Lichttechnik 24.01.2003, 18:23 Uhr

„Licht ist der Schlüssel zur Zukunft“

„Wer einen Blick in die Welt von morgen wagt, sieht, warum Experten das 21. Jahrhundert als Jahrhundert des Photons bezeichnen.“ VDI-Präsident Professor Dr.-Ing. Hubertus Christ über das Potenzial der Optischen Technologien.

VDI nachrichten: Herr Professor Christ, in der Politik, Industrie und den Verbänden sind die Optischen Technologien seit kurzem ein wichtiges Thema, obwohl die Optikbranche in Deutschland schon seit 100 Jahren tief verwurzelt ist. Wieso wird den Optischen Technologien gerade jetzt die entscheidende Innovationskraft attestiert?
Christ: Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Vorteile des Photons bekannt. Der Durchbruch kam aber erst vor gut zehn Jahren durch die Entwicklung von Lasern, die auf der Basis von Halbleitern funktionieren. Beispielsweise werden heute rund 90 % aller Ferngespräche mit Hilfe von Licht über Glasfaserkabel geführt. Auch in der Medizintechnik setzen sich die Optischen Technologien immer stärker durch. So können etwa Optische Systeme Haut- und Augenkrankheiten diagnostizieren und behandeln. Die Photonik ist heute der Innovationstreiber Nummer Eins.
VDI nachrichten: Es heißt, das Photon verdrängt das Elektron aus vielen Bereichen. Man spricht auch vom Jahrhundert des Photons.
Christ: Licht besitzt einzigartige Eigenschaften, mit denen das Elektron nicht mithalten kann. Photonen sind schneller als Elektronen. Sie erzielen eine höhere Leistung von mehreren Millionen Gigawatt. Da Licht masselos und ohne Volumen ist, lässt es sich auch nicht von Störfeldern beeinflussen. Photonen stören sich auch nicht gegenseitig. Auf Grund dieser Vorteile gehen wir davon aus, dass in den nächsten Jahren etwa 30 % der Elektronik durch Optische Technologien ersetzt werden.
VDI nachrichten: In welchen Bereichen wird das der Fall sein?
Christ: Die Palette der Anwendungsbereiche der Optischen Technologien reicht von der industriellen Fertigung, Mikro- und Messtechnik über die Medizin, Biologie und Gentechnik bis hin zur Telekommunikation, Informationstechnik und Sensorik. Der VDI hat dies frühzeitig erkannt und deswegen das Kompetenzfeld „Optische Technologien“ eingerichtet. Unter Beteiligung des VDI-Technologiezentrums entstand bereits im Mai 2000 die deutsche Agenda „Optische Technologien für das 21. Jahrhundert“, die die Einrichtungen und Innovationspotenziale dieser Zukunftstechnologie aufzeigt. Als Schnittstelle von Technik, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik koordinieren wir neueste Entwicklungen und bauen das Kompetenzfeld systematisch zum Netzwerk führender Experten aus. Damit tragen wir dazu bei, dass Deutschland weiterhin führend auf vielen Gebieten der Optischen Technologien bleibt.
VDI nachrichten: Wie beurteilen Sie das wirtschaftliche Potenzial der Optischen Technologien?
Christ: Das weltweite Marktvolumen der Optischen Technologien umfasst derzeit etwa 80. Mrd. $ jährlich. Bei teilweise zweistelligen Wachstumsraten erwarten wir einen Anstieg auf etwa 500 Mrd. $ in den nächsten zehn Jahren. Etwa 16 % der Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe werden durch Optische Technologien beeinflusst. Momentan fehlen den Unternehmen der Branche 10 000 Fachkräfte.
VDI nachrichten: Wie lässt sich der Fachkräftemangel beheben?
Christ: Die Optischen Technologien sollen ein fester Bestandteil der Studiengänge in den Naturwissenschaften und bei der Facharbeiterausbildung werden. Um dem Mangel entgegenzuwirken, unterstützt das Förderprogramm „Optische Technologien – Made in Germany“ des BMBF die Aus- und Weiterbildung. Mit 280 Mio. ¬ Förderung will Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn bis 2006 den Mangel an Fachkräften eindämmen. Der VDI koordiniert das Projekt.
VDI nachrichten: Auf Grund der ausgeprägten Historie in der Lasertechnologie liegen die Deutschen im internationalen Wettbewerb im Bereich Photonik mit an der Spitze. Aber die Wettbewerber USA und Japan holen kräftig auf. Wie lässt sich die gute Position Deutschlands aufrechterhalten bzw. ausbauen?
Christ: Um weiterhin führend zu sein, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Industrie, Politik und Wissenschaft. Das Förderprogramm ist der richtige Weg. Um die Zusammenarbeit weiter zu stärken, präsentieren zwei Bundesministerien gemeinsam mit dem VDI und anderen Verbänden im Februar in Berlin unter dem Motto „Optische Technologien – Zukunft für die deutsche Wirtschaft“ Chancen und Möglichkeiten der neuen Jahrhunderttechnologie.
VDI nachrichten: Was sind die Ziele des Kongresses?
Christ: Der gemeinsame Kongress von Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) und Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMBF) sowie den Verbänden Spectaris, VDMA und VDI, ist der Startschuss einer Informationsoffensive zur Förderung der Optischen Technologien. Er bringt die Politik mit der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Verbänden zusammen, um Wege zur Nutzung der Potenziale und Chancen dieser Technologie aufzuzeigen. Die vorgesehene Technologiepräsentation soll einen öffentlichen Einblick in den erreichten Stand und die zukünftigen Möglichkeiten bei der wirtschaftlichen Anwendung des Lichtes ermöglichen. Gleichzeitig ist der Kongress ein Beitrag zur Werbung des dringend benötigten Fachkräftenachwuchses. J. KLEIN

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