Brennstoffzelle steht vor dem letzten Schritt zum Endkunden
Auf dem Prüfstand stehen jetzt Brennstoffzellen, die Gewerbebetriebe und Wohnhäuser mit Energie versorgen. Betriebs- und Praxiserfahrungen sollen die SOFC-Zellengeräte aus der Vorserie bei einem Breitentest in NRW liefern.
Nun entwächst die Brennstoffzelle den Laboren. Direkt in Richtung Anwendung soll es gehen, daran arbeiten jedenfalls die Initiatoren eines Großversuchs in Nordrhein-Westfalen. Auf „die guten Ergebnisse im vorgeschalteten Feldtest“ beruft sich Roland Diethelm, Geschäftsführer des Herstellers Sulzer Hexis, Winterthur. Der Großversuch werde die für eine Serienproduktion „nötigen Betriebs- und Praxiserfahrungen generieren“, ist Thyssengas-Geschäftsführer Bernhard Witschen fest überzeugt. Zusätzlich kommt Rückenwind von der Landesregierung, schließlich verheiße die Brennstoffzellentechnik im stationären Bereich neue Arbeitsplätze. Und so peilt NRW-Energieminister Dr. Axel Horstmann für das Land an Rhein und Ruhr auf diesem Gebiet einen technologischen Spitzenplatz an.
Bis zu 42 Sulzer-Hexis-Vorseriengeräte, Typ „HXS1000“, sind bei Thyssengas und neun Projektpartnern, vor allem bei Energieversorgern und Stadtwerken, bis 2004 im Härtetest. In Ein- und Mehrfamilienhäusern, in Hotels und Gewerbebetrieben sollen sie zeigen, was in ihnen steckt. Einen „entwicklungstechnischen Quantensprung“ sieht Helmut Knappstein, Leiter der Anwendungstechnik bei Thyssengas, Duisburg, beim Vergleich der aktuellen Vorserienanlage mit den Demonstrationsanlagen vergangener Jahre. Sein Lob gilt der bereits mit einer CE-Zulassung ausgestatteten Hochtemperaturbrennstoffzelle SOFC mit 1 kW elektrischer Leistung, die bei angepasster Peripherie jetzt fast störungsfrei läuft. Die Nutzenergie betrage bis zu 850 W, weil einiges für den Eigenstromverbrauch abgezogen werden müsse.
Die Messlatte für die Lebensdauer von Brennstoffzellen-Stapeln dieser Art ist bei 40 000 Betriebsstunden ausgelegt. Die sind freilich noch längst nicht erreicht. Erste Testläufe sind derzeit bei einer Lebensdauer von noch unter einem halben Jahr angekommen, wobei Leistungsdaten und das Ziel niedriger Produktkosten in Konkurrenz liegen. „Jetzt sind Einfälle gefragt“, fordert Anwendungstechniker Helmut Knappstein und erwartet noch für dieses Jahr drastische produktionstechnische Verbesserungen.
Für den privaten Haushalt liegen die Vorteile des eigenen erdgasbetriebenen „Mini-Kraftwerks“ auf der Hand. Es ist unabhängig, hat keine Übertragungsverluste im Hochspannungs- oder Mittelspannungsnetz. Würde die heimische Minibrennstoffzelle allein stromgefahren, so hat man bei Thyssengas ausgerechnet, wäre damit ein Erdgas-Mehrbedarf von 18 % verbunden. Würde der Heim-Kraftwerker zusätzlich noch den Heizungs- und den Warmwasserbedarf mit dem erdgasbetriebenen Brennstoffzellen-Heizgerät statt mit Öl oder Strom abdecken, wäre das mit einem 35 %igen Erdgas-Mehrbedarf verbunden. Dies kommt der deutschen Gaswirtschaft durchaus gelegen.
Schon mehren sich bei Versorgungsunternehmen im ländlichen Raum die Zeichen, dass Neubaugebiete nicht mehr mit Erdgasleitungen verrohrt werden. Und wenn Bauträger berichten, dass elektrische Durchlauferhitzer die Warmwasserbereitung übernehmen, dann bliebe eben nur noch der reine drastisch reduzierte Heizwärmebedarf übrig. Das ist nicht mehr wirtschaftlich, klagen die Gasversorger. Ebenso verringert sich der Technologievorsprung des Erdgases gegenüber dem Heizöl, wie er sich bisher beispielsweise an der Brennwerttechnik hat festmachen lassen. Mit der geplanten radikalen Absenkung des Schwefelgehalts im Heizöl ist die Mineralölwirtschaft auch emissionsmäßig der Erdgaskonkurrenz hart auf den Fersen.
Und so konzentrieren sich die innovativen Anstrengungen auf die Perfektion der Brennstoffzellenaggregate. Noch sind die Geräte zu groß und zu schwer. Ein 350 kg wiegendes Brennstoffzellengerät mutet wie ein Rückfall in alte Gusskesselzeiten an, als man noch einen halben Tag gebraucht hat, um den Kessel auf Rollen oder Speckschwarten in den Keller zu bringen. „Das ist Historie“, plädiert Knappstein für ein Umdenken, „das akzeptiert heute kein Monteur.“ Der Trend ginge in Richtung leichte, wandhängende Geräte mit der damit verbundenen Akzeptanz bei den Installateuren.
KLAUS NIEHÖRSTER