 000 Stück ergeben sich hier enorme Kostenvorteile von 90 % bis 95 % im Verhältnis zu gefrästen Bipolarplatten.
„In jedem Fall wollen wir mit dem Übergang zur Massenproduktion von Kohlenstoffkomponenten eine stärkere Kostendegression und damit einen schnellen Marktdurchbruch erreichen“, erhofft sich Norbert Berg. Das gilt auch für die hergestellten Gasdiffusionsschichten aus Karbonfasern. Der Wettbewerb setzt dabei auf Batchware, stellt die Platten also stückweise in einem Pressvorgang einzeln her. Bei SGL in Meitingen läuft das Material als Rollenware kontinuierlich vom Band. Es ist hoch porös und besteht zu mehr als 99 % aus Kohlenstoff. Dazu wird ein Vlies aus Polyacrylnitril (PAN) oxidiert und grafitisiert. „Unser Ziel ist es, bei großen Abnahmemengen von zirka einer Million Quadratmetern mit der Rollenware auf 10 Dollar zu kommen“, meint Dr. Norbert Berg, doch bisher liegen die Preise noch um ein Vielfaches höher.
Das Unternehmen wäre technisch in der Lage, monatlich mehrere tausend m2 zu produzieren und damit den Preis ständig nach unten zu korrigieren, doch gibt der Markt solche Absatzmengen nicht her. Auch die Gasdiffusionsschichten bergen ein interessantes Einsparpotenzial. Durch Anpassung an die entsprechende Brennstoffzelle kann deren Leistungsdichte um bis zu 50 % erhöht werden für das Gesamtsystem bedeutet das immerhin eine Wirkungsgradverbesserung um über 5 %, was die Zelle effektiver und preisgünstiger macht. MARTIN BOECKH
Grafit aus natürlicher oder synthetischer Quelle
Natur-Grafit besitzt eine fertige Grafitstruktur und wird bergmännisch abgebaut. Je nach gefordertem Reinigungsgrad wird das Material noch mechanisch, chemisch oder thermisch gereinigt. Danach werden die einzelnen Schichten expandiert und dann zu Folien verpresst. Synthetischer Grafit stammt dagegen aus Petrolkoks, einem Nebenprodukt der Erdölverarbeitung. Er wird zusammen mit Steinkohleteer-Pech, einem notwendigen Bindemittel, bei über 100 °C gemischt oder extrudiert. Nach der Abkühlung erfolgt unter Sauerstoffabschluss bei rund 800 °C eine Verkokung. Dieser Brennvorgang kann mit Zufuhr von weiterem Pech mehrfach wiederholt werden, um schließlich reinen Kohlenstoff zu erhalten. Beim endgültigen Erhitzen auf 2500 °C bis 3000 °C, dem eigentlichen Grafitieren, wird aus der ungeordneten Struktur der Kohlenstoffatome der schichtweise angeordnete Grafit. Jährlich produziert SGL Carbon weltweit 200 000 t bis 250 000 t synthetischen Grafit. boe
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