Halbleiter 16.06.2000, 17:25 Uhr

Beim Chip-Design herrscht Goldgräberstimmung

Software für den Chip-Entwurf entwickelt sich zur selbstbewussten Zulieferindustrie. Denn die Tools zur „Electronic Design Automation“ machen moderne „Systems on Chip“ erst möglich.

Multimillion-Transistorsysteme auf einem Chip mit 0,18-mm-Strukturen im tiefen Submikronbereich, oder eingebettete Designs mit rekonfigurierbaren Prozessoren für die künftige Datentechnik – die elektronische Design-Automation (EDA) kennt keinen Mangel an aktuellen Herausforderungen. Dazu gehören auch die Verkürzung des Entwurfsprozesses mit weniger Iterationen zum Ausmerzen von „Bugs“, der rechtlich gesicherte Zugriff und die Interoperabilität von Zehntausenden von Intellectual Property-Komponenten (IP) diverser Anbieter und Internet-basierte Design- und Verifizierungsservices für einzelne Projekte („pay as you go“) in direktem Link mit Chip-Foundries neuen Typs.
So kommt es, dass EDA, traditionell ein integrativer Teil unter dem Dach der Chiphersteller, sich wie das Segment der Fertigungssysteme für die Chipherstellung, zu einer eigenständigen Zuliefererindustrie entwickelt. Die Software-Methodologie für Entwurf, Simulation, Verifikation und Test von Systemen steht dabei an der Schwelle zur eigenständigen Internet-basierten Service-Industrie. „Disaggregation“ – Auflösung – der früher integrativen Chipfertigung zu einem funktional vernetzten, globalen von Entwurfs- und Fertigungsteams war somit das im Vorfeld der 37. Design Automation Conference (DAC) reichlich gehörte Schlagwort. Es wurde auch in den DAC-Panels ausgiebig und kontrovers diskutiert.
Die Auflösung der traditionellen integrierten Fertigung könnte, wie es Bob Colwell von Intel in einem historischen Rückgriff auf die hohe Wertschöpfung der Mikrocomputerindustrie auf Basis standardisierter Chip-Prozessoren skizzierte, zu einer neuen, kaum kapitalbedürftigen „Wild-West Gründer-Ära“ für komplexe Datensysteme führen: „Drei von uns könnten IP von überall her beziehen, sie in aller Schnelle auf einem Chip integrieren und die Fab von jemandem anderen zur Fertigung nutzen.“ Die Aufbruchsstimmung bei Ideen trächtigen EDA-Ingenieuren in Richtung Dotcom-Design-Services ist an der Personalfluktuation bei den klassischen Design-Tool-Häusern deutlich ab zu lesen.

Chipfabriken übernehmen Asic-Entwurfsmodell

Noch ist das alles im Anlauf. Das neue Design- und Fertigungsmodell ist eher Ziel als Realität. Doch die Kapazitäten der Foundries, z. B. bei TSMC in Taiwan oder bei UMS in Palo Alto, stehen bereit, um die nächste Stufe der Chipentwicklung und -herstellung einzuleiten. TSMC hat sich zur weltgrößten Chip-Foundry gemausert und ist mit seiner „Design Service Alliance“ (DSA) auf dem Weg, das traditionelle ASIC-Fertigungsmodell auf die disaggregierte Fertigung von Chipsystemen im Kundenentwurf zu übertragen und zu erweitern. In der DSA vereint TSMC mehrere große Anbieter von IP-Komponenten und Design-Tools, die direkt mit den Chipentwicklern zusammen arbeiten. TSMC garantiert dabei ein einheitliches, mit seiner Chipfertigung kompatibles Design. Bei UMC heißt dieser Service „siliconx.com“.
Mit den Foundry-Services von TSMC liiert ist die von den führenden Design-Tool-Anbietern Synopsys und Avant! nach langer bitterer Patentfehde nun gemeinsam aufgelegte Allianz „DesignSphere Access“, die ebenfalls Internet-basierte Services mit Synopsys Synthese-Tools und Avant!s Chip-Layout-Tools bietet. Ähnlich im Ansatz ist „socworks.com“ des Mitbewerbers Sonics. Auch Cadence hat sich mit TSMC verbündet, mit dem Service „SurePath Customer Owned Tooling“. Er kombiniert Design-Services von Cadence, Systemkomponenten von Artisan und Bausteinbibliotheken von Nurlogic.
Damit wird die Design-Automation zur äußerst kritischen Durchgangsstufe für den ungebrochenen Fortschritt der Chiptechnologien. Wenn auch die Pessimisten mal wieder das „Ende der Roadmap“ für das CMOS-Downscaling im Sinne des Moore“schen Gesetzes zum Ende der laufenden Dekade beschwören. Diese Kassandras der Chipentwicklung sehen, wie der DAC-Chairman und Stanford-Professor Giovanni de Micheli trocken bemerkt, das disaströse Ende der Chips immer nach drei oder vier weiteren Prozessgenerationen voraus.
Auf jeden Fall muss sich die EDA-Industrie bei Zeiten auf Tools und Methoden für nicht traditionelle Chiptechnologien mit neuartigen physikalischen Wirkungsmechanismen vorbereiten. Schon jetzt ist das nur mit Anstrengung machbar. Der von der EDAC mit einem Preis ausgezeichnete Chefentwickler für Netzwerkprodukte Vinod Menon von AMD appellierte an die EDA-Industrie: „sicher zu stellen, dass die Software-Tools in der selben Liga spielen wie die Produkte, die wir herstellen.“
Unabhängig davon ist die Design-Automation schon heute ein kritisches Schlüsselelement im oftmals immer noch viele Monate langen Entwicklungsprozess für komplexe Chipsysteme. Sie ist kritisch für die immer kürzeren „Time-to-Market“-Forderungen, und auch für die Flexibilität und Zukunftsfähigkeit von elektronischen Produkten durch wieder verwendbare Systemkomponenten und per Software dynamisch, je nach anliegendem Datentyp rekonfigurierbaren Prozessoren zur Anpassung an neue Anwendungsfelder und Qualifikationen.
Dabei ist die EDA-Industrie immer noch ein eher bescheidenes Anhängsel der Chipindustrie. Sie macht im Umsatzvolumen etwa 2 % der Chipindustrie aus. In diesem Jahr werden die stürmisch expandierenden Halbleitermärkte weltweit um mehr als 30 % wachsen, auf etwa 195 Mrd. Dollar. Die EDA-Zulieferer kamen 1999 insgesamt auf 3,6 Mrd. Dollar. Das war kaum mehr als 1997 und 1998. Allerdings bahnt sich in diesem Jahr ein kräftiger Wachstumsschub von 10 % an. Er könnte sich 2001 sogar auf 15 % verstärken.
Doch im Urteil von Adriaan Lightenberg von Cadence ist das Wachstumspotential für die EDA-Industrie noch weitaus größer. Er sieht einen Anstieg auf 100 Mrd. Dollar voraus. Allerdings, so spekuliert Lightenberg, werde dieser Wachstumsschub nicht aus dem Angebot von Design-Tools im Web resultieren. Sondern aus einer neuen Klasse von umfassenden Design Environment Service Providern. Diese DESP-Services „erlauben dem Entwickler, sich vollständig auf die vorliegende Entwicklungsaufgabe zu konzentrieren, indem sie eine virtuelle CAD-Gruppe für eine spezifische Lösung anbieten.“ WERNER SCHULZ
Komplexe Systeme auf einem Chip sind nur mit Hilfe ausgeklügelter Softwaretools für Entwurf und Verifikation in angemessener Zeit bis zur Fertigungsreife zu entwickeln.

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Ein Beitrag von:

  • Werner Schulz

    Freier Fachjournalist in München. Schwerpunktthemen: Mikroelektronik, Solartechnik, Displaytechnologie.

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