Der Streit um DDT geht weiter
die Welt von langlebigen Umweltgiften – den POPs (persistent organic pollutants) – zu befreien. Eines der Hauptprobleme dabei: das Insektizid DDT.
Einen Gipfel mit kleinen Erfolgen und Fortschritten nennt Steffi Richter vom Umweltbundesamt (UBA) die Konferenz in Dakar: „Die wichtigsten Diskussionen betrafen die Wirksamkeitskontrolle, POP-haltige Abfälle und das weitere Verfahren zum endgültigen Verzicht auf das Insektengift DDT.“
Das umstrittenste Thema in Dakar war der Einsatz des Insektengifts DDT (Dichlor-diphenyl-trichlorethan). Einerseits hatte die Weltgemeinschaft mit dem POPs-Abkommen beschlossen, dies Gift nur in Notfällen in Häusern und Hütten einzusetzen, um Anophelesmücken, die die Malariaerreger übertragen, zu bekämpfen.
Jedoch: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfahl im September 2006, wieder verstärkt DDT einzusetzen, um schnelle Erfolge im Kampf gegen Malaria zu erreichen.
Jedes Jahr sterben rund 1 Mio. Menschen – überwiegend afrikanische Kinder südlich der Sahara – am Sumpffieber. Mehr als 20 afrikanische Staaten wollen daher nicht auf DDT verzichten.
Es geht auch um Geld: Tirthankar Basu von der staatlichen indischen Chemiefabrik Hindustan Insecticides Ltd. forderte, das Gift weiter einzusetzen, da an dieser Chemikalie niemand gestorben sei. Der stellvertretende Produktentwicklungsmanager hat ein Eigeninteresse: Die Fabrik stellt jährlich noch rund 5000 t DDT her.
Deutsche Firmen zählen hingegen eher zu den wirtschaftlichen Gewinnern, wenn das POPs-Abkommen konsequent angewandt wird. So hat Bayer Cropscience eine neue Technologie mitentwickelt, um Moskitonetze direkt bei der Herstellung mit Pyrethroiden zu imprägnieren.
Die WHO bezog in Dakar klar Stellung. „Wir sind wegen der Gesundheitsrisiken besorgt“, erklärt Maria Neira, Direktorin der Abteilung Öffentliche Gesundheit und Umwelt. So wird DDT mit einer Reihe chronischer Erkrankungen in Verbindung gebracht.
„Studien weisen darauf hin, dass DDT Frühgeburten, ein verringertes Geburtsgewicht, vermehrtes Auftreten von Hodenhochstand, mangelhafte Spermaqualität sowie neurologische Effekte beim Menschen auslösen kann“, sagt Carina Weber, Geschäftsführerin des Pestizid Aktions-Netzwerks (PAN). Die Substanz ist zudem so stabil, dass sie sich weltweit verteilt und sich sogar im Fett von Eisbären und Walen nachweisen lässt.
Das Sumpffieber lasse sich ohne DDT bekämpfen, betont Weber. „Dort, wo der politischer Wille existiert, statt der „chemischen Keule“ ein differenziertes Programm durchzuführen, gibt es Erfolge.“ Weber verweist auf Erfolge in Mexiko, Vietnam oder Indien.
Mexiko konnte die Todesfälle durch einen „integrativen Ansatz zur Vektorkontrolle“ – also durch eine gezielte Kombination verschiedener Methoden – auf Null senken.
Dazu zählt, dass infizierte Menschen schnell behandelt würden, „so dass sich kein Erregerreservoir aufbauen kann“, wie Jutta Klasen, Malariaexpertin des UBA, erläutert. Hinzu kommt, dass in Mexiko mögliche Brutgebiete der Mücken – wie etwa Pfützen, die bei Bauarbeiten entstehen – vorsorglich trockengelegt werden.
Auch in Afrika gibt es Erfolge. In Malawi wurden in den letzten drei Jahren mit Hilfe der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) konsequent Moskitonetze verteilt. Dadurch ging die Zahl der Kindererkrankungen und der Kindersterblichkeit deutlich zurück, erklärt GTZ-Fachmann Andreas Stadler.
„Malaria lässt sich bekämpfen, wenn Moskitonetze und Medikamente flächendeckend verteilt werden können“, insistiert Klasen. Dazu gehört ein funktionierendes Gesundheitswesen und auch vernünftige Verkehrsverbindungen. Diese Infrastruktur in vielen Ländern Afrikas aufzubauen, braucht Zeit und Geld, und daran fehlt es.
Maria Neira von der WHO hat in Dakar wieder um mehr finanzielle Unterstützung von den Industriestaaten gebeten. Sie fand aber kein Gehör. Mit anderen Worten: Die Diskussion um DDT wird weitergehen. RALPH AHRENS
Stockholmer Vertrag
Ergebnisse der Vertragsstaatenkonferenz in Dakar
- Die Vertragsstaaten wollen in zwei Jahren darüber berichten, wie wirksam und umfassend das Abkommen weltweit umgesetzt wird.
- In Dakar wurden Schwellenwerte festgelegt, ab denen POP-haltige Abfälle besonders umweltgerecht – etwa durch Hochtemperaturverbrennungen – entsorgt werden müssen.
- Es wurden beste verfügbare Techniken benannt, um Emissionen an Dioxinen und Furanen in Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern zu minimieren.
- Die aktuelle POPs-Liste soll um zwölf Umweltgifte erweitert werden. ra
POPs: Persistent Organic Pollutants, organische Chemikalien, die sich langfristig in der Umwelt anreichern.
Ein Beitrag von: