Riesenoptik für Nanostrukturen
VDI nachrichten, Oberkochen, 22. 4. 05 – Chips mit Strukturen von aktuell nur noch 65 nm Größe werden durch optische Lithografie in so genannten Wafer-Steppern strukturiert. Der Weltmarktführer für solche Hightech-Geräte ist die niederländische Firma ASML und die bezieht ihre optischen Komponenten von der Zeiss-Tochter Carl Zeiss SMT, die in Oberkochen eine der modernsten Fabriken für Chip-Lithografie-Optiken betreibt.
Lediglich 65 nm groß sind die kleinsten Strukturen, die auf den derzeit höchstentwickelten Chips zu belichten sind. Doch die Objektive, die in den Wafer-Steppern der niederländischen ASML diese Strukturen auf die Waferoberfläche projizieren, sind auf den ersten Blick alles andere als filigran: 1 m hoch, rund 50 cm im Durchmesser und 800 kg schwer ist derzeit das Flaggschiffprodukt der Carl Zeiss SMT AG, einer 100 %igen Tochter der Firma Carl Zeiss in Oberkochen. Der Spezialist für Lithografie-Optik ist strategischer Partner des niederländischen Stepper-Weltmarktführers und liefert neben dem Objektiv auch das Beleuchtungssystem. Diese beiden Einheiten sind für die erfolgreiche Belichtung der Chips zuständig.
Gerhard Fürter, Leiter der Technologie bei SMT, ist stolz auf das moderne Werk, das im vergangenen Jahr in unmittelbarer Nachbarschaft des Oberkochener Zeiss-Stammsitzes in Betrieb genommen wurde. In Reinräumen, wie sie auch aus der Chipfertigung bekannt sind, werden hier die einzelnen Komponenten des Objektivs zusammengesetzt. „Dafür mussten wir nicht nur viele der Maschinen selbst entwickeln, auch die Messtechnik, die wir für unsere Qualitätssicherung brauchen, ist weitestgehend bei uns im Haus entstanden.“
Über 20 Linsen, die größte davon über 300 mm im Durchmesser, werden auf tausendstel mm genau mit den jeweiligen Fassungen verbunden. „Da bedingt durch das große Eigengewicht der einzelnen Komponenten hohe Kräfte und Momente wirken,“ erläutert Thomas Ittner, Leiter des Mechanik-Designs bei SMT, „müssen die Linsen möglichst vom Rest des Objektivs entkoppelt werden, um auch kleinste Deformationen weitgehend zu vermeiden.“ Aber nicht nur die Verformung der Linsen macht den Entwicklern zu schaffen, auch die Schwingungen, die im fertigen Stepper auftreten, dürfen die optischen Eigenschaften des Objektivs nicht verändern. „Immerhin bewegen sich Wafer und Fotomaske zwischen den einzelnen Belichtungsschritten mit Geschwindigkeiten von bis zu 0,5 bzw. 2 m/s und unterliegen großen Beschleunigungen. Zudem besteht in den Chipfabriken eine hohe akustische Belastung, was schnell zu inakzeptablen Schwingungsamplituden der optischen Elemente führen kann, auch wenn sie sich nur im Nanometerbereich bewegen“, weiß Ittner. Und so ist jeder der Fassungsmodule, die eine Linse aufnehmen und dann zum fertigen Objektiv verschraubt werden, ein kleines Meisterwerk der Ingenieurkunst.
Immer wieder werden die einzelnen optischen Einheiten zusammengeschraubt und vermessen, um dann wieder kleinste Änderungen vorzunehmen, bis das Objektiv den Anforderungen der modernen Chipfertigung entspricht. Um dann eine kundengerechte Feinjustage zu ermöglichen und im laufenden Betrieb variierende Bedingungen zu kompensieren, hat SMT hohen Aufwand getrieben, mit mechatronischen Sensor- und Aktorelementen die Linsen in verschiedenen Freiheitsgraden im fertigen Objektiv justieren zu können.
Und auch diese Linsen sind wahre Hightech-Elemente, deren Oberflächengenauigkeit im Sub-Nanometerbereich liegt. Um das anschaulich zu machen, hat Fürter einen Vergleich parat: „Stellen Sie sich die Fläche der Bundesrepublik Deutschland vor. Die maximale Abweichung, die wir aus der Ebene erlauben würden, wären +/- 5 mm.“ Hinzu komme, dass sowohl sphärische als auch asphärische Linsen verwendet werden, was nicht unerhebliche Anforderungen an die Messtechnik zur Qualitätssicherung stellt.
Für künftige Optiken, die ja mit Licht der Wellenlänge 193 nm wohl auch noch Strukturen von 45 nm Größe belichten müssen, sehen Fürter und Ittner auch den Einsatz von Optiken, die nicht mehr nur auf Linsen basieren, sondern auch Elemente mit Spiegeln enthalten – auf die noch höhere Reinheits- und Genauigkeitsanforderungen zutreffen. „Und mit der Immersionslithografie,“ ergänzt Ittner zu einem der aktuellsten Trends der Chipfertigung, „müssen wir zudem noch lernen, mit dem Medium Wasser auf unseren Optiken umzugehen.“ Dort wird anstatt des Mediums Luft zwischen Objektiv und Wafer Wasser eingebracht. Aufgrund des höheren Berechnungsindexes kann so die Auflösung der Optik erhöht werden. „Dabei darf auch im harten Fertigungsbetrieb kein Wasser in die Fassungen eindringen. Außerdem sind der Immersionsflüssigkeit keine Temperatur- und Druckschwankungen erlaubt, die zu einer Deformation oder Positionsänderung der angrenzenden Linse führen würden“, skizziert Ittner nur einen Teil der Probleme.
Auch auf den nächsten großen Schritt in der Lithografie sieht man sich bei Zeiss SMT gut vorbereitet: der Belichtung mit extremem UV-Licht, kurz EUV genannt. Ittner: „Da dieses Licht mit einer Wellenlänge von 13 nm von praktisch allen Materialien einschließlich Luft absorbiert wird, gehen wir auf rein reflektive Optiken und die Belichtung im Vakuum über.“ Sowohl an den dafür erforderlichen Wafer-Steppern als auch an den Projektionssystemen, die sowohl an die Optik als auch die Mechanik höchste Anforderungen stellen, wird derzeit fieberhaft entwickelt und erste Pilotanlagen haben bereits erfolgreich Chips belichtet.
Den Ingenieuren bei Zeiss SMT wird also so schnell nicht die Arbeit ausgehen. Sowohl Fürter als auch Ittner sind stolz, mit den Leistungen von über 400 Entwicklern dazu beigetragen zu haben, europäische Technologie in der Chipfertigung weltweit an die Spitze zu bringen. Denn war noch vor zwanzig Jahren die Wafer-Stepper-Szene ausschließlich von japanischen und US-Unternehmen dominiert, gibt es heute nur noch drei Hersteller von Bedeutung: Nikon und Canon in Japan, sowie in Europa ASML und seinen Partner Zeiss – mit immerhin mehr als 50 % Weltmarktanteil. J. D. BILLERBECK
Carl Zeiss SMT AG
– Gegründet 2001, hervorgegangen aus dem Unternehmensbereich Halbleitertechnik von Carl Zeiss.
– Geschäftsbereiche: Lithography Optics Division, Nanotechnology Systems Division, Laser Optics Division, Semiconductor Metrology Systems Division.
– Umsatz im Geschäftsjahr 03/04 (30. September 2004): 560 Mio. €.
– Mitarbeiter im Geschäftsjahr 03/04: 1800, davon im Inland derzeit rund 650 Hochschulabgänger.
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