Biomasse liefert Strom und Wärme
VDI nachrichten, Düsseldorf, 23. 11. 07, mg – In Deutschland will der Kraftwerksbereich von Wärtsilä fast gleichzeitig sechs Biomasse-Kraftwerke bauen. Die Anlagen der Finnen von je 5,6 MW elektrischer Leistung sollen bereits Ende nächsten Jahres betriebsbereit sein. Vorgefertigte und standardisierte Bauteile sollen zur kurzen Bauzeit beitragen. Pflanzen und Pflanzenreste mit großer Feuchtigkeit werden die Energie liefern.
Für Olaf Neum ist es ein einmaliges Ereignis in der Kraftwerksbranche. Sein Arbeitgeber, die Wärtsilä Finland Oy in Helsinki, erhielt auf einen Schlag den Auftrag für den Bau von sechs schlüsselfertigen Biomasse-Blockheizkraftwerken. Auftraggeber der Finnen ist das deutsche Unternehmen Bayernfonds BestEnergy-1. Der bayerische Fonds gab seine Vorankündigung im Oktober heraus, und will insgesamt rund 100 Mio. € in die sechs Anlagen zu je 5,6 MW elektrischer Leistung investieren, die über ganz Deutschland verteilt errichtet werden sollen.
„Der fast gleichzeitige Bau von sechs ähnlichen Anlagen ist ein großer Vorteil für uns als Lieferanten“, sagt Neum, der im Vertrieb des Kraftwerksbereichs der deutschen Wärtsilä-Tochter arbeitet. „Eine solche Serienproduktion von einem halben Dutzend Kraftwerken ist bisher unbekannt in unserem Markt. Gleichzeitig werden auch bei diesem Auftrag die Anlagen vom Anbieter maßgeschneidert geplant und errichtet“, erläutert Neum.
Alle sechs Biomasse-Kraftwerke werden nach den Plänen in gleicher Weise konfiguriert sowie in standardisierter und modularer Bauweise errichtet. Dies und die Erfahrungen mit bisher zwölf anderen Biomasse-Heizkraftwerken und einer Vielzahl von Motorenkraftwerken weltweit lasse es realistisch erscheinen, so Neum, dass der Großauftrag termingerecht abgeschlossen wird. Das weltweite Portfolio von Wärtsilä umfasst neben diesen Kraftwerken auch solche auf Basis von Gas, Schwer- und Leichtöl sowie Pflanzenöl.
Abhängig von den Bau- und Betriebsgenehmigungen der jeweiligen örtlichen Behörden soll mit dem Bau der Anlagen im Monat Dezember begonnen werden. Bis Dezember nächsten Jahres sollen sie den ersten Strom erzeugen. Dann werden die Biomasse-Kraftwerke Holzreste aus der Forst- und Landwirtschaft verfeuern. Die erzeugte Wärme geht an Abnehmer in der Nähe, die elektrische Energie soll in das jeweilige allgemeine Stromnetz eingespeist werden.
Eine konkrete Vorstellung von diesen Anlagen kann man schon jetzt auf dem Gewerbepark des Baden-Airports bei Baden-Baden gewinnen. Dort betreibt das Unternehmen Biotherm eine 5,3-MW-Biomasseanlage, die von Wärtsilä errichtet wurde und nachwachsende Rohstoffe wie Äste und Sträucher verbrennt. Das Blockheiz-Kraftwerk kann entweder nur elektrische Energie für das örtliche Netz oder in Kraft-Wärme-Kopplung zugleich Strom und Wärme liefern. Dabei wird die Fernwärme, bis 3,5 MW, in Form von Heißwasser zum Flughafen-Gewerbepark geleitet.
Auch diese Anlage besteht zu einem großen Anteil aus standardisierten Bauteilen, die bereits in den Werken vorgefertigt und komplett angeliefert werden. Diese Modularität und die enge Zusammenarbeit zwischen Architekten, Ingenieurbüro sowie Wärtsilä und den Lieferanten von Turbine und Kühler hätten zu einer kurzen Bauzeit geführt, erklärt Biotherm-Geschäftsführer Franz Vogel. „Im Mai 2005 startete der Anlagenbau und nach exakt sieben Monaten wurde der erste Strom in das Netz eingespeist.“
Eines der Herzstücke der Anlage bei Baden-Baden ist die rotierende Rostfeuerung. Der Rost besteht aus konzentrischen Ringen. Jeder zweite rotiert abwechselnd im Uhrzeigersinn bzw. in entgegengesetzter Richtung, während der andere stillsteht. Eine Schnecke bringt den Brennstoff in die Mitte des Rostes, von wo aus er durch die Drehbewegungen gleichmäßig über den ganzen Rost verteilt wird. Dies mache es möglich, Brennstoffe mit einer Feuchtigkeit bis zu 65 % mit niedrigen Emissionen zu verbrennen, erklärt Vogel: „Dies erspart uns Trocknungen des Brennstoffs. Allerdings ist ein gutes Aussortieren von metallischen oder anderen Rückständen oder zu großen Brennstoffteilen nötig. Sonst kann es zu Anlagenstillständen kommen.“
Der Brennstoff besteht ausschließlich aus Pflanzen oder Pflanzenresten, die aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gartenbau und der Landschaftspflege stammen. Täglich werden bis 220 t Material benötigt, die im Umkreis gesammelt und in zentralen Anlagen aufbereitet werden. Damit kann das Blockheiz-Kraftwerk fast rund um die Uhr so viel Strom produzieren, wie ca. 12 000 Haushalte benötigen würden.
Da die Pflanzen bei der Verbrennung nur so viel CO2 freisetzen, wie sie während ihres Wachstums aus der Umgebung aufnehmen, gilt Biomasse als umweltfreundliche erneuerbare Energie. Der mit ihr erzeugte „grüne“ Strom wird daher in Deutschland nach den Regeln des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bei der Netzeinspeisung günstig vergütet. Der Anlagenbetreiber Biotherm hofft daher auf einen wirtschaftlichen Betrieb des Kraftwerks. mg
Umweltfreundliche Brennstoffe sind Pflanzen und Reste aus Feld und Wald
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