RFID-Teller macht die Kantine günstiger
VDI nachrichten, Düsseldorf, 20. 10. 06, rb – Mit Hilfe von RFID-Funktechnologie will der Weidener Porzellanhersteller BHS Tabletop AG für mehr Effizienz in Kantinen und anderen Gastro-Betrieben sorgen. „Intelligentes“ Küchengeschirr soll dort den Bezahlvorgang automatisieren und dadurch vor allem Personalkosten sparen.
Gläser, Teller und Tassen, die etwas mitzuteilen haben, gab es bisher nur im Märchen. Das soll sich jetzt ändern: Der Porzellanhersteller BHS Tabletop AG, hinter dem die Traditionsmarken Bauscher, Hutschenreuther Hotel und Schönwald stecken, hat für den Einsatz in Kantinen ein Küchengeschirr entwickelt, dem mit Hilfe eines implantierten RFID-Transponders (Radio Frequency Identification) das „Sprechen“ beigebracht wurde. Das gemeinsam mit dem Stuttgarter Systemspezialisten IDaStec ausgearbeitete Konzept soll den Ablauf in der Kantine beschleunigen und parallel den Personalaufwand verringern.
Dazu „merken“ sich die RFID-Funketiketten im Teller oder auch im Getränkeglas ihren Inhalt. Dies wiederum ermöglicht die Einführung von vollautomatischen Bezahlterminals, die bis zu 30 Einzelteile auf dem Tablett selbsttätig und zeitgleich erfassen – und die bislang notwendige Kassierkraft überflüssig machen. Auf einem großen LC-Display bekommt der Betriebsrestaurantbesucher eine Liste mit seiner Speisen- und Getränkewahl und den zu zahlenden Gesamtbetrag angezeigt. Er führt seine Bezahlkarte an der Zahlstelle vorbei – fertig. „Die Karte kann dazu sogar im Portemonnaie bleiben“, erläutert Kurt Deppert vom Systemhaus IDaStec.
Hintergrund: Im Gegensatz zu den bis dato üblichen Barcodes benötigen die RFID-Mikrochips keinen „Sichtkontakt“ mehr, da sie auf Funktechnik basieren. Der bezahlte Betrag wird automatisch vom Konto abgebucht. Alternativ lassen sich auch andere bargeldlose Bezahlmöglichkeiten nutzen.
Das moderne Funk-Geschirr soll sich auf diese Weise in ein bis drei Jahren amortisieren. Da Kantinenteller in der Regel deutlich länger verwendet werden, lohnt sich die Anschaffung nach Einschätzung des Herstellers in nahezu jeder größeren Kantine, zumal die Lösung in jedes bestehende Warenwirtschafts- und Bezahlsystem integriert werden kann.
Das mit den RFID-Transpondern ausgerüstete Geschirr verkraftet dabei rund 100 000 Einsätze. Bis zu 90 °C heiße Gerichte verträgt der passive Funkchip ebenso wie die Reinigung in der Spülmaschine. Lediglich das Erhitzen in der Mikrowelle würde den so genannten „Tag“ zerstören.
Das Gesamtsystem besteht neben dem speziellen Porzellan und dem Kassenterminal aus „Lese-Empfangs-Einheiten“, die an der Essenausgabe und an der Kasse aus dem Teller-Transponder herauslesen, welche Speise gewählt wurde und was die Portion kostet. Die einzige Voraussetzung: Für jedes Gericht müssen die jeweils passenden – vorab mit der notwendigen Information versehenen – Teller oder Schalen gewählt werden. Das Gefäß merkt sich beispielsweise heute „Schnitzel“ und morgen „Currywurst“.
Missbrauch ist freilich nicht völlig ausgeschlossen: Mit dem System vertraute Besucher könnten z. B. einen eigentlich für Salat vorgesehen Teller für ein teureres Steak verwenden. Dieser Trick funktioniert allerdings nur dort, wo sich die Gäste selbst bedienen. „Mit diesem Restrisiko kann eigentlich jeder Kantinenbetreiber leben“, glaubt Frank F. Zimmermann, der die Gastronomie beim Erstanwender DaimlerChrysler Objektmanagement und Service GmbH leitet.
Als zusätzliche Kontrollinstanz wirke in der Betriebskantine oft auch die soziale Kontrolle unter Kollegen, ist Zimmermann überzeugt. Bemängeln kann der Kantinenchef am neuen System nichts: „Bei uns gibt es keine Kassenschlangen mehr, das Essen ist am Tisch noch warm und die Mitarbeiter können ihre Pausenzeiten voll nutzen“, schwärmt er. Anfang Mai wurde die Kantine der DaimlerChrysler Bank mit dem Zusatzsystem ausgerüstet, seitdem arbeitet es ohne Störungen.
Überzeugungsarbeit mussten der Porzellanhersteller und der Kantinenbetreiber vorab jedoch beim Betriebsrat des Unternehmens leisten: Neben der eingesparten Kassierstelle bemängelte man hier Datenschutzprobleme, da die Speisenwahl durch die automatisierte Bezahlung einer bestimmten Person zugeordnet werden kann. Hier sicherte der Betreiber jedoch die sofortige Datenlöschung nach dem Bezahlvorgang zu. FOLKER LÜCK
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