Biogasanlagen lassen zu viel Abwärme ungenutzt in die Luft
VDI nachrichten, Düsseldorf, 13. 10. 06, mg – Für die in Biogasanlagen anfallende Wärmeenergie gibt es viele gute Nutzungskonzepte, etwa zur Heizung von Wohngebieten, öffentlichen Gebäuden oder Gewächshäusern. Dennoch entweicht aus vielen Anlagen die Abwärme ungenutzt in die Atmosphäre. Branchenverbände fordern daher eine bessere Nutzung des Gases. Die Direkteinspeisung von Biogas in das Leitungsnetz könnte viele Probleme gleichzeitig lösen.
Henning Schmidt, Landwirt aus der Lüneburger Heide, will durch den Anbau von Energiepflanzen und den Betrieb einer Biogasanlage die Zukunft seines Betriebes sichern. „Die Nutzung von Biomasse ist klimafreundlich, nachhaltig, krisensicher, risikoarm und leistet ihren Beitrag, uns aus der Importabhängigkeit zu lösen“, sagt er. So plant Schmidt seit Monaten mit einem Team aus weiteren Landwirten, Investoren und Fachfirmen eine Nawaro-Biogasanlage (Nachwachsende Rohstoffe) mit einer elektrischen Leistung von 500 kW. Kopfzerbrechen bereitet ihm aber die in der Anlage anfallende Abwärme von weiteren 500 kW. „Ich würde gerne das ganze Dorf heizen, aber ich fürchte, dass die notwendigen Investitionen für das Nahwärmenetz sich nicht durch Wärmeverkauf und Bonuszahlungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes decken lassen“, sagt Schmidt.
Auch Armin Weiss vom Unternehmen Farmatic Anlagenbau hält das Problem der geringen Abwärmenutzung für hausgemacht. „Markt und Technologie folgen den Vorgaben der Politik. Hätte die Bundesregierung mehr Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gewünscht, hätte sie eine andere Verteilung der Bonuszahlungen gewählt. Für die Verwendung von Nawaros bekommen Biogasbetreiber einen Bonus von 6 Cent/kWh. Verhältnismäßig vernachlässigbar ist hierzu der KWK- oder Technologiebonus von je 2 Cent/kWh“, sagt Weiss. „Aber nicht nur durch den Schornstein, sondern auch durch warm abgeführtes Gärsubstrat und schlecht isolierte Behälter verlieren Biogasanlagen wertvolle Energie“, merkt er an.
Landwirt und Biogasanlagenbetreiber Henrik Oevermann aus Mecklenburg ist selbst nicht begeistert vom Abwärmekonzept seiner Anlage. „Im Winter benötigen wir die Abwärme für die Heizung unseres Schweinestalles, aber im Sommer fallen 350 kW Wärmeenergie an, für die wir auf unserem Aussiedlerbetrieb wenig Verwendung haben.“ Er wünscht sich, dass die Bundesregierung vermehrt in kostengünstige Technologien zur Direkteinspeisung von Biogas in das Erdgasnetz investiert.
Man könnte so eine bereits vorhandene Infrastruktur für den Transport und die Speicherung von Biogas nutzen. Eine Verwendung des Biogases für Spitzenlastkraftwerke, in KWK-Anlagen oder in Privathaushalten wäre kein Problem mehr. Geeignet ist dieses Verfahren zurzeit jedoch nur für größere Biogasanlagen (ab ca. 1 MW Leistung), denn eine Gasaufbereitung und Einspeisung erfordert einen ungleich höheren technischen Aufwand als die Nutzung des Biogases in relativ unempfindlichen Gasmotoren.
An der Qualifikation seines Personals hat Joachim Richter, Geschäftsführer der ABR, die in der Biogasanlage Wietzendorf Kartoffelfruchtwasser und -pülpe der benachbarten Stärkefabrik vergast, keinen Zweifel. Und auch die Investition in den Ausbau der bereits vorhandenen Gasreinigung würde sich lohnen, denn er könnte durch die Direkteinspeisung von Biogas viele Probleme auf einmal lösen.
„Während der Stärkekampagne von August bis Januar benötigt die Stärkefabrik die gesamte Abwärme und auch einen Teil der erzeugten elektrischen Energie, für den Rest des Jahres muss ein großer Teil der Abwärme ohne Nutzung abgeführt werden. Außerdem kann ich auch während der Zeit von Januar bis August nur maximal 5 MW an elektrischer Leistung einspeisen, denn das Energieverteilungsnetz ist hier nicht stabil genug für Volllasteinspeisung von 8,4 MW elektrischer Leistung und das Erneuerbare-Energien-Gesetz beinhaltet keine Verpflichtung zum Ausbau für den Netzbetreiber. Direkteinspeisung des Biogases wäre für unsere Anlage sehr attraktiv“, so Richter.
Obwohl die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz grundsätzlich möglich ist, fordert Weiss zunächst eine gesetzliche Regelung für die Direkteinspeisung. „Dies wäre ein echter Meilenstein, denn das Gesetz sieht so ein Verfahren nicht vor. Vor diesem Hintergrund sind alle dahingehenden Projekte bestimmt von Energieversorgern bzw. Gasnetzeigentümern. Als Dritter ist man auf das Wohlwollen des Energieversorgers angewiesen. Dies ist eine schlechte Verhandlungsbasis.“ CLAUDIA SCHEIL
Einspeisung ins Gasnetz könnte viele Probleme zugleich lösen
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