Vollverzinkung schützt die Bewehrung vor Rost
Parkhäuser, Brücken, Industriegebäude und Offshore-Bauwerke altern oft schneller als andere, weil sie permanent Salzen ausgesetzt sind. Bei der Sanierung musste bisher der gesamte Beton abgetragen werden. Dank eines im Autobau gebräuchlichen Verfahrens geht das jetzt auch einfacher und günstiger.
Mit einem neuen Verfahren lässt sich chloridverseuchter Stahlbeton wesentlich einfacher sanieren als bisher und dabei dauerhaft schützen. Eine auf den Beton thermisch aufgespritzte Zinkschicht, die punktuell mit der Bewehrung verbunden wird, greift in den elektrochemischen Prozess der Stahlkorrosion ein und stoppt diese dauerhaft. Der große Vorteil dieser Sanierungsmethode: Der verseuchte Beton braucht nicht mehr großflächig entfernt zu werden.
Das aus den USA stammende und von den Duisburger Grillo-Werken weiterentwickelte Verfahren hat der Gelsenkirchener Dienstleister Peiniger-Röro, eine Thyssen-Krupp-Tochter, für Instandhaltung und Instandsetzung jetzt zum ersten Mal in großem Stil in der Praxis erprobt: an einem 32 m hohen, sanierungsbedürftigen Stahlbetonturm auf dem Gelände der Frankfurter Hoechst AG. Seine 500 m2 große Betonfassade wurde komplett mit einer thermisch aufgespritzen Zinkschicht versehen, die in regelmäßigen Abständen über Edelstahlbolzen elektrisch leitend mit der Bewehrung verbunden ist.
Effekt: Die Korrosion greift nicht mehr den Stahl an, sondern die außen aufgetragene Zinkschicht, die als Opferanode wirkt. Diese soll – abhängig von Betonstruktur, klimatischer Umgebung und Schichtdicke – durchaus länger als 20 Jahre halten, bevor sie, so der Hersteller, „kostengünstig erneuert werden kann“.
Für die Betonsanierung zwar neuartig, ist das Grundprinzip dieser Methode lange bekannt. Der so genannte „kathodische Korrosionsschutz“ nutzt die elektrochemische Reaktion unterschiedlich edler Metalle. Bereits Mitte des 17. Jahrhunderts schützte man kupferverkleidete Holzschiffe mit Zink- und Eisenanoden. Stählerne Bauwerke werden seit Jahrzehnten durch Verzinkung vor Korrosion geschützt. Auch jeder Autofahrer kennt den Vorteil einer verzinkten Karosse.
Als Instandsetzungsmaßnahme für Stahlbeton allerdings gewinnt die Methode bei uns erst jetzt allmählich Bedeutung – in Amerika wird sie bereits als Schutz von Neubauten eingesetzt. Grund für die zunehmende Popularität ist die Suche nach preisgünstigen Sanierungsmethoden für die stetig steigende Zahl an chlorid-, also salzbelasteten Bauwerken, Parkhäuser beispielsweise. Hier sorgt der mit Tausalzen vermischte Schneematsch, der im Winter von den Autos tropft, für einen stetig wiederkehrenden Salzangriff auf den Beton.
Selbst die aufgetragenen Oberflächenschutzsysteme halten diesem Angriff auf Dauer nicht Stand. Denn das Salz gelangt durch kleinste Risse und undichte Fugen ins Innere des Betons. Der Vorgang kann Jahre dauern, aber ist das Salz erst einmal im Porenwasser des Baustoffs gelöst, gibt es kein Zurück mehr. Das stark alkalische Milieu innerhalb des Betons, das den Bewehrungsstahl normalerweise wirksam vor Korrosion schützt, verändert seinen pH-Wert und wird im wahrsten Sinne des Wortes sauer. Die Folge: Die Bewehrung korrodiert. Weil aber Rost ein wesentlich größeres Volumen als der ursprüngliche Stahl hat, baut sich ein enormer Druck auf, der letztlich den Beton einfach absprengt.
Entsprechend aufwändig, umfangreich und auch teuer sind die klassischen Sanierungsmaßnahmen. Der chloridverseuchte Beton muss in den betroffenen Bereichen bis mind. 1 cm unterhalb der korrodierten Bewehrung abgetragen werden. Die Bewehrung wird gereinigt, wo nötig, ausgetauscht und anschließend der Betonkörper wieder hergestellt.
Ganz anders funktioniert die Sanierung mit der von den Grillo-Werken entwickelten Spritzverzinkung, wie sie jetzt auf dem Gelände der Hoechst AG an einem Treppenhausturm durchgeführt wurde. Das in Hafennähe stehende Gebäude war zum Sanierungsfall geworden, weil in seiner direkten Nähe regelmäßig pulverisiertes Salz aus Schiffen in einen nahe gelegenen großen Freibehälter gefördert wird.
Nachdem die Betonsanierer von PeinigerRöRo das Gebäude eingerüstet und eingehaust hatten, galt es zunächst, die Schäden exakt zu lokalisieren und zu markieren. Dann wurden lediglich sämtliche losen Betonteile entfernt, um einen tragfähigen Untergrund zu schaffen. Herkömmliche Sanierungsmethoden hätten in dieser Phase die komplette Entfernung des salzbelasteten Betons und die Freilegung des Stahls erfordert.
Nicht so das neuartige Verfahren. In Frankfurt brauchte lediglich alle 10 m2 eine kleine Stelle der Bewehrung freigelegt zu werden, auf die dann ein Edelstahlbolzen aufgeschweißt wurde. Das anschließende Sandstrahlen der kompletten Gebäudefassade diente der Vorbereitung für das nachfolgende Schließen der größeren Schadstellen und die Neuprofilierung des Gebäudes mit Spritzbeton. Nach einer Trockenphase von rund einer Woche, diversen Feuchtigkeits- und Haftzugsprüfungen konnte dann die Verzinkung des Bauwerks beginnen.
Drahtlichtbogenspritzen nennt sich die Technologie, mit deren Hilfe beim Spritzverzinken der metallische Überzug auf den Beton gebracht wird. Das Verfahren nutzt einen zwischen zwei Metalldrähten erzeugten Lichtbogen. Das dabei schmelzende Metall wird mit einem starken Gasstrahl zerstäubt und auf die zu verzinkende Fläche geschleudert. Damit der Lichtbogen nicht abreißt, schieben Motoren die Drähte kontinuierlich nach vorn. Die entstehenden Metalltropfen erstarren beim Auftreffen und dringen in die Unebenheiten der Oberfläche ein. Das garantiert den guten Halt zwischen Metallschicht und Beton. Über die zuvor an die Bewehrung angeschweißten Edelstahlbolzen wird die Zinkschicht punktuell mit dem Stahl verbunden.
Sobald dies geschieht, wird das Zink zur positiven Elektrode (Anode) und der Stahl zur negativen Elektrode (Kathode). Der so genannte „kathodische Korrosionsschutz“ ist aktiviert. Das Zink zieht die Korrosion auf sich, und verbraucht sich als sog. Opferanode anstelle des Stahls. Der Beton ist sofort für viele Jahre geschützt. Insbesondere, wenn – wie in Frankfurt geschehen – eine Grundierung und Deckschicht das Zink schützen.
Peter Eisenschmidt, PeinigerRöro-Niederlassungsleiter der Betoninstandsetzung Frankfurt, ist sich des Erfolges des neuartigen vorbeugenden Korrosionsschutzes sicher: „Selbst bei stark profilierten oder auch großen Flächen lässt sich die Spritzverzinkung optimal einsetzen. Und kostengünstig ist sie ohnehin, weil die Sanierung ohne das Abstemmen und Erneuern des alten Betons oder auch aufwändige Abfangkonstruktionen zum Schutz tragender Teile auskommt.“wip
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